Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Heute uUnn steht die Kulturmenschheit vor einer 
neuen, der letzten kolonisatorischen Aufgabe: die 
opischen Binnengebiete der großen Kontinente, 
Südamerikas, vor allem auch Afrikas aufzuschließen 
und sie einer planvollen Nutzung zuzuführen. Eine 
olossale Mehrung des allgemeinen Reichtums, der 
für unseren Bedarf verfügbaren Güter steht davon 
zu erwarten. Ist doch die Züchtung von Tropen- 
bflanzen erst seit kurzem zum Gegenstand wissen- 
schaftlichen Nachdenkens geworden. Wir haben 
umB so mehr Anlaß, an die neue Aufgabe frischen 
Mutes heranzutreten, als die Erschließung der 
Troben nicht eine Gefährdung unserer eigenen 
Vodenkultur, wohl aber eine dauernde Stärkung 
Unserer Industrie in Aussicht stellt. Deun so sehr 
die tropische Sonne die Vegetation begünstigt, so 
lehr erschwert sie die arbeitsintensive Industrie= 
tätigteit. 
lür die Rohstoffproduzenten der Zukunft erklärt. 
Hier scheint sich wirklich eine endgültige Arbeits- 
teilung zwischen Agrar= und Industriestaaten an- 
Zubahnen. Alle jene Gebiete sind aber auch von 
Nassen bevölkert, welche nicht vermochten, aus 
eigener Kraft eine Rechtsordnung zu schaffen, 
Freiheit und Eigentum genügend zu sichern. 
Deshalb ist ihre politische Beherrschung durch die 
tulturvölker die Voraussetzung für ihre eigene 
kultivierung und für die Herstellung einer wirk- 
lichen Weltwirtschaft. Und alles spricht dafür, 
aß die Tropen dauernd dieser Herrschaft unter- 
worfen bleiben. Deshalb werden die Anstren- 
gungen, das Blut und das Geld, die wir unseren 
kolonien zuwenden, auch dauernd unserem Volke 
iugute kommen, wenn nur die Kolonien selbst 
lus erhalten bleiben. Zuerst hat England die 
eue Situation begriffen, stehen doch heute an der 
iondoner Stock-Exchange die Kolonialwerte ganz 
Vordergrund. 
schlds zentrale Mittel zur wirtschaftlichen Er- 
wleung und zur Sicherung der Herrschaft über 
bante Territorien ist aber der Bau' von Eisen- 
-nen — in der heißen noch viel mehr als in 
gemäßigten Zonec. Denn die Herstellung und 
sterhaltung guter Straßen ist im Gebiet der 
Schon Friedrich List hat die Tropen- 
  
tropischen Regengüsse ungefähr ebenso teuer, wie 
von Eisenbahnen, und die Zugtiere unterliegen 
dort vielerlei Gefahren. Nicht anders, als durch 
die Einbeziehung in den großen Verkehr, kann der 
Zustand der Naturalwirtschaft durchbrochen, kann 
ein Anreiz geschaffen werden, daß die Eingeborenen 
über den eigenen Bedarf hinaus produzieren und 
zu Käufern für unsere Industrieprodukte werden. 
Vereinigt sich mit diesem Anreiz der gelinde in- 
direkte Arbeitszwang, welcher durch die Hütten- 
steuer ausgeübt wird, so ist zu hoffen, daß bei 
geeigneter Belehrung aus den Eingeborenen all- 
mählich ein tüchtiger Kleinbauernstand wird, neben 
den sich die Plantagenunternehmer als fort- 
schreitende und richtunggebende Leiter von Groß- 
betrieben stellen. 
Eisenbahnen, die solch allgemeinen Zwecken 
dienen, pflegen erst in späterer Zeit Reinerträge 
zu bringen und erfordern deshalb den Aufwand 
erheblicher staatlicher Mittel. Nicht überall liegen 
die Verhältnisse so günstig wie in den südwest- 
afrikanischen Kupferdistrikten, welche die Otavi- 
Minen= und Eisenbahngesellschaft durch ihre 
570 km lange Strecke auf eigene Kosten aufschloß. 
Wenn die Vereinigten Staaten die Pazifikbahnen 
durch großartige Subventionen förderten, wenn 
die Engländer aus Reichsmitteln die 940 km 
lange Ugandabahn herstellten, die hauptsächlich 
aus unseren volkreichen Gebieten am Viktoriasee 
die Frachten erhält, während Britisch-Ostafrika an 
Ertragsfähigkeit weit hinter dem deutschen Schutz- 
gebiet zurückbleibt, so hätte Deutschland als das 
klassische Land der Staatsbahnen erst recht Ver- 
anlassung, mit öffentlichen Mitteln für die Her- 
stellung jener Durchgangslinien zu sorgen, welche 
erst eine wirkliche Besitznahme der von uns be- 
schlagnahmten weiten Gebiete bedeuten würden. 
Die Lasten, die eine großzügige Kolonial= und 
Machtpolitik dem deutschen Volke auferlegt, werden 
durch die davon zu erwartende Förderung des 
allgemeinen Wohlstandes reichlich wieder einge- 
bracht. Freilich ist eine gerechte Verteilung dieser 
Lasten unter kräftiger Heranziehung der besitzenden 
Klassen zu fordern. 
Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
Die Eisenbahn Lome —alime. 
(Lodde Bahnlinie von Lome nach Palime 
greso) it am Geburtstage des Kaisers unter 
gebüer Beteiligung der weißen und der ein- 
beseorenen Bevölkerung ) (zugleich mit einer reich- 
schickten landwirtschaftlichen Ausstellung) feier- 
lich eröffnet und am Tage darauf dem allge- 
meinen Verkehr übergeben worden. 
*) Dem Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee wird tele- 
graphisch gemeldet, daß 250 Weisze und 8000 Ein- 
geborene zugegen gewesen seien.
	        
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