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die Gräber geht eine etwa einen Meter hohe
Einfriedigung aus geflochtenem Grase, der Grab-
hügel selbst ist mit zusammengeflochtenen Palm-
blättern bedeckt und darüber sind allerlei Gegen-
stände, wie Speere, Pfeile, Trommeln, Beklei-
dungsstücke und dergl. angebracht. Besonders
interessant war das Denkmal, das die Eingebo-
renen ihrem kürzlich im Marienflusse einem
Krokodile zum Opfer gefallenen Landsmann,
der in Friedrich-Wilhelmshafen bei der
Polizeitruppe war, gesetzt haben. Das Ganze
macht den Eindruck einer etwa acht Meter
hohen Siegessäule: pyramidenförmig erheben
sich Speere, Pfeile und alles, was sonst
an den Toten erinnerte zu einer äußerst
malerischen Gruppe. Vier der Eingeborenen
ließen sich für die Polizeitruppe in Friedrich-
Wilhelmshafen anwerben, und zwar hatten sich
die Leute freiwillig gemeldet. Die Urlauber, die
hier auf der Hinreise an Land gesetzt worden
waren, hatten sich auch wieder vollzählig einge-
funden. Mittags ging dann die Fahrt weiter.
Am anderen Morgen, den 29. August kamen
wir früh um 8 Uhr vor der Mündung des
Kaiserin -Augusta-Stromes an. Da nach den
vorher eingezogenen Erkundigungen die Möglich-
keit bestand, mit dem „Seestern“ in den Fluß
hineinzufahren, so beschloß ich, den Versuch zu
machen, um wenigstens einen Begriff von der
Ausdehnung und Mächtigkeit des Stromes zu
bekommen. Die Einfahrt mit Südwestkurs in
der Mitte des Stromes ging ohne Zwischenfall
vonstatten. Die Lotungen vor der Einfahrt
ergaben bei 23 Faden und in der Einfahrt selbst
bei 17 und nachher 16 Faden noch keinen Grund.
Im Flusse selbst wurden dann kurz vor der Aus-
mündung 16 Faden Wassertiefe festgestellt; wir
gingen sodann sechs Seemeilen flußaufwärts in
neun Faden Wasser vor Anker. Der Strom
mag hier etwa eine Geschwindigkeit von drei
Seemeilen haben. Seine Breite schätzten wir
an der Ankerstelle auf etwa 280 Meter. Wir
besuchten das in der Nähe am linken Ufer ge-
legene kleine Dorf Koferan. Mit Hilfe eines der
neu angeworbenen Walisjungen, der die Sprache
der Koferan-Leute beherrschte, gelang es uns,
mit den Eingeborenen in Verbindung zu treten.
Diese zeigten keinerlei Schen und kamen ohne
weiteres zu uns ans Boot heran. Sie erzählten,
daß in einiger Entfernung flußaufwärts ein sehr
großes Dorf sei. Wir wollten auch noch diese
Niederlassung besuchen und fuhren einige Meilen
im Kutter stromaufwärts, allein wir konnten keine
Landungsstelle finden. Das ganze linke Ufer
war auf der von uns zurückgelegten Fahrt sumpfig
und mit palmenartigen Pflanzen bestanden, wäh-
rend bei dem Dorfe Koferan der Fluß einen
richtigen Sandstrand hatte. Ich gab daher wegen
Zeitmangels die Absicht, das Dorf zu besuchen,
auf. Die Fahrt flußaufwärts war viel leichter
vonstatten gegangen, als wir ursprünglich erwartet
hatten. Es zeigte sich, daß auf der linken Ufer-
seite das Wasser, wohl infolge eines Gegen-
stromes, nahezu still stand. Auf der rechten
Uferseite dagegen floß der Strom mit ziemlicher
Geschwindigkeit und wir wären dort mit dem
Kutter nur schwer dagegen angekommen. Das
Wasser des Flusses war durchgehend schmutzig-
gelb. Treibholz sah man nur spärlich. Wir
fuhren mit dem „Seestern“ noch enwa drei Meilen
flußaufwärts. Da es aber den Anschein hatte,
daß der Strom sich verengern würde, so hatte
Kapitän Möller Bedenken, ohne vorherige Er-
kundigung noch weiter zu fahren. Es war ohnehin
schon nicht sehr viel Spielranm, mit dem ver-
hältnismäßig langen Schiffe umzudrehen, und so
zog ich es vor, für diesmal die Flußfahrt zu
beschließen. Das Wenden gelang jedoch ganz
gut, dank dem Umstande, daß der „Seestern“
zwei Schrauben hat. In schneller Fahrt eilten
wir der Mündung zu, und auch die Ausfahrt
aus dem Flusse begegnete keinerlei Schwierig-
keiten. Nach Allem, was man von dem Strome
weiß, darf wohl angenommen werden, daß er
auch weiter hinauf mit Schiffen, wie dem „See-
stern“ befahren werden kann, allein es empfiehlt
sich dringend, eine Pinasse mitzunehmen, mit der
man vorauffahren und die Tiefen= und Breiten-
verhältnisse feststellen kann.
Am 30. August gingen wir morgens 7 Uhr
in Alexishafen vor Anker, um der Missions-
station vom heiligen Geiste einen Besuch abzu-
statten. Die Station ist vor etwa 11; Jahren
angelegt worden, und soll der künftige“ Sitz der
genannten Mission werden. Ein Sägewerk mit
Lokomobilbetrieb ist bereits im Gange. Hier wird
das für die Missionsbauten erforderliche Holz ge-
schnitten. Die Stämme dazu werden aus dem
nahen Busch mittels einer Feldbahn herbeigeschafft.
Eine Hobelmaschine, eine Holzspaltmaschine und
ein Vollgatter sollen noch neu hinzukommen.
Auch die zum Bauen nötigen Steine werden von
der Mission hier mittels einer Handmaschine aus
Korallenkalk und Sand oder aus Cement und
Sand hergestellt. Wie mir der Prokurator der
Mission mitteilte, machen zwei eingeborene Arbeiter
die ganze Arbeit ohne die Beihilfe eines Weißen.
Die Herstellungskosten belaufen sich pro Tausend
auf etwa 17 bis 18 Mark. Die Steine sollen
mindestens ebenso haltbar und gebrauchsfähig
sein, wie Backsteine. Nach Besichtigung der ge-
samten Anlage, der man entschieden eine gute
Entwicklung voraussagen kann, begaben wir uns
wieder an Bord zurück, um noch weiter nach