Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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saft wird in Bassins geleitet. In erster Reihe 
kommt es darauf an, daß durch die Einschnitte 
die Entwicklung des Baumes nicht gefährdet 
wird. Deshalb darf mit dem Einschnitt kein zu 
großer Teil der Rinde vom Baume entfernt 
werden. Weiter ist darauf zu achten, daß die 
feine Haut, die unter der äußeren Rinde liegt, 
und das Holz des Baumes (Cambium) nicht be- 
schädigt wird; wo dies geschieht, ist eine neue 
Rindenbildung ausgeschlossen. 
Um nicht zu tief in den Stamm einzuschnei- 
den und das Cambium nicht zu verletzen, sind 
die allerverschiedensten Instrumente hergestellt 
worden. Keines derselben bietet aber vollkom- 
mene Sicherheit, und die größte Aufmerksamkeit 
des Arbeiters ist erforderlich, wenn er hierbei 
keinen Schaden aurichten will. 
Von großer Bedentung aber ist es überhaupt, 
einen recht großen Milchertrag zu erzielen, ohne 
den Baum zu schädigen. Dies erreicht man, 
wenn die Zapfung auf eine möglichst lange Zeit- 
periode verteilt wird. Bei richtiger Ausdehnung 
der Zapfungsperiode ist es möglich, im Laufe 
des Jahres ein verhältnismäßig großes Quantum 
zu erhalten, trotzdem jedesmal nur eine geringe 
Menge Milch dem Baume entzogen wird. Auf 
diese Weise kann ein Rückschlag in der Entwick- 
lung des Baumes vermieden werden. 
Zur Erreichung dieses Zieles hat man eine 
große Anzahl verschiedener Methoden versucht. 
Abgesehen von der Art, wie durch Auschlagen 
der Bäume mit der Art in früherer Zeit an dem 
wild wachsenden Gummibaum Ranbbau getrieben 
wurde, machte man im Plantagenbau zuerst eine 
große Anzahl von Einschnitten an einer Seite 
des Baumes in Form eines V, etwa 10 cm 
hoch in die Rinde. An dem unteren spitzen 
Winkel eines jeden V.Einschnittes preßte man ein 
kleines Metallbassin mit scharfer Spitze in die 
Rinde, um darin den auslaufenden Milchsaft 
aufzufangen. 
Diese Methode zeigte aber folgende Nachteile: 
man benötigte eine große Anzahl kleiner Bassins; 
bei der Entleerung all dieser Bassins trat ein 
verhältnismäßig erheblicher Materialverlust ein, 
und das ganze Verfahren erforderte bedeutenden 
Arbeitsaufwand. Außerdem aber ließ diese Form 
der Einschnitte nicht die vollständige Ausnützung 
der zur Verfügung stehenden Rindenfläche zu. 
Man ging deshalb zu anderen Einschnittsformen 
über. Man versuchte einen Zickzackeinschnitt, der 
sich an dem Stammende herunterzog, einen vollen 
Spiralschnitt,') der sich um den ganzen Stamm 
herumzog, und einen Halbspiralschnitt,““) bei dem 
die Milch aus den Halbspirallinien entweder in 
) Siehe Abbildung 5 und '“) Abbildung 6. 
  
eine vertikale Linie einfließt oder unter jeder 
derselben eine Rinne und ein besonderes Sammel- 
gefäß angebracht wird; ferner einen Grätenschnitt 
und endlich einen Halbgrätenschnitt,“) bei dem die 
Vertikallinien an einer Seite fehlen. Diese Art 
des Zapfens bietet große Vorteile. Bei diesen 
Schnitten ist es nämlich möglich, anstatt mit den 
vielen kleinen Bassins zu operieren, mit einem 
oder wenigen Bassins auszukommen. Der 
Milchsaft läuft über eine Rinne, die am unter- 
sten Ende des Einschnittes in die Rinde gespießt 
ist. Infolgedessen brauchen die Sammelbassins 
auch nach jedesmaliger Entleerung nicht wieder 
in die Rinde eingesteckt zu werden, sie werden 
vielmehr auf den Boden gestellt oder angehängt. 
Zur Zeit werden in Henaratgoda Versuche ge- 
macht, um das Auffangen der Gummimilch noch 
weiter zu zentralisieren, indem man durch Röhren 
die Ablaufrinnen mehrerer in einer Reihe stehen- 
der Bäume untereinander verbindet und so die 
Milch mehrerer Bäume in ein gemeinsames 
Sammelbassin leitet. 
Ein ganz besonderer Vorteil liegt aber noch 
darin, daß die Rindenfläche vollständig ausgenutzt 
werden kann und daß es möglich ist, am oberen 
Ende des Einschnittes Wasser einfließen zu lassen, 
um das Koagulieren und Festsetzen des Gummis 
in dem Einschnitt zu verhindern. Zur Einführung 
von Wasser in die Einschnitte verwendet man 
ein kleines Blechgefäß zum Anhängen, das am 
unteren Ende spitz ausläuft. In dem spitzen 
Auslauf ist ein Bindfaden eingezogen, der das 
Wasser nur tropfenweise herausläßt. Dieses 
Blechgefäß mit Wasser hängt man an den Baum 
oberhalb des Einschnitts und legt den Faden 
in den Einschnitt, so daß das heraustropfende 
Wasser den Einschnitt entlang läuft und die Milch 
flüssig erhält. Den Wert dieser Wässerung erkennt 
man leicht, wenn man bedenkt, daß der an der 
Rinde koagulierte Gummi durch anfliegenden 
Staub und durch Insekten verunreinigt wird, 
daß solche Verunreinigungen aus dem festen 
Gummi nur schwer zu entfernen sind, und daß 
der so minderwertig gewordene Gummi einen 
bedeutenden Verlust darstellt. 
Die vollständige Ausnutzung der zur Ver- 
fügung stehenden Rinde erreicht man dadurch, 
daß der zwischen den am Baume eingeschnittenen 
vertikalen Linien liegende Teil binnen einer 
längeren Zeitperiode in schmalen Streifen heraus- 
geschnitten werden kann und daß durch jeden 
neuen Schnitt wieder eine Offnung der Milch- 
kanäle, ein neuer Milchausfluß stattfindet. 
Diese Operation kann z. B. beim Halbgräten- 
schnitt, der nur ein Viertel des Stammumfanges 
*) Siehe Abbildung 7.
	        
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