Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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größeren Fonds aus Mitteln der Wohlfahrts- 
lotterie auch finanziell ermöglicht. 
Am 6. Jannar 1904 brach ich unter Mitnahme 
der aus den ersten Versuchen noch übrigen und 
anderer Tiere von Kilwa auf, passierte vom 7. 
bis 14. den Tsetsegürtel und traf am 17. in 
Liwale ein. Im Interesse der besseren Ver- 
bindung mit der Küste wäre die Anlegung der 
Versuchsstation hier oder nur wenig weiter land- 
einwärts erwünscht gewesen. Das Vieh war 
dann aus Ssongea zu beziehen. Ich mußte also 
zunächst Klarheit über das Verhalten des Ungoni- 
Viehs gegenüber Texas= und Küstenfieber haben 
und dazu reichte die Untersuchung der wenigen 
in Liwale stehenden Ssongea-Rinder nicht aus. 
Ich ging daher gleich nach Ssongea weiter und 
traf dort am 7. Februar ein. 
Auch Ungoni gehört nicht zu den 
viehreichen Landschaften des Schutzgebiets, besitzt 
aber doch so viel Groß= und Kleinvieh, daß es 
zu erheblich niedrigerem Preis als an der Küste 
und jederzeit in ausreichender Zahl zu haben ist. 
Die Tsetsefliege fehlt in der Umgebung der 
Station, wie im eigentlichen Ungoni wohl über- 
haupt. Ein in wenigen Tagen erreichbarer 
Tsetseherd konnte nach früheren Erfahrungen im 
Tal des Rovuma angenommen werden; er ist 
später durch Sammlung von Fliegen, die der 
Zahlmeisteraspirant Krause gelegentlich einer 
Dienstreise dorthin übernahm, nachgewiesen wor- 
den. Gesunde Rinder, darunter Zugochsen, die 
seit Jahren auf der Station anstrengende Arbeit 
leisteten, wiesen in ihrem Blut außer Pirosoma 
bigeminum (Texasfieber) dieselben ring= und 
stäbchenförmigen Parasiten auf wie die Rinder 
an der Küste; Störungen von dieser Seite waren 
also nicht zu befürchten.) Da Ssongea somit 
als geeignete Basis für die Versuche erschien, 
blieb ich dort. Räume für die Laboratoriums- 
arbeiten und vorläufig genügende Stallung 
konnten mir gleich zur Verfügung gestellt werden, 
so daß bauliche Arbeiten mitten in der Regenzeit 
erspart blieben. Später wurde mir für die er- 
eblich vergrößerten Herden ein großer Teil der 
von der Station neuerbauten massiven Stallungen 
überwiesen. Auch sonst sind, was ich dankbar 
erwähnen möchte, meine Arbeiten wie in Kilwa 
durch den Bezirksamtmann von Rode so in 
Ssongea durch den Stationschef Hauptmann 
Albinus und später den Bezirksamtmann Haupt- 
mann a. D. Richter in jeder Weise unterstützt 
und gefördert worden. Für sachverständigen Rat 
in Fragen der Viehhaltung bin ich dem landes- 
wirklich 
st ) Nach neueren Untersuchungen von R. Koch ge- 
siattet der Nachweis dieser Parasiten im Blut gesunder 
inder noch nicht den Schluß auf Immunität gegen 
Küstenfieber. 
  
kundigen Herrn John Booth zu Dank ver- 
pflichtet. 
Während der Trockenzeit bietet die nähere 
Umgebung der Station Ssongea nicht genügend 
Weide. Die Arbeiten mußten daher sowohl 1904 
wie 1905 während mehrerer Monate in primi- 
tiven Anlagen im Lutukira-Tal, vierzehn Marsch- 
stunden von der Station, fortgeführt werden. 
Hier erfuhr ich im August 1905, daß die zur 
Durchführung der Versuche erforderlichen Mittel 
nicht bewilligt seien. Im Begriff, daraufhin die 
Auflösung der Expedition vorzubereiten und die 
Versuchstiere zunächst nach Liwale zu bringen, 
um von dort aus die schon immunisierten in 
Tsetsegegenden zu exponieren, wurde ich durch die 
Nachricht von den bei Liwale ausgebrochenen 
Unruhen überrascht. Bald folgte ihr die weitere 
von dem nahe bevorstehenden Ausbruch des 
Wangoniaufstandes. Der Versuch, mir Träger 
zu verschaffen, mißlang. Ich mußte daher, als 
am 28. August aus Ssongea eine zweite, dring- 
lichere Aufforderung zur schleunigsten Rückkehr 
einlief, auf die Mitnahme der Laboratoriums- 
einrichtung, der Zelte usw. wie meiner eigenen 
Sachen verzichten, um wenigstens meine Dienste 
zur Verfügung stellen und der schwachen Ab- 
teilung in Ssongea die mein Begleitkommando 
bildenden zwei Askari eben noch zuführen zu 
können. Während des nächsten Halbjahres ge- 
stattete meine Beteiligung an der Niederwerfung 
des Aufstandes und die Lage in Ssongen, wo 
das Vieh auf engem Raume innerhalb der im- 
provisierten Befestigung untergebracht war, nur 
gelegentlich einzelne Beobachtungen. Im April 
1906 wurde ich zur Küste beordert, um an der 
Deutschen Expedition zur Erforschung der 
Schlafkrankheit teilzunehmen und mußte die 
Bersuchstiere in Ssongea zurücklassen. Von den 
dank der Entschlossenheit des Masaioberhirten 
und der Unentschlossenheit der gleich dauach Auf- 
ständischen seinerzeit geretteten Rindern hatten 
leider nicht wenige zur Verproviantierung der 
Besatzung während unserer Einschließung geopfert 
werden müssen, so daß bei meinem Abmarsch 
nur noch 42 übrig waren. 
Die Versuche sind somit nicht zum Abschluß 
gelangt. Sie haben aber doch einige bemerkens- 
werte Ergebnisse gehabt und gestatten Schlüsse in 
bestimmter Richtung. Ich möchte deshalb 
summarisch darüber berichten, ohne auf Einzel- 
heiten von rein fachlichem Interesse hier näher 
einzugehen.“ 
*) Auch die Fachliteratur ist in diesem Bericht 
nicht berücksichtigt. Nur die grundlegenden Versuche 
und, weil von der größten Bedentung für die Try- 
panosomenfrage überhaupt, die späteren Ausführungen 
R. Koch's waren zu erwähnen.
	        
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