Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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fernung vom Hottentottenlager wurden wir auf 
unserem Ritte zu Morenga von Hottentotten- 
patrouillen begleitet. Im Lager Morengas an- 
gekommen, fand ich die Angaben Malinowskis 
über die Lage unseres Gegners vollauf bestätigt; 
im übrigen stellte ich fest, daß die Hottentotten 
durchweg mit modernen Hinterladern bewaffnet 
waren und anscheinend über reichliche Munition 
verfügten. Wir hatten unsere Pferde außerhalb 
des Lagers stehen lassen und waren auf einem 
ziemlich beschwerlichen Fußsteig immer an besetzten 
Schanzen vorbei ins Lager gekommen. Hier kam 
mir Morenga, dem infolge seiner Wunde das 
Gehen schwer wurde, entgegen geritten, während 
die bewaffneten Hottentotten uns ziemlich auf- 
dringlich umstanden und teilweise um Tabak 
bettelten. Ich setzte mich hin, ohne die Hotten- 
totten weiter zu beachten, und blieb auch ab- 
sichtlich sitzen, als Morenga, der die Aufdring- 
lichen sofort zurückiagte, auf mich zukam. Erst 
als er mich begrüßt hatte und ich merkte, daß 
ihm das Stehen sichtlich schwer wurde, erlaubte 
ich ihm, sich ebenfalls zu setzen, und gab ihm nun 
den Grund meines Kommens und die mir vom 
Hauptquartier vorgeschriebenen Bedingungen für 
seine Unterwerfung bekannt. Nachdem Morenga 
mich angehört hatte, erklärte er, er habe mich 
verstanden, müsse aber, ehe er eine derartige 
wichtige Entscheidung treffe, zuerst mit seinen 
Großleuten und dem Kapitän Haus Hendrik, 
dem Feldschuhträger, der sich seit der durch 
Major v. Lengerke erlittenen schweren Nieder- 
lage bei Morenga au#hielt, beraten. Er werde 
binnen 24 Stunden meinen ihm von Warmbad 
zugeschickten Boten in das Lager des Majors 
v. Kamptz mit der Nachricht über das Ergebnis 
der Beratung senden. 
Ich erklärte Morenga, daß er einsehen müsse, 
daß die Hottentotten auf die Dauer doch unter- 
liegen müßten und daß längerer Widerstand ihre 
Lage nur verschlimmern könne, worauf Morenga 
entgegnete, daß es ihm vollkommen klar sei, daß 
die Hottentotten schließlich bei dem Kampfe zu- 
grunde gehen müßten, daß die Entscheidung über 
die Fortsetzung des Kampfes aber nicht allein bei 
ihm liege, da er nicht Kapitän der Bondels sei. 
Ich hatte den Eindruck, daß Morenga nicht mehr 
im Vollbesitz seines Ansehens und der Macht über 
seine Leute war. Nicht nur der Umstand, daß 
sein Kriegsruhm durch die Ereignisse im März 
verblaßt und der Glaube der Hottentotten, daß 
ihnen unter diesem Führer alle Unternehmungen 
glücken sollten, erschüttert war, sondern auch der 
körperlich leidende Zustand des Morenga hatte 
seine Stellung unter den Hottentotten erschüttert. 
Es ist ja überhaupt ein einzig dastehender Fall 
und beweist mehr als alle Erfolge die geistige 
  
Überlegenheit Morengas über alle anderen ein- 
geborenen Führer in diesem Kolonialkriege, daß 
die Hottentotten bei ihrem grenzenlosen Dünkel 
gegenüber allen anderen Eingeborenen sich willig 
der Führung dieses Damarabastards unterwarfen. 
Diese Macht, die sonst nur bei dem angestammten 
Kapitän denkbar ist, mußte erschüttert werden in 
dem Augenblick, wo die Gefolgschaft den unbe- 
dingten Glauben an den Glücksstern des Führers 
verlor und wo die Siegeszuversicht ins Wanken 
geriet. 
Ich hatte den Eindruck, daß im Lager Mo- 
rengas Hendrik April, der Führer des von 
alters her in den Karrasbergen angesessenen 
Teiles des Bondelstammes, einen bedenklichen 
Einfluß gewonnen hatte. Da aber die Verluste 
an Vieh bei Narudas im wesentlichen Morenga 
und seine Leute betroffen hatten, wogegen die 
Familie der April noch über beträchtlichere Be- 
stände verfügte, so waren naturgemäß in Hendrik 
April und seinem Anhange die Hauptgegner der 
bedingungslosen Unterwerfung zu suchen. 
Nach Beendigung der Verhandlungen begab 
ich mich in das Lager des Majors v. Kamptz 
zurück. Ich will gestehen, daß es mir nicht ganz 
leicht wurde, vollkommen unbefangen durch die 
bewaffneten Hottentotten, an deren Unterwerfung 
ich nicht glauben konnte, hindurchzugehen und, 
ohne mich umzusehen, im Schritt fortzureiten. 
So wenig ich an einen Treubruch Morengas 
glaubte, so sehr lag doch die Gefahr nahe, daß 
gerade einer der Gegner der Unterwerfung auf 
den Gedanken kommen konnte, durch ein „zufällig“ 
abgefeuertes Gewehr die Fortsetzung der Ver- 
handlungen unmöglich zu machen. Im Lager 
des Majors v. Kamptz traf am folgenden Tage 
mein Warmbader Bote ein und brachte die Nach- 
richt, daß die Hottentotten nach mehrstündiger 
erregter Beratung ihr Lager abgebrochen hätten 
und abgezogen seien, wohin, wisse er nicht an- 
zugeben. Die Verhandlungen waren somit als 
gescheitert anzusehen, und Major v. Kamptz beschloß 
nunmehr unverzüglich anzugreifen.“ 
Er erteilte dem Hauptmann Winterfeldt, 
dem Chef der 9. Batterie, den Befehl, von Na- 
rudas und Nukois aus mit der 11. und 
12. Kompagnie des 2. Feldregiments, zwei Zügen 
der 9. Gebirgsbatterie und einem Zuge Maschinen- 
gewehre die Verfolgung aufzunehmen, während 
die Abteilung Kleist (Ersatzkompagnie Za, la, 
2. Batterie, ½ Maschinengewehr-Abteilung) sich 
über Garis auf Nururus in Marsch setzen 
sollte. Bald nach Abgang dieses Befehles traf 
vom General v. Trotha heliographisch die Er- 
mächtigung ein, unter den von Major v. Kampt 
und Hauptmann v. Koppy anfänglich vorge- 
schlagenen Bedingungen (also der Uberlassung des
	        
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