Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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so daß wir um 1 423 000 Ballen der großen 
1905er Ernte voraus sind. Es ist nicht zu ver- 
wundern, daß man von einer 14 Millionen-Ernte 
sprach. 
Im März fielen die Preise von 6,14 am 
1. auf 5,97 am 28. März, der höchste Preis war 
6,94 am 8. Ende März sind 2½ Millionen 
Ballen mehr in Sicht als im Jahre 1906 und 
1½ Millionen mehr als im Jahre 1905. 
Nieil Bros. hielten Mitte März ihre Ernte- 
schätzung von 13 500 000 Ballen aufrecht und 
rechneten auf einen Verbrauch von 12 500 000 
Ballen, was einen wünschenswerten Vorrat lassen 
würde. 
Man nimmt hier allgemein an, daß die Nach- 
frage nach Garnen und Waren noch immer zu 
groß ist, um ein schnelles Fallen der Baumwoll- 
preise möglich zu machen. In der Tat sind. ja 
auch trotz der Börsenkrisis in den Vereinigten 
Staaten und trotz der schwierigen Geldverhältnisse 
in fast allen Märkten die Baumwollpreise kaum 
gewichen. 
Agyptische Baumwolle blieb im Jannar 
unverändert fest. Die Preise stiegen im Februar 
von 107/16 auf 11⅛ und am 8. März sogar 
auf 11⅜, wichen dann bis auf 11 zu Ende des 
Monats. Die neue Ernte ist allen Berichten nach 
eine gute, es ist etwa 1 Million Cantars mehr 
in Sicht als im vorigen Jahre. Spinner besse- 
rer und bester Sorten klagen bitter über die 
Schwierigkeiten, die sie haben, um die für sie 
passenden Qualitäten zu finden. 
Die ostindische Baumwollerute, die im 
Dezember von der ostindischen Regierung auf 
5 105 000 Ballen geschätzt wurde, wird heute 
offiziell auf 4 908 000 Ballen veranschlagt gegen 
3 640 000 Ballen im Vorjahre. Also ein Mehr- 
ertrag von 43 v. H. 
Spinner amerikanischer Baumwolle sind sämt- 
lich gut engagiert und für Monate, manche be- 
kannte Spinner für ganz 1907 mit Ordres ver- 
sehen. Die Nachfrage von Deutschland her für 
einfache Garne, die seit 30 Jahren kaum mehr 
bezogen wurden, ist überraschend groß und scheint 
fürs erste anhalten zu wollen. 
Garne aus ägyptischer Baumwolle sind ge- 
fragt in einem Maße, wie es wohl noch nie der 
Fall war. Die Preise sind seit 30 Jahren nicht 
so teuer gewesen. Es ist ganz ausgeschlossen, 
fertige oder schnell lieferbare Partien Garne zu 
bekommen. Alle verläßlichen Spinner sind bis 
Dezember mit Ordres versehen. Manche haben 
Bestellungen bis weit in das Jahr 1908 hinein. 
Wie nicht anders zu erwarten, suchen die Arbeiter 
an den großen Profiten der Industrie teilzuneh- 
men. Die leitenden Persönlichkeiten der verschie- 
denen Sektionen der Baumwollarbeiter veröffent- 
  
lichten ein „Manifestov, in dem die Nachteile 
und Gefahren, denen ein Arbeiter in der Baum- 
wollindustrie ausgesetzt ist, ausgeführt und unter- 
strichen sind. Man hört auch von zahlreichen 
Beschwerden der Arbeiter über ungenügende Güte 
der Baumwolle resp. der Garne. Soweit scheint 
alles auf gütlichem Wege abgemacht zu sein. 
Anfang März hat die „Operative Weavers 
Association“ eine Lohnerhöhung von 5 v. H. ge- 
fordert. 
(Bericht des Kaiserlichen Konsulato in Manchester 
vom 30. März 1907.) 
Lage der Seidenzucht im Gebiet fiutais im 
Jahre 1906. 
Die Seidenzuchtkampagne 1906 verlief im 
Gouvernement Kutais unter verhältnismäßig 
günstigen Witterungsverhältnissen. Infolge der 
reichen Blätterernte der Manlbeerbäume waren 
die Preise für die Produkte der Manlbeerbaum- 
zucht, und zwar Blätter, Samen, Pflänzlinge usw., 
normal, in einzelnen Gegenden sogar unter 
normal; der Absatz war im Vergleich zu den 
vorhergehenden Jahren nicht belebt und verlief 
bei schwachem Angebot und Nachfrage. Dagegen 
war die Nachfrage nach Seidenwurmeiern groß. 
Viele Grainszüchter wollten die von ihnen nach 
Turkestan und Persien versandten Eier zurück- 
fordern, doch das in der ersten Hälfte des April 
eingetretene warme Wetter verhinderte dies. Im 
ganzen wurden im Gonvernement Kutais für 
bares Geld gegen 40 000 Schachteln mit Grains 
verkauft, d. h. 15 000 Schachteln weniger als im 
vorigen Jahr. Infolge des frühen warmen 
Frühlings begann die Belebung der Grains in 
einigen Niederungen um 10 bis 15 Tage vor 
der Zeit und war zu Anfang der zweiten Hälfte 
des April bereits zu Ende. 
Das erste Ausschlüpfen der Raupen fiel in 
die kalten Tage bis zur zweiten Hälfte des April, 
beim Übergange in das dritte Stadium des 
Wachstums trat besseres Wetter ein, und die 
Raupen erholten sich bedeutend. Das Einspinnen 
erfolgte rechtzeitig, und die Periode seit Mitte Mai 
verlief normal. 
In die Spinnhütten gelangten die Raupen in 
einigen Gegenden in der zweiten Hälfte des Mai, 
auf den Markt kamen jedoch die Kokons erst An- 
fang Inni. Die Seidenzüchter beeilten sich gegen 
die Gewohnheit nicht, die Kokons vor der Zeit 
einzusammeln, da die Preise noch nicht fest- 
standen. Zu Anfang der Kokon-Operationen 
fehlten entweder die Aufkäufer vollständig, oder 
boten nur niedrige Preise. Der Grund für das 
Ausbleiben der exportierenden Aufkäufer lag in 
der Weigerung der Kreditanstalten, Vorschüsse auf
	        
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