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Der Swakop „RKommt ab“.
(Mit einer Abbildung.)
Tiefblauer wolkenloser Himmel lagert den
größten Teil des Jahres über dem weiten Bereich
des Swakop, des Vaters unserer Ströme in
Deutsch-Südwestafrika. Nur selten wird in der
trockenen Zeit die Sonne von Wolken verdunkelt,
bis Ende September die ersten Vorboten der
Regenzeit erscheinen. Die kalten Nächte hören
allmählich auf; hin und wieder fällt ein kleiner
Regenschauer, die ersten Sträucher und Bäume
beginnen Blätter und Blüten zu treiben. Der
häufigste strauchartige Baum des Landes, der
Hackisdorn, der als dichtes Gebüsch riesige Flächen
bedeckt, entwickelt als erster einen dichten weißen
Blütenflor und erinnert uns an den Schwarzdorn
in Norddeutschland und die blühenden Obstgärten
unseres südlichen Heimatlandes. Ein Regenguß
bringt später den massenhaft am Boden liegenden
Samen von Gras und Kräutern zum Keimen,
und im Januar erscheint das Feld, so weit das
Auge reicht, in saftigem Grün. Die Höhenzüge,
besonders bei Okahandja, erinnern dann an die
deutschen dicht bewaldeten Mittelgebirge. Aber
noch immer sind die beiden Flußbetten (Riviere)
ohne Wasser; nur hin und wieder kommt ein
kleines Rivier aus den Bergen ab, das aber bald
nach Erreichen des Hauptriviers im Sande ver-
schwindet. Um dieses zum Fließen zu bringen,
müssen erst die starken, oft 14 Tage ohne Unter-
brechung anhaltenden Regen des Januar einsetzen.
Der Boden des Landes und die Rivierflächen
müssen sich erst bis zur Ersättigung mit Wasser
vollsaugen, um ein Abkommen der großen Riviere
zu ermöglichen.
Die Abbildung zeigt den abkommenden Swakop
bei der Forststation Ukuib etwa 120 km östlich
des Mecres. Am 5. und 6. März zogen sich
drohende Gewitterwolken lm Norden über den
Bergen von Ababis und im Osten über dem
Komashochlande zusammen, gewaltige Wassermassen
stürzten vom Himmel herab. An einzelnen Be-
obachtungsorten fielen in einer Nacht 83 mm.
Am Abend des 7. hörte man in Ukuib, das etwa
300 m vom Swakop entfernt liegt, schon auf
viele Kilometer das Donnern und Toben der
andrängenden Wassermassen.
In ähnlicher Weise kam der Swakop im
Jannar 14 Tage, im Februar drei Tage und
im März acht Tage lang ab; die Küste erreicht
er nur selten. Also nur eine sehr geringe Zeit
im Jahre führt der Strom an der Oberfläche
Wasser; dafür bleibt aber das ganze Jahr hin-
durch das Wasser unterirdisch im Fließen. Die
breiten Schwemmlandflächen in der Nähe des
Stroms ziehen hiervon Vorteil, da dort das
Grundwasser, welches vor der Regenzeit fast
überall auf 6 bis 7 m ansteht, nach dem Ab-
kommen des Swakop allmählich bis auf 5 m und
noch höher steigt.
Mit diesem Wasser, das so leicht zu beschaffen
ist, könnte man über tausend Hektar Schwemm-
land, das als jungfräulicher, unerschlossener Boden
daliegt, in Maisfelder, Dattelplantagen, Nut-
wälder usw. verwandeln. Ein Anfang ist erst
auf der Forststation Ukuib gemacht, woselbst die
dort seit etwa 1½ Jahren in Angriff genommenen
Dattelkulturen sehr günstig gediehen sind und
guten Erfolg versprechen, da die tiefwurzelnden
Dattelbäume in wenigen Jahren das Grundwasser
erreichen können.
Wir geben in der heutigen Nummer aus ver-
schiedenen Gegenden Deutsch-Südwestafrikas Vege-
tationsbilder, welche uns namentlich prächtige
Dattelpalmen-Bestände zeigen.
Kolonial-Wirtschaftliches.
Der IV. Internationale Baumwoll-Kongreß und das
Kolonlal-Wirtschaftliche Komitee.
Dem IV. Internationalen Baumwoll-
Kongreß zu Wien wurde der Bericht VIII über die
„Deutsch-kolonialen Baumwoll-Unternehmungen“
von Karl Supf unterbreitet. Einem Vorschlag
des Delegierten des Komitees, Herrn Moritz
Schanz-Chemnitz, die Erfahrungen der fremd-
ländischen und deutschen Baumwolländer auf dem
Gebiete der künstlichen Bewässerung gegenseitig
auszutanschen, wurde zugestimmt. Auch eine An-
regung zur finanziellen Beteiligung der öster-
reichischen und Schweizer Baumwollinteressenten an
den deutsch-kolonialen Baumwoll-Unternehmungen
wurde mit lebhafter Sympathie aufgenommen.
Der Behauptung der amerikanischen Dele-
gierten, daß Amerika trotz seines zunehmenden
eigenen Verbrauchs durchaus in der Lage sei, den
gesamten Weltbedarf an Baumwolle zu decken,
wurde von dem Vertreter des Kolonial-Wirtschaft-
lichen Komitees entgegengehalten, daß, die Rich-
tigkeit dieser Behauptung vorausgesetzt, man trotz-
dem nicht über die schweren Bedenken und Gefahren
hinweg kommen könne, die darin liegen, daß
Europa im Bezug seines größten und wichtigsten
Rohstoffes für Bekleidung ganz überwiegend auf