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gewählt, welche von einer etwaigen Aufteilung
des Landes zu Farmzwecken ausgenommen und
für die Eingeborenen reserviert werden
sollten. Ich habe mich zwar nicht der Über—
zeugung hingegeben, daß es unbedingt richtig
wäre, Hereros auf diesen Gebieten, sei es, daß
man ihnen das Land als Eigentum oder als
Reservat überwiese, anzusiedeln; ich habe aber ge-
glaubt, auf alle Fälle einen Versuch nach dieser
Richtung hin machen zu sollen, und habe zu
diesem Zweck auch nach Aufhebung der Sammel-
stellen an zwei Orten, bei Otjihaenena und
Omburo, eine Anzahl Hererofamilien unter Auf-
sicht je eines Sanitätsunteroffiziers, die den Ein-
geborenen bereits bekannt waren mit diesen gut
zusammengearbeitet hatten, belassen. Die Seel-
sorge in Omburo ist einem Missionar anvertrant.
Da die Hereros vor dem Aufstande mit ganz
verschwindenden Ausnahmen in der Nähe der
Missionsstationen nur Weidewirtschaft betrieben
haben und der Acker= und Landarbeit unkundig
und an diesolbe nicht gewöhnt sind, so ist es mir
in hohem Grade zweifelhaft, ob sic an jenen
Stellen werden genügend produzieren können, um
sich selbst zu ernähren. Bis zur nächsten Ernte
ist deswegen auf alle Fälle Fürsorge getroffen
worden, daß ihnen aus Regierungsbeständen mit
Proviant aufgeholfen wird.
Ich bemerke hierbei, daß die große Anzahl
von Hereros, welche sich in den Sammellagern
gestellt hat, kein Stück Bieh mehr ihr eigen nannte
und, soviel mir bekannt, weder ein Rind noch ein
Stück Kleinvieh, sondern lediglich drei Pferde ein-
gebracht und abgegeben hat. Hieraus folgt, daß
die im Reichstag erwähnte Resolution, daß den
Hereros so viel Land gegeben werden sollte, daß
sie in bisheriger gewohnter Weise ihrer Weide-
wirtschaft nachgehen könnten, nicht ausgeführt
werden konnte, da die Hereros mit dem Lande
ohne Vieh nichts machen können. Oerr Wirk-
licher Geheimrat Deruburg hat im Plenum mit-
geteilt, daß die Zahl des Viehs, welches die
Hereros noch vor dem Aufstande besessen haben,
sich auf 200 000 Stück belausen haben dürfte.
Ich bin der Meinung, daß diese Zahl niedrig
gegriffen ist. Wenn man den derzeitigen Preis
der Rinder in Höhe von 300 Mk. zugrunde legt,
so würde das Vieh einen Wert von 60 Millionen
Mark betragen haben, und wenn ich nun annehme,
daß die Hereros nur noch ein Drittel der ur-
sprünglichen Zahl betragen, so würden 20 Millionen
Mark erforderlich sein, um sie mit demjenigen
Viehbestand auszurüsten, mit dem sie in gewohnter
Weise ihrem Wirtschaftsbetriebe nachgehen könnten.
Meine Herren, als am 1. Juni d. Is. in Süd-
westafrika die Nachricht eintraf, daß die Bei-
hilse für die durch Krieg Geschädigten vom
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Rrichstage abgelehnt worden sei, hat sich
der gesamten Bevölkerung die größte Niedere
geschlagenheit bemächtigt. Aber diese Nieder-
geschlagenheit wäre in die tiefste Entrüstung um-
geschlagen, wenn eitwa diejenigen Mittel vom
hohen Reichstage zur Verfügung gestellt worden
wären, welche notwendig waren, um der Resolution
des Reichstages prattische Bedentung zu geben.
Ohne daß das Gonvernement ausdrücklich zu
diesen Ausgaben ermächtigt wurde, war es aber
nicht in der Lage, dieselben zu machen, da etat-
mäßige Mittel nicht zur Verfügung standen. Es
ist zweierlei, einen noch so gut gemeinten Be-
schluß hier zu fassen und ihn draußen prakiisch
auszuführen. Es wäre geradezu eine Gransam=
keit gewesen, diese Hereros, so wie sie aus dem
Folde zurückkamen, ohne Vieh auf das Land zu
sotzen, wo sie ohne Unterstützung der Regierung
cinem sicheren Hungertode entgegengegangen
wären. Denn die Hereros trafen zum großen
Teil in dem elendesten Zustande, manche geradezu
zu Skeletten abgemagert, ein, und es bedmifte
häufig wochenlanger Pflege, bevor sie zur Arbeit,
oder wenigstens zu ernsterer Arbeit verwendet
werden konnten. Es ist nun auch die Meinung
beider Missionen draußen im Schutzgebiet, sowohl
der katholischen wie der evangelischen, daß es
kein Glück, sondern geradezu ein Unglück für die
Hereros wärec, wenn man unter den gegebenen
Umständen nach Maßgabe jener Resolution mit
ihnen verführe. Soviel ich weiß, hat die katho-
lische Mission im Schutzgebiet stets auf diesem
Standpunkt gestanden, während die evangelische
sich erst allmählich dazu bekehrt hat. Die letztere
hat auf der alljährlichen Konferenz der Herero-
missionare, welche kurz vor meiner Abreise in
Otjimbingne stattgefunden hat, und an welcher
anuch der von Deutschland hinübergereiste Missions-=
inspektor Spieker teilnahm, nach den mir ge-
machten Mitteilungen einstimmig beschlossen, daß
die Unterbringung der Hereros in Reservaten an-
gesichts der gegebenen Verhältnisse nicht wünschens-
wert sei. Mir ist bekannt, daß der Missions-
inspektor Spieker ein von der größten Für-
sorge und tiefsten Sympathie für die Eingeborenen
beseelter Mann mit ganz anderen Ideren nach
Südwestafrika hinnusgegangen ist, und daß er sie
an Ort und Stelle angesichts der Verhältnisse,
die er vorgefunden hat, und nach Rücksprache mit
den dort tätigen Missionaren in bezug auf diese
Reservatsfrage gänzlich geändert hat. Auch die
Missionen sind davon überzeugt, daß wir zur
Zeit den Eingeborenen keine größere Wohltat
erweisen können, als wenn wir sice in humaner
Weise zur Arbeit erziehen.
Es ist natürlich der dringende Wunsch des
Gonvernements, die Eingeborenen, die uns auch