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Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten.
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Deutsch-UNeuguinea.
eine Relse nach PDalau, Sonsol und Tobl##)
(Oktober bis Dezember 1906.)
(Mit 4 Abbildungen.)
Der Regierungsmotorschuner „Ponape“ war
am 23. August 1906 von Ponapc in Saipan an-
gekommen. Er stand mir, zum ersten Male seit
seiner Indienststellung, auf drei Monate für die
Marianen und auf weitere drei Monate für die
Westkarolinen zur Verfügung. Ich befand mich
indessen zu jener Zeit in YDap und kehrte erst am
15. September mit S. M. S. „Condor“ nach
Saipan zurück.
Es erschien mir nicht ratsam, das Schiff wäh-
rend dieser ungünstigsten, von Taifunen bedrohten
Jahreszeit den Gefahren einer längeren Dienst-
reise nach den Nordmarianen auszusetzen, zumal
der Kommandaut S. M. S. „Condor“ sich bereit
erklärt hatte, Pagan und die nördlichsten Inseln
anzulaufen. Diese Reise wurde in meiner Ver-
tretung durch den Stationsleiter Reichel aus-
geführt.
Während seines Aufenthalts in Saipan hatte
Kapitän Martens den Hafen und die Reede ver-
messen und kartographisch festgelegt. Die unter
seiner Mitwirkung von S. M. S. „Condor“ vor-
genommenen Lotungen ergaben, daß die Einfahrt
zu dem sehr geräumigen und geschützten Hafen
von Tanapag in ihrem jetzigen Zustand vor-
läufig leider nur für kleinere Schiffe von weniger
als fünf Meter Tiefgang befahrbar ist; ich hoffe
aber, daß es dem Vermessungsschiff „Planet“,
dessen Besuch bevorsteht, gelingen wird, durch
Sprengung eine bessere Einfahrt und damit einen
wertvollen Hafen zu schaffen.
In den Monaten Oktober und November bis
zur Mitte des Dezember ist auf den Marianen
die Sturmgefahr am größten. Sobald es daher
der Dienstbetrieb in Saipan erlaubte, fuhr ich
mit der „Ponape“ nach den Westkarolinen.
Am 10. Oktober 1906 verließ die „Ponape“
den Hafen von Saipan und erreichte nach
7½ Dampf= und acht Segelstunden das achtzig
Seemeilen entfernte Rota — eine Leistung, die
von den vier oder fünf japanischen Segelschiffen
ohne Motor, auf denen ich die gleiche Reise seither
zurücklegte, übertroffen wurde; denn diese brauchten
und brauchen in der Regel nur zwölf Segel-
stunden bis zur Westreede, wo die „Ponape“
ankerte. In Rota landeten wir sechzehn ein-
geborene Passagiere, welche zum Teil als Zeugen
?) Bericht des Bezirksamtmanns Fritz in Saipan.
und sonst Beteiligte in einem Diebsbandenprozesse
vor dem Gericht in Saipan erschienen waren, zum
Teil von ihrer Besuchs= und Erholungsreise zurück-
kehrten. Derartige mehrmonatige Ausflüge sind
bei den Chamorros sehr beliebt. Sobald der ge-
duldige und fleißige Ehegatte einige Mark ver-
dient und gehorsam der Hausfrau oder Schwieger-
mutter abgeliefert hat, erinnert sich diese eines
frommen Gelübdes, dringend notwendiger Ein-
käufe, einer beizutreibenden Schuld oder eines
alten Leidens — und sucht mit Kind und Kegel
für einige Monate die Verwandten in Guam oder
Saipan heim. Meistens bleibt — zu beiderseiti-
ger Befriedigung — der andere Eheteil zu Hause.
Ich habe jetzt den Unfug gehemmt und erteile
nur noch in dringenden Fällen Reiscerlaubnis.
Der seitherige Stationsleiter Reichel ist nach
Deutschland beurlaubt; ich beauftragte daher den
Ortsschulzen mit der Fortführung der begonnenen
Wegebauten und Pflanzungen.
lber die Insel Rota selbst, ihre Fruchtbar-
keit, die geringe Zahl und die Eigenschaften ihrer
Bewohner, den terrassenförmigen Aufbau und die
hierdurch bedingte Schwierigkeit der Wegeanlage,
die sonstigen Bedingungen einer künftigen Be-
siedlung und die Hafenverhältnisse habe ich schon
früher berichtet.') Die früher sehr schwierige
Bootseinfahrt im Südosthafen ist während der
Anwesenheit S. M. S. „Condor" am 13. und
14. September 1906 durch Sprengungen geöffnet
worden. Korvettenkapitän Begas hält den nach
Osten und Südosten offenen Hafen für nicht be-
sonders gut. Wohl aber gewähre die ausgedehnte
Reede auf der (nur durch eine 200 Meter breite
Landzunge vom Hafen getrennten) Südwestküste
Schutz gegen östliche Winde und guten Anker-
grund. Rota bietet m. a. W. den Vorzug eines
Hafens und einer geschützten Reede, die je nach
der Windrichtung und den Verhältnissen des Seec-
gangs ihre Vorteile haben.
Nach achtstündigem Aufenthalt auf der Süd-
westreede von Rota fuhr die „Ponape“ weiter
mit Kurs auf Dap. Wind und Strom setzten
indessen das Schiff östlich, so daß wir am 17. Ok-
tober die zum Bezirk Yap gehörige, 382 See-
meilen von Rota entfernte Insel Feis erreichten.
Feis ist eine nur etwa zwei Quadratkilometer
große Riffinsel, die von einer allgemeinen Er-
hebung (6 bis 10 Meter über dem Meerc) im
Nordwesten zu schätzungsweise 30 Metern ansteigt.
Dort und auf der Südküste befinden sich hohe
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issenschaftl. Beihefte zum Kolonialblatt 1901.
XIV. 3. Heft.