Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Bild. Die Frauenkleidung besteht aus einem 
groben, um die Hüften geschlagenen und bis zum 
halben Oberschenkel reichenden Pandanusgeflecht, 
der schmale Schamgürtel der Männer aus einem 
feinen Bananengewebe. Von einigen Männern 
werden auch recht kunstvolle, weitmaschige Pan- 
dannshüte, in der Regel aber weniger kunstvolle 
Kulihüte aus übereinandergelegten Pandanns- 
blättern getragen. Außer diesen Bekleidungs- 
und Schmuckgegenständen bieten die Eingeborenen 
gutes Tauwerk aus Kokosnußfaser und (teilweise 
recht brauchbare) Badeschwämme zum Tausch an. 
Tabak, eiserne Fischhaken und Zeuge waren sehr 
begehrt. Die Häuser sind schlecht, unreinlich wie 
dic fast aller Zentral-Karoliner und bestehen nur 
aus einem auf der Erde befestigten, mit Kokos- 
blättern gedeckten Dach. Doch ist, wie ich in den 
Taifunen auf Saipan erfuhr, dieses wändelose 
Haus sturmsicher. Die schräg in die Erde ein- 
gelassenen Sparren der Lang= und der Giebel- 
seiten schützen es nach allen vier Richtungen gegen 
den unter stumpfem Winkel anprallenden Wind. 
Die aus Calophyllum hergestellten Doppel- 
enderboote mit Ansleger und Dreiecksegel aus 
Pandanusgeflecht gleichen denen auf Feis und Yap. 
Die Ernährungsverhältnisse sollen günstig sein. 
Die spärlichen Taropflanzungen, denen ich auf 
meiner Wanderung durch die Insel begegnete, 
die schwach behangenen, zahlreichen Brotfrucht- 
bäume, die seltenen Bananen lassen mich aber 
fast an diesen Angaben der Eingeborenen zweifeln. 
Von Nährpflanzen bemerkte ich sonst noch: Papaya, 
Pandanus, viel verwilderten Arorn, eine dem 
Apfel im Geschmack ähnliche Frucht und eine 
Feigenart. Als Haustiere werden Hühner und 
Schweine, aber keine Hunde gehalten. Der Strand 
ist von einem Kranz gut tragender Kokospalmen 
umgeben, allein diese sind von der Schildlaus 
stark befallen. Ich klärte zwar den Häuptling 
Moses über die drohende Gefahr auf und befahl 
ihm, alle kranken Blätter abhauen und verbrennen 
zu lassen, verspreche mir aber selbst für den un- 
wahrscheinlichen Fall nur geringen Erfolg, daß 
meine Anordnungen mit der erforderlichen Sorg- 
falt und Geduld ausgeführt werden. 
Auf Sonsol trafen wir den Häuptling Maier 
mit 10 Leuten von Pulo-Anna und den Häupt- 
ling Susak mit 33 Leuten von Pulo-Merir. 
Sie berichteten, im Oktober 1904 seien beide 
Inseln von einem furchtbaren Orkan heimgesucht 
und vom Mere fortgespült worden. Nur sie 
selbst mit ihren Leuten hätten sich nach Sonsol 
retten können, alle übrigen seien umgekommen. 
Das war eine traurige Nachricht besonders für 
die armen Leute, die nach jahrelanger Abwesenheit 
von Yap und Palau in ihre Heimat, zu ihren 
Familien zurückkehren wollten. Sie blieben denn 
  
auch zunächst in Sonsol, als die „Ponape“ nach 
dem Süden weitersegelte. 
Am 20. November erreichten wir Pulo-Anna. 
Zunächst bemerkten wir, daß die Insel nicht, wie 
uns in Sonsol erzählt worden, völlig unter- 
gegangen war. Dann sahen wir zu unserer 
Freude, daß ein, zwei, schließlich drei Kanus uns 
entgegenruderten. Ein Ankerplatz fand sich nicht. 
Das weit vorgelagerte, die ganze Insel umfassende 
Riff schloß große Flächen seichten Wassers ein, 
auf denen mächtige umgestürzte und abgestorbene 
Calophyllumbäume die frühere Ausdehnung des 
Landes bezeichneten. Auch in den übriggebliebenen 
Rest hatte das Meer tiefe Gräben gerissen. Den 
Anblick der so verkleinerten Insel, deren Durch- 
messer kaum 600 m beträgt, möchte ich mit dem 
eines deutschen Laubwaldes im Vorfrühling ver- 
gleichen: gänzlich kahle Bäume mit grünem Unter- 
wuchs. Der Unterwuchs bestand aus wuchernden 
Schlingpflanzen und niedrigem Gebüsch. Nicht 
eine einzige Kokospalme war zu sehen; es wird 
wohl auch vor dem Sturm nur wenige gegeben 
haben. Hier und da standen einige Bananen, 
Papaya, viele Kürbisse, an tiefen Stellen reichlich 
Taro und Zuckerrohr. Während das Schiff 
manövrierte, liefen die Bewohner schreiend und 
winkend am Strande hin und her; sie fürchteten, 
wir möchten weiterfahren. Ich fand ihre dürftigen, 
halbverfallenen Wohnungen auf einer kleinen Er- 
hebung. Männer und Weiber kamen uns ent- 
gegen, faßten unsere Hände und wollten uns 
kaum wieder loslassen. Ein älterer Mann wollte 
mir eine Banane, wohl das Kostbarste, was er 
hatte, uufnötigen. Es waren noch 18 männliche 
und 25 weibliche Wesen auf der Insel. Vor 
dem Taifun sollen 50 Männer und 100 Frauen 
hier gelebt haben. Auffallend ist dieses Miß- 
verhältniß zwischen den Geschlechtern, auffallend 
auch die geringe Zahl der Kinder; männliche 
unter zehn Jahren sah ich nicht, auch keine weib- 
lichen unter zwei Jahren. Jungen von 12 bis 
14 Jahren wurden von mehr oder minder be- 
jahrten Weibern gehätschelt; das waren, wie ich 
erfuhr, nicht etwa ihre Mütter, sondern ihre 
Frauen. Ich teilte den Armen mit, daß wir 
jetzt erst nach Merir und Tobi fahren und sie 
dann auf der Rückreise alle mit nach Palau 
nehmen würden. Darüber freuten sie sich sehr. 
Wir gaben ihnen einige Kokosnüsse und andere 
kleine Geschenke, vor allem den heißbegehrten 
Tabak. Da sie an ihren gewohnten Nahrungs- 
mitteln keinen Mangel litten und wir in höchstens 
zehn Tagen wieder anlaufen zu können hofften, 
um sie mitzunehmen, so sahen wir davon ab, sie 
mit Reis zu versehen. Doch ließ ich an ver- 
schiedenen Stellen der Insel durch die Soldaten 
Kokosnüsse auspflanzen. Am Strande fanden wir
	        
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