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Bild. Die Frauenkleidung besteht aus einem
groben, um die Hüften geschlagenen und bis zum
halben Oberschenkel reichenden Pandanusgeflecht,
der schmale Schamgürtel der Männer aus einem
feinen Bananengewebe. Von einigen Männern
werden auch recht kunstvolle, weitmaschige Pan-
dannshüte, in der Regel aber weniger kunstvolle
Kulihüte aus übereinandergelegten Pandanns-
blättern getragen. Außer diesen Bekleidungs-
und Schmuckgegenständen bieten die Eingeborenen
gutes Tauwerk aus Kokosnußfaser und (teilweise
recht brauchbare) Badeschwämme zum Tausch an.
Tabak, eiserne Fischhaken und Zeuge waren sehr
begehrt. Die Häuser sind schlecht, unreinlich wie
dic fast aller Zentral-Karoliner und bestehen nur
aus einem auf der Erde befestigten, mit Kokos-
blättern gedeckten Dach. Doch ist, wie ich in den
Taifunen auf Saipan erfuhr, dieses wändelose
Haus sturmsicher. Die schräg in die Erde ein-
gelassenen Sparren der Lang= und der Giebel-
seiten schützen es nach allen vier Richtungen gegen
den unter stumpfem Winkel anprallenden Wind.
Die aus Calophyllum hergestellten Doppel-
enderboote mit Ansleger und Dreiecksegel aus
Pandanusgeflecht gleichen denen auf Feis und Yap.
Die Ernährungsverhältnisse sollen günstig sein.
Die spärlichen Taropflanzungen, denen ich auf
meiner Wanderung durch die Insel begegnete,
die schwach behangenen, zahlreichen Brotfrucht-
bäume, die seltenen Bananen lassen mich aber
fast an diesen Angaben der Eingeborenen zweifeln.
Von Nährpflanzen bemerkte ich sonst noch: Papaya,
Pandanus, viel verwilderten Arorn, eine dem
Apfel im Geschmack ähnliche Frucht und eine
Feigenart. Als Haustiere werden Hühner und
Schweine, aber keine Hunde gehalten. Der Strand
ist von einem Kranz gut tragender Kokospalmen
umgeben, allein diese sind von der Schildlaus
stark befallen. Ich klärte zwar den Häuptling
Moses über die drohende Gefahr auf und befahl
ihm, alle kranken Blätter abhauen und verbrennen
zu lassen, verspreche mir aber selbst für den un-
wahrscheinlichen Fall nur geringen Erfolg, daß
meine Anordnungen mit der erforderlichen Sorg-
falt und Geduld ausgeführt werden.
Auf Sonsol trafen wir den Häuptling Maier
mit 10 Leuten von Pulo-Anna und den Häupt-
ling Susak mit 33 Leuten von Pulo-Merir.
Sie berichteten, im Oktober 1904 seien beide
Inseln von einem furchtbaren Orkan heimgesucht
und vom Mere fortgespült worden. Nur sie
selbst mit ihren Leuten hätten sich nach Sonsol
retten können, alle übrigen seien umgekommen.
Das war eine traurige Nachricht besonders für
die armen Leute, die nach jahrelanger Abwesenheit
von Yap und Palau in ihre Heimat, zu ihren
Familien zurückkehren wollten. Sie blieben denn
auch zunächst in Sonsol, als die „Ponape“ nach
dem Süden weitersegelte.
Am 20. November erreichten wir Pulo-Anna.
Zunächst bemerkten wir, daß die Insel nicht, wie
uns in Sonsol erzählt worden, völlig unter-
gegangen war. Dann sahen wir zu unserer
Freude, daß ein, zwei, schließlich drei Kanus uns
entgegenruderten. Ein Ankerplatz fand sich nicht.
Das weit vorgelagerte, die ganze Insel umfassende
Riff schloß große Flächen seichten Wassers ein,
auf denen mächtige umgestürzte und abgestorbene
Calophyllumbäume die frühere Ausdehnung des
Landes bezeichneten. Auch in den übriggebliebenen
Rest hatte das Meer tiefe Gräben gerissen. Den
Anblick der so verkleinerten Insel, deren Durch-
messer kaum 600 m beträgt, möchte ich mit dem
eines deutschen Laubwaldes im Vorfrühling ver-
gleichen: gänzlich kahle Bäume mit grünem Unter-
wuchs. Der Unterwuchs bestand aus wuchernden
Schlingpflanzen und niedrigem Gebüsch. Nicht
eine einzige Kokospalme war zu sehen; es wird
wohl auch vor dem Sturm nur wenige gegeben
haben. Hier und da standen einige Bananen,
Papaya, viele Kürbisse, an tiefen Stellen reichlich
Taro und Zuckerrohr. Während das Schiff
manövrierte, liefen die Bewohner schreiend und
winkend am Strande hin und her; sie fürchteten,
wir möchten weiterfahren. Ich fand ihre dürftigen,
halbverfallenen Wohnungen auf einer kleinen Er-
hebung. Männer und Weiber kamen uns ent-
gegen, faßten unsere Hände und wollten uns
kaum wieder loslassen. Ein älterer Mann wollte
mir eine Banane, wohl das Kostbarste, was er
hatte, uufnötigen. Es waren noch 18 männliche
und 25 weibliche Wesen auf der Insel. Vor
dem Taifun sollen 50 Männer und 100 Frauen
hier gelebt haben. Auffallend ist dieses Miß-
verhältniß zwischen den Geschlechtern, auffallend
auch die geringe Zahl der Kinder; männliche
unter zehn Jahren sah ich nicht, auch keine weib-
lichen unter zwei Jahren. Jungen von 12 bis
14 Jahren wurden von mehr oder minder be-
jahrten Weibern gehätschelt; das waren, wie ich
erfuhr, nicht etwa ihre Mütter, sondern ihre
Frauen. Ich teilte den Armen mit, daß wir
jetzt erst nach Merir und Tobi fahren und sie
dann auf der Rückreise alle mit nach Palau
nehmen würden. Darüber freuten sie sich sehr.
Wir gaben ihnen einige Kokosnüsse und andere
kleine Geschenke, vor allem den heißbegehrten
Tabak. Da sie an ihren gewohnten Nahrungs-
mitteln keinen Mangel litten und wir in höchstens
zehn Tagen wieder anlaufen zu können hofften,
um sie mitzunehmen, so sahen wir davon ab, sie
mit Reis zu versehen. Doch ließ ich an ver-
schiedenen Stellen der Insel durch die Soldaten
Kokosnüsse auspflanzen. Am Strande fanden wir