Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

W 1088 20 
B. Bei besonderen Strafhandlungen. 
Bei Körperverletzungen. 
1. Bei Körperverletzungen, bei denen eine der im § 224 des Bürgerlichen Strafgesetzbuchs vor- 
gesehenen Folgen eingetreten ist oder möglicherweise noch eintreten kann, ist die ärztliche Unter- 
suchung von zwei Arzten, und zwar in der Regel von zwei Sanitätsoffizieren vorzunehmen. 
Jedenfalls soll einer der Ärzte ein Sanitätsoffizier mindestens vom Range eines Stubsarzztes 
oder ein Gerichtsarzt sein. In den Schutzgebieten genügt die Zuziehung eines Arztes. 
Wird angeordnet, daß das abzugebende Gutachten schriftlich erstattet werde, so ist es von 
den Sachverständigen gemeinschaftlich, wenn sie aber verschiedener Meinung sind, von einem 
jeden besonders auszustellen. « 
Bei leichten Körperverletzungen wird zur Feststellung des Tatbestandes in der Regel die 
Aussage des Verletzten genügen. Hat ein gerichtlicher Augenschein stattgefunden, so ist deßen 
Ergebnis in das Protokoll aufzunehmen. 
2. Ist bei verletzten Frauenspersonen die Besichtigung der Geburtsteile notwendig, so kann sie auch 
einer beeidigten Hebeamme übertragen werden. Sind jedoch die Geburtsteile so verlest, daß 
eine ärztliche Behandlung notwendig ist, so ist nach den ersten beiden Absätzen der Ziffer Blil. 
zu verfahren. Bei derartigen Untersuchungen soll regelmäßig der Untersuchungsführer nicht 
zugegen sein, wie überhaupt das Schamgefühl auch bei männlichen Personen möglichst zu schonen it. 
Der (die) Sachverständige ist über die Verletzung, ihre Entstehung und die möglichen Folgen 
ausführlich zu Protokoll zu vernehmen; die Einreichung eines schriftlichen Gutachtens, desßen 
Richtigkeit eidlich zu bestätigen bleibt, ist zulässig. 
Zu § 219. Jalsche Münzen sind an die Münzdirektion in Berlin behufs Begutachtung 
oder Prüfung einzusenden, wobei jedesmal die Untersuchungssache oder, falls noch keine Untersuchung 
eingeleitet worden, die verdächtigen Personen sowie der letzte Besitzer der falschen Münze näher zu 
bezeichnen sind. 
Nach Beendigung der Untersuchung sind die falschen Münzen und Uberführungsstücke an 
die Münzdirektion mit dem Hinweis auf deren Gutachten abzuliefern. 
Zu § 223. 1. Die Leichenschau darf in den Fällen des ordentlichen Verfahrens nicht durch 
einen Gerichtsoffizier bewirkt werden. 
Als der „zunächst erreichbare“ Amtsrichter ist der örtlich zuständige Amtsrichter, in den 
Schutzgebieten der örtlich zuständige Bezirksrichter anzusehen (vergleiche § 167 des Gerichtsber- 
fassungsgesetzes). In den Ersuchungsschreiben ist zugleich um Einsendung der über den Fall auf- 
genommenen Verhandlungen zu ersuchen. 
2. Die Militärbehörden haben darauf zu achten, daß gegebenenfalls ohne Zeitwerlun die 
zur Rettung des vielleicht Scheintoten erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, auch stets Vor- 
sorge für geeignete Aufbewahrung des Leichnams zu treffen. 
3. Insofern bei einem Selbstmorde hinsichtlich der Beweggründe Zweifel oder Umstände 
obwalten, die eine nähere Ermittlung nötig machen, muß der Gerichtsherr sie verfügen. Dies gil 
namentlich dann, wenn der Verdacht besteht, daß der Verstorbene durch strafbare Handlungen eines 
Dritten zum Selbstmorde getrieben worden ist. 
In den Akten, betreffend die Todesermittlung einer Militärperson, ist zu vermerken, od die 
erforderliche Anzeige des Todesfalls beim Standesamt erfolgt ist. 
Zu § 224 Abs. 2. Die Heranziehung zweier Sanitätsoffiziere soll die Regel bilden. 
Zu § 225. Von der beabsichtigten Ausgrabung einer Leiche ist die Ortspolizeibehörde zu 
benachrichtigen. 
Zu § 227. Die Leichenöffnung ist nach den im bürgerlichen Strafverfahren geltenden 
Vorschriften vorzunehmen. 
Zu § 341. Als Verteidiger erscheinen in der Hauptverhandlung die in Nr. 1 bis 1 be 
zeichneten Personen in der Dienstuniform, Rechtsanwälte in der Amtstracht, oder wenn sie zugleich 
Offiziere des Beurlaubtenstandes sind, nach Wahl in der militärischen Dienstuniform. 
Beamte, denen eine Dienstuniform nicht verliehen ist, im schwarzen Anzuge. 
Zu § 368. Die auf die Einlegung oder die Zurücknahme von Rechtsmitteln bezünlichen 
Beurkundungen der Gerichtsoffiziere und der richterlichen Militärjustizbeamten (vergleiche 88 8 
398) müssen auch die Angaben enthalten, an welchem Tage der Gerichtsherr die betreffende Er
	        
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