Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Dabei sind die Kosten der Reichsverteidigung 
nicht eingerechnet. Ich will Ihnen nun zeigen, 
wie die Einnahmen voraussichtlich im nächsten 
Jahresbudget erscheinen werden. Ich denke, Togo 
wird einen Uberschuß von ungefähr 5000 L 
zeigen, ohne irgend welche Kosten für die Landes- 
verteidigung. Kamerun wird einen llbberschuß 
von ungefähr 50 000 L aufweisen und an Aus- 
gaben für die Landesverteidigung 100 000 K er- 
fordern. Deutsch-Südwestafrika wird einen Über- 
schuß von 250 000 LK zeigen, mit Landesver- 
teidigungskosten in Höhe von 500 000 K, was 
sich dadurch erklärt, daß dort nur weiße Truppen 
stehen. Deutsch-Ostafrika wird auch einen Uber- 
schuß von 75 000 L zeigen, denen 175.000 L 
Kosten für Landesverteidigung gegenüberstehen. 
Die Südseebesitzungen werden einen kleinen Über- 
schuß zeigen, sie haben keine Regierungstruppen 
nötig. So ergibt sich alles in allem ein Über- 
schuß von ungefähr ½ Millionen ## auf der einen 
Seite und an Landesverteidigungskosten auf der 
andern Seite der Betrag von 800 000 K. 
Um Ihnen nun einen Vergleich zu ermög- 
lichen, will ich darauf hinweisen, daß diese Kosten 
nicht viel größer sind, als die Kosten der Reichs- 
verteidigung des Vereinigten Britisch-Südafrika 
für die dort stehenden britischen Truppen, d. h. 
nicht viel größer als die einer einzigen britischen 
LKolonie im Jahre 1908. Der Handel unserer 
Kolonien wird im laufenden Jahre annähernd 
7 500 000 K erreichen. Von den 1 500 000 . 
beigenen Einnahmen der Kolonien verausgaben 
wir, wenn man ganz absieht von dem, was auf 
diesem Gebiete zu Hause geschieht, mehr als 
150 000 K jährlich für Arzte, Hospitäler und 
andere Dinge, welche unmittelbar Zwecken der 
Sanierung der Kolonien und ihrer Bewohner 
dienen. 
In den deutschen Kolonien sind mehr als 
110 Arzte tätig, von denen mehr als 100 aus- 
schließlich Zivilärzte sind. Von den anderen er- 
halten einige Zuschüsse von den Gonvernements. 
Der Appell, den ich an die verschiedenen in 
unseren Besitzungen wirkenden Missionen richtete, 
hat diese veranlaßt, drei Missionsärzte in die 
Kolonien zu schicken, und sveben erst wurde an 
der Universität Tübingen mit Unterstützung der 
württembergischen Regierung ein Institut zur 
ärztlichen Ausbildung von Missionaren eingerichtet. 
Ich unterstütze diese Bewegung sehr gern, weil 
ich empfinde, daß die Grundsätze und zZiele des 
Christentums nicht besser verwirklicht werden 
können, als indem man den leidenden Eingebo- 
renen Hilfe bringt. Der wahre Charakter des 
Christentums kann ihnen nicht besser nahe gebracht 
werden, als durch den ärztlichen Beistand. Ich 
freuc mich, hier sagen zu können, daß der deutsche 
  
Reichstag immer sehr freigebig gewesen ist, wenn 
es sich darum gehandelt hat, Mittel für die 
Förderung der Sanierungsarbeit in den Kolonien 
zu gewähren, und daß sich das Solidaritätsgefühl 
aller kolonisierenden Nationen in dieser Richtung 
mehr bekundet hat, als vielleicht in irgend einer 
anderen. 
Soviel über die Arbeit meines Vaterlandes 
in bezug auf Hygiene! Nun zu einer andern 
Sache, welche Sie wahrscheinlich ebenso interessieren 
wird, zur Frage des Baumwollbaues in den 
afrikanischen Besitzungen, sowohl in den groß- 
britannischen, als auch in denen meines Landes. 
Sie wissen, daß ich eben von einer Reise 
nach den baumwollerzeugenden Staaten der ame- 
rikanischen Union zurückgekehrt bin, und ich er- 
greife mit Freuden die Gelegenheit, bei dieser 
öffentlichen Veranstaltung allen, denen ich auf 
dieser Reise begegnet bin, gleichviel ob Beamten 
oder Privaten, meinen aufrichtigsten Dank aus- 
sprechen zu können für die Freundlichkeit, mit 
der sie mich ausgenommen, und für die große 
Unterstützung, die sie mir haben zu Teil werden 
lassen, endlich für die freimütige Art, mit der sie 
die Sachlage sowohl nach der starken wie nach 
der schwachen Seite hin erörtert haben. Aber 
dieses Gefühl der Dankbarkeit darf uns nicht dazu 
führen, zwei springende Punkte zu übersehen. Der 
eine liegt darin, daß die Vereinigten Staaten 
nicht genug Baumwolle für den Bedarf erzenugen, 
und der andere, daß sie — selbst abgesehen von 
zeitweiligen Ernteausfällen, die zu höheren Preisen 
führen — die Baumwolle zu teuer bauen. Mit 
der raschen Vermehrung der Bevölkerung Amerikas 
und der übrigen Welt, mit dem Eintritt von über 
50 Millionen afrikanischen Negern in den Konsum 
der Baumwollwaren, mit dem wachsenden Wohl- 
stand in der Welt, der die Leute in den Stand 
setzt, mehr und bessere Baumwollstoffe zu kaufen, 
hat die Herstellung von Baumwolle in den Ver- 
einigten Staaten nicht Schritt gehalten. Die Ursache 
der beiden erwähnten Tatsachen liegt weder in 
Nachlässigkeit noch in Mangel an Energie (zwei 
Dinge, die man unseren Freunden jenseits des 
Ozeans unmöglich zum Vorwurf machen kannz, 
sondern sie ist eine Folge natürlicher Verhältnisse 
und der historischen Entwicklung, wobei insbesondere 
auch die Arbeitskräfte, deren sie sich bedienen 
müssen, und ihr produktiver Wert eine Rolle 
spielen. Dazu kommt, daß der Umfang der 
Baumwollproduktion beträchtlich vermindert wird 
durch einige schädliche Insekten, die man bis 
dahin noch nicht wirksam hat bekämpfen können. 
Und obwohl das zur Baumwollkultur geeignete 
Areal noch längst nicht erschöpft ist, und die Re- 
gierung der Vereinigten Staaten sowohl in der 
Unterweisung, als auch in der landwirtschaftlichen
	        
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