Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

102 20 
schafft werden kann. Die Straußenzucht erfordert 
aber manche Erfahrungen, da das Aufbringen der 
jungen Strauße mit Schwierigkeiten verknüpft ist. 
Auch die Eingeborenenwirtschaft liefert eine 
größere Anzahl von Tiererzeugnissen, die für den 
Weltmarkt von Wichtigkeit sind. Im Jahre 1906 
war die Ausfuhr von Ziegenfellen und Rinder- 
häuten aus den Küstenorten des Victoria-Nyansa 
außerordentlich groß. Die Felle gehen zu 90 v. H. 
nach den Vereinigten Staaten, welche ihre eigenen 
Aufkäufer dort haben. Letzthin ist diese Ausfuhr 
wieder abgeflaut, einmal weil die Schwarzen 
eine richtige Behandlung der Häute noch nicht ver- 
stehen, vermutlich auch deshalb, weil der starke 
Export die im Lande vorhandenen Bestände zunächst 
stark ausgeräumt hat und schließlich wegen der 
Geschäftskrisis in den Vereinigten Staaten. Hier 
muß mit geeigneter Belehrung eingesetzt werden. 
Das außerordentlich viehreiche Ruanda kann ver- 
mutlich durch eine kurze Stichbahn vom Victoria- 
Nyansa nach dem schiffbaren Kagera erfolgreich 
eröffnet werden. Die dichte, intelligente und 
erwerbslustige Bevölkerung dieses Landes lädt 
dazu ein. Wegen der beim Bau kolonialer 
Bahnen aber gebotenen Vorsicht ist das Projekt 
zunächst zurückgestellt worden. 
Ein weiteres Produkt, welches für den Welt- 
markt von Bedeutung und gleichfalls tierischen 
Ursprungs ist, ist das Bienenwachs. Die Aus- 
fuhr aus Ostafrika ist heute schon sehr bedeutend. 
Sie betrug im Jahre 1907: 675 402 Kilo im 
Werte von 1 471 348 ./“ gegenüber 393 060 Kilo 
im Werte von 888 105 . im Jahre 1906. 
Sie wird sich steigern lassen, wenn die Ein- 
geborenen die Kostbarkeit der Bienen und die 
Notwendigkeit ihrer Erhaltung eingesehen haben 
werden, wenn sie infolgedessen ihre Gewinnungs- 
methode ändern und statt des die Bienen tötenden 
Ausräucherns andere Gewinnungsmethoden ein- 
führen. Die Vorkommen sind außerordentlich 
häufig und die Produktionsmöglichkeit wird ver- 
mehrt dadurch, daß die Eingeborenen an vielen 
Stellen künstliche Bienenstöcke, d. h. ausgehöhlte 
Klötze, aufhängen. 10 und 20 solcher Klötze an 
einem großen Baume sind keine Seltenheit. 
Schließlich ist von Interesse eine jetzt am 
Victoria-Nyansa vorhandene, noch in den Anfängen 
befindliche wirtschaftliche Tätigkeit, nämlich die Ge- 
winnung der Kokons des Seidenspinners, welcher 
die aus China her bekannte Tussaseide liefert. 
Obschon darüber kein Zweifel ist, daß das 
verfügbare Quantum erhebliche Exportmengen zu- 
läßt, steht doch noch dahin, ob die Gewinnungs- 
kosten einen lohnenden Betrieb gestatten werden. 
Ahnlich verhält es sich mit der Zucht der ge- 
wöhnlichen Seidenraupe, die wohl in Ost= und 
Südwestafrika versucht worden ist, aber daran 
  
scheitert, daß die als Pfleger allein verwendbaren 
Schwarzen sich an die für die Pflege notwendige 
Genauigkeit und Sorgfalt bisher nicht haben ge- 
wöhnen lassen. 
Von den Werten, welche aus der wilden 
Tierwelt gewonnen werden, will ich hier nicht 
sprechen; dies würde aus dem Thema der „in- 
dustriellen“ Fortschritte herausfallen. Nur so viel 
möchte ich sagen, daß durch geeignete Schutzmaß- 
regeln erreicht ist, daß jedenfalls die Elefanten 
sich sowohl in Kamerun wie in Ostafrika erheblich 
vermehren, besonders seit die Aasjägerei und die 
Jagd auf ganz junge Tiere verboten und unter 
Strafe gestellt ist. 
Ich wende mich nunmehr der bergbaulichen 
Tätigkeit zu und beginne mit Bergbauprodukten 
tierischen Ursprungs. Es ist bekannt, daß sich 
außerordentlich reiche Phosphatlager auf der 
Insel Nauru befinden, welche von der Pacific- 
Phosphat-Co, mit großem Nutzen verwertet 
werden. Die Gesellschaft zahlt jährlich mehr 
als 50 v. H. Dividende. Der Erfolg hat ein 
Bremer Syndikat veranlaßt, mit der Gründung 
der Deutschen Südsee-Phosphat-Gesellschaft auf 
den Palau-Inseln vorzugehen. Die Vorkommen 
find reich und leicht abbaufähig, so daß sich nicht 
nur nahezu die gesamte deutsche Düngemittel- 
Industrie beteiligt hat, sondern auch die Aktien 
zu einem Kurse von 200 v. H. in andere Hände 
übergegangen sind, noch ehe der erste Spaten- 
stich getan worden ist. Die Erwartung ist nicht 
ungerechtfertigt, daß durch die Beteiligung an 
dieser Gesellschaft dem Fiskus ein erheblicher 
Anteil des seinerzeit für die Inseln gezahlten Kauf- 
preises zurückerstattet wird. 
Nächstdem folgt heute schon im Werte die 
deutsche Diamantproduktion in Südwestafrika. 
Im allerersten Beginn stehend, sind in 4 Monaten 
ungefähr 40000 Karat im Werte von 1 100 000. 7 
gefördert worden, davon allein im Dezember 
12000 Karat im Werte von 330000 .M. Allem 
Anschein nach ist das Vorkommen nachhaltig, 
hat sehr geringe Produktionskosten und liefert 
eine sehr gute und klare, wenn auch kleine Ware. 
Das ist deshalb kein besonderer Nachteil, weil 
der Massenkonsum auch bei Diamanten in kleineren 
und deshalb billigeren Steinen liegt. 
An dritter Stelle figuriert Kupfer. Es handelt 
sich hier zunächst um die bekannten Stellen in 
Otavi, die aber neuerdings um die bei Guchab 
gelegenen reichen Kupfervorkommen vermehrt 
worden sind. Sonst wird noch Kupfer in Otji- 
songati und anderen kleineren Stellen im Schurtz- 
gebiet gefördert. Ein größeres Kupfernnternehmen 
im Rehobother Bezirk ist dieser Tage zustande ge- 
kommen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.