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Werte von 3 150 000 “ eingeführt worden.
Daneben bestehen im Lande 9 Brauereien. Daß
gerade hier noch vieles verbesserungsfähig ist,
gibt jeder Einsichtige im Schutzgebiet zu.
Aus der geschilderten Gesamtlage der Weißen
erklärt sich auch der starke Wunsch nach Anteil-
nahme an den öffentlichen Geschäften; er kann
nicht, wie anderswo, lediglich mit der Ver-
teidigung der eigenen Interessen motiviert werden.
Die Verwaltung wünscht dem, soweit nach
Reichsverfassung und der bestehenden Rechts-
ordnung möglich, Rechnung zu tragen. Die
Anfänge einer Selbstverwaltung, welche aus
Wahlen hervorgeht, sind durch Verordnungen
eingeführt. Kommunale Verbände sind über-
all vorgesehen und Hhäödtische Verwaltungen
werden demnächst an vielen Plätzen einsetzen.
Bei der Gestaltung der Schule ist den Ansiedlern
ein gewichtiges Wort gesichert. Handelskammern
für die größeren Plätze werden ebenso wie die
bereits erwähnten Landwirtschaftskammern ein-
geführt. Das genossenschaftliche Leben ist im er-
freulichen Ausblühen. Vereine existieren in jeder
Form und werden gefördert. Freilich das wich-
tigste, die Bestimmung über die zu tragenden
Lasten, also ein ausschlaggebender Einfluß auf den
Etat, kann nicht gewährt werden; der Etat ist zu
eng verknüpft mit den Reichsfinanzen. Aber es
stellen sich auch noch andere, in der gegenwärtigen
geringen Entwicklung des Schutzgebietes liegende
Hindernisse entgegen. Eine Selbstverwaltung,
welche den Beamtenkörper nicht aus den im
Lande Ansässigen selbst schaffen kann, wird nie ein
zusammengewachsenes Ganzes bilden. Man kann
nicht nur dirigieren, man muß auch ausführen.
Eine Selbstverwaltung setzt ferner mindestens zwei
sich gegenseitig die Wage haltende Körperschaften
voraus, die heute nicht gebildet werden können.
Auch stellen die pekuniären Interessen der Heimat,
insbesondere infolge der ungeheuren noch un-
verkauften, der Regierung gehörigen Strecken,
derartige Vermögensobjekte dar, daß eine Verfügung
irgendwelcher Art darüber anderen nicht gewährt
werden kann. 90 v. H. des Landes befinden sich
noch im unverkauften Besitz der Regierung und
der Gesellschaften. Eine gerechte Verteilung nach den
Interessen würde demnach auch hier der Regierung
einen überwiegenden Einfluß geben. Aber es
wird richtig sein, die Bevölkerung mehr als bisher
beratend heranzuziehen und vor allem bei allen
Dingen des öffentlichen Wohls, wie Hafenanlagen
und Bahnen, besonders wo die Verzinsung späterhin
dem Schutzgebiet auferlegt wird, nichts ohne die
Zustimmung der Landesvertretung zu unternehmen
und deren Initiative einen breiten Raum zu lassen.
Schließlich aber wird die Heimat gut tun,
der Anfiedlung von Leuten der gebildeteren
Klassen möglichst die Wege zu öffnen. Jusbe-
sondere wird das Verbot für Beamte, sich Grund-
besitz zu erwerben und demnach im neuen Lande
heimisch und mit der Bevölkerung durch gemein-
same Interessen verwachsen zu werden, aufzu-
heben, dem Mangel an höheren Lehranstalten,
Universitäten usw. wird durch Beihilfen an solche
im Schutzgebiet geborene junge Leute abzuhelfen
sein, welche dafür dem Staat oder der Selbstver-
waltung eine gewisse Zeit ihre Dienste leihen. So
wären demöffentlichen Sinn Wege zu eröffnen, welche
dahin führen werden, daß neben dem Streben für
das persönliche Fortkommen noch mehr als bisher
der Sinn für das Allgemeinwohl gestärkt wird. Daß
alle diese Anregungen auf einen sehr fruchtbaren
Boden fallen und dankbar angenommen werden,
daß die übertragenen Funktionen, denen man
auch die Entwicklung der Wassererschließung, der,
Landvermessung, der Veterinärpolizei und die Aus-
übung der niederen Gerichtsbarkeit unter den
Weißen hinzufügen darf, gut gehandhabt werden
werden, davon bin ich durch meinen persönlichen
Verkehr mit unseren Landsleuten überzeugt. Daran
hat auch die Heimat das größte Interesse.
Der aus Deutschland kommende Beamte bleibrt
ein Fremdkörper; er ist teurer und mangels hin-
reichender Erfahrung mindestens im Anfang nicht
sehr leistungsfähig. Je stärker Selbstverwaltungs-
organe geschaffen werden, desto wohlfeiler wird
die Verwaltung, desto geringer die finanzielle
Belastung des Reichs.
Ich komme jetzt auf die Verkehrswege und
mache gern das Geständnis, daß ich mich hin-
sichtlich der für Swakopmund notwendigen An-
lage im Vorjahre getäuscht habe. Der Verkehr
ist keineswegs derartig, daß ein so kostspieliger
Bau, wie ihn eine sich zum Hafen auswachsende
Mole gebildet hätte, erforderlich wäre; die auf-
zuwendenden Lasten würden jedenfalls die Kräfte
des Schutzgebiets überstiegen haben, so daß mit dem
Bau einer soliden eisernen Brücke dem Verkehrs-
bedürfnis auf Jahre hinaus genügt werden kann.
Die Eisenbahnen entwickeln sich gut. Die
Otavi-Bahn hat 9 v. H. aus dem Eisenbahn-
betriebe allein verdient, wobei allerdings über
die Frachtsätze noch ziemlich geklagt wurde, teil-
weise mit Recht. Der Zustand ist in der Besse-
rung begriffen. Ein Umbau der Staatsbahn
wird für die Strecke Karibib—Windhuk verlangt
werden müssen. Er wird zusammen mit anderen
Maßnahmen nicht nur die Kosten des Umbaues
verzinsen, sondern wohl auch einen angemessenen
Kapitalüberschuß gestatten. Die Entwicklung der
Südbahn ist gut. Hatten wir im vorigen Jahre
damit gerechnet, daß ein erheblicher Betriebszuschuß
erforderlich sein würde, so wird man jetzt annehmen
können, daß, besonders wenn die Bahn mit dem