Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Es handelt sich dabei im wesentlichen um Ge- 
biete, in denen der Pflanzer in der günstigen 
Lage ist, den Kautschuk aus größeren Mengen 
frisch gesammelter Milch zu gewinnen, in 
denen alle jene störenden Momente in Wegfall 
kommen, die mit dem Eintrocknen des Milchsaftes 
am Baum verbunden sind. Aber es handelt sich 
dort auch mit wenigen Ausnahmen um die höchst- 
wertige aller Kautschukarten, um das Produkt des 
Parakautschukbaums, Hevea brasiliensis. 
Ehe ich jedoch auf die wirtschaftliche Bedeu- 
tung dieses Zweiges der Kautschukkultur ein- 
gehe, mögen die verschiedenen Aufmachungen des 
Rohmaterials aus den oben genannten Pro- 
duktionsgebieten etwas eingehender erläutert 
werden. 
Die durch Koagulierung des frischen Milch- 
saftes mittels verschiedener chemischer Agentien 
— vorwiegend aber mit Essigsäure — gewonnene 
Kautschukmasse gelangt zunächst in Wasch- 
maschinen, in denen fie unter reichlichem Zu- 
strom von Wasser gewisse Zeit gründlich gewaschen 
wird. Um das Wasser zu entfernen, wird der 
Kautschuk nunmehr zwischen Stahlwalzen ma- 
schinell ausgepreßt, wobei je nach der Oberflächen= 
beschaffenheit der Walzen verschieden gestaltete, 
mehr oder weniger dünne Felle resultieren. Das 
nachhaltige Waschen führt nicht nur zur Beseiti- 
gung aller gröberen Verunreinigungen, wie der 
Rindenteile usw., sondern auch — und darin 
liegt ein sehr wesentlicher Vorteil — zur Ent- 
fernung eines Teiles der fäulnisfähigen Sub- 
stanzen, insbesondere der dem Kautschukmilchsaft 
eigenen Eiweißstoffe. Die mit dem Wasser, durch 
die Luft oder die Hände der Arbeiter reichlich 
zugeführten Fäulniserreger müssen unwirksam 
und bedeutungslos bleiben, wenn sie kein ge- 
eignetes Nährsubstrat in der Kautschukmasse mehr 
vorfinden. Aus diesem Grunde wird ein derart 
vorbearbeiteter Kautschuk, selbst wenn ihm nicht 
alles Wasser entzogen wird, später niemals die 
bekannten üblen Zersetzungserscheinungen aufweisen 
können, die ein ungereinigtes und bei der Koagu- 
lierung ungenügend desinfiziertes Produkt so häufig 
wahrnehmen läßt. 
Auf der Malaiischen Halbinsel werden in 
jüngeren Plantagen, die noch nicht über die, eine 
maschinelle Bearbeitung rentierende Menge von 
Milch verfügen und daher mit Handbetrieb 
arbeiten, meist sogenannte „Biskuits“ hergestellt, 
runde Platten von wenigen Millimetern Dicke, 
gewonnen durch Auskneten und Auswaschen der 
abgerahmten Kautschukmasse mit der Hand und 
nachfolgende, weniger intensive Pressung. Aber 
auch anderwärts werden „Biskuits“ hergestellt, 
und zwar eine Ware von hoher Vollkommenheit. 
Die verschiedenen Muster aus Para-Kautschuk 
  
zeigten alle Farbenabstufungen von hellgelb bis 
dunkelbrann; die aus Travancore stammenden 
Biskuits von Castilloa= und Cears-Kautschuk 
konnten einen Vergleich mit den Para-Mustern 
gleicher Herkunft nicht bestehen. 
Zur Zeit sollen in Ceylon die auf der Aus- 
stellung viel bewunderten hellgelblichen Para- 
Biskuits der Pflanzung Wariapolla — eine 
eigene Handelsmarke — die höchsten Preise er- 
zielen. Der Kautschuk wird auf dieser Unter- 
nehmung mit heißem Wasser behandelt, eine 
Methode, die jetzt vielfach in Aufnahme gekommen 
ist, da sie zur Erzielung eines besonders hellen 
Produktes führt, die aber — wie man mir sagte 
— eine sehr exakte Handhabung verlangt. 
Der bekannte Kautschukchemiker Herr Kelway 
Bamber aus Ceylon hat sich bereits wiederholt 
über diese Methode geäußert; den verschiedenen 
Referaten in der „Gummi-Zeitung“" ist folgendes zu 
entnehmen: Das Erhitzen kann auf verschiedene Weise 
ausgeführt werden. Entweder man leitet in den 
Milchsaft Dampf ein, bis die Temperatur auf 80°.C 
gestiegen ist, und hält die Flüssigkeit 15 Minuten 
oder auch länger auf dieser Temperatur, bis eine 
Koagulierung des Kautschuks eingetreten ist. Oder 
aber man taucht die Biskuits, Sheets oder Felle, 
unmittelbar nachdem sie die Walze verlassen 
haben, unter ständigem Umrühren einige Minuten 
lang in Wasser dieser Temperatur, walzt sie 
dann nochmals zu der gewünschten Stärke aus 
und bringt sie wiederum für kurze Zeit in Wasser 
von dem erwähnten Hitzegrad. Endlich kann 
man zum Waschen heißes Wasser benutzen oder 
auch zwischen mit Dampf erhitzten Zylindern 
walzen. 
Ein mit dem Heißwasserverfahren erhitzter 
Kautschuk hat angeblich in London immer einen 
um 4 Pence höheren Preis erzielt als andere 
Ware. 
Das Erhitzen verfolgt den Zweck, oxydierende 
Enzyme, denen man einen hochgradigen Einfluß 
auf das Nachdunkeln des Kautschuks zuschreibt, 
zu zerstören, doch sind die Ansichten über die 
hierbei sich abspielenden komplizierten Vorgänge 
noch keineswegs geklärt. Jedenfalls aber verbindet 
sich mit dieser Methode der große Vorteil, daß 
die Hauptmenge aller in der Masse befindlichen 
Fäulniserreger abgetötet wird. 
Wo ein vervollkommneter Maschinenbetrieb 
für das Waschen und die Entfernung des Wassers 
zur Verfügung steht, werden „Sheets“ oder 
„Crépes“ hergestellt. 
Unter „Sheets“ versteht man Platten von 
etwa der gleichen Dicke wie die der Biskuits, aber 
  
  
*) Agl. Bd. 23 (1908) S. 381 und „Export-Nummer“ 
vom 27. November 1908 S. 247. 
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