Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Die Guttaperchakultur hat bekanntlich in der 
Gouvernementspflanzung Tjipetir in Westjava 
eine geradezu klassische Stätte der Ausbildung 
gefunden. Dort find im Laufe der letzten 25 Jahre 
ganze Wälder reiner Guttabestände emporgewachsen 
und das Studium der einzelnen Guttapflanzen 
und der Guttagewinnung ist mit vorbildlichem 
Eifer und vollendeter Sachkenntnis betrieben 
worden, wobei in vieler Hinsicht eine wesentliche 
Vervollkommnung der Methodik erreicht wurde. 
Nachdem ich vor sechs Jahren in Tjipetir 
selbst Studien über die Guttaperchakultur machen 
durfte, war es mir eine Freude, diese Muster- 
pflanzung auf der Londoner Ausstellung so würdig 
vertreten zu sehen. In prächtigen, umfangreichen 
Stücken waren die einzelnen Guttasorten aus- 
gelegt, und vortreffliche Abbildungen an den 
Wänden zeigten die dortigen Kulturen, so z. B. 
Wälder von Palaguium oblongifolium im 
Alter von 22½ und von P. borneense im 
Alter von 23½ Jahren. 
Je Tjipetir scheint jetzt ein Überfluß an Pa- 
lagqguiumsaat zu herrschen, da man diese neuer- 
dings zur Darstellung von Fett verwendet. Die 
Ausstellung zeigte große Blöcke des Fettes, das 
sich durch einen hohen Gehalt an Stearinsäure 
auszeichnet. 
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf 
ein analog gewonnenes Nebenprodukt der 
Heveakultur aufmerksam machen. Es handelt 
sich um das fette Ol der Heveasamen, 
welches angeblich schnell trocknen soll und das 
man an Stelle von Leinöl zur Herstellung von 
Firnissen für die Malerei verwenden zu können 
hofft. In der Straits-Gruppe waren Proben da- 
von ausgestellt worden. 
Balata, ein bekanntlich zur Anfertigung von 
Treibriemen hervorragend geeignetes Material, 
hatten die Ursprungsländer Britisch= und Hol- 
ländisch-Guyana in ansehnlichen Mengen ge- 
liefert. In Kultur scheint der Balatabaum 
anderwärts nicht genommen worden zu sein, 
wenigstens nicht plantagenmäßig. Wo man ihn, 
wie in Kamerun und Neu-Guinea, anbauen 
könnte, wird man sich bei der Wahl zwischen 
Balata und Para-Kautschuk natürlich immer zu- 
gunsten des letzteren entscheiden. 
Harze, namentlich Copale und Dammar, 
waren in schönen Kollektionen vertreten. Be- 
sonders hatte das Kolonialmuseum in Haar- 
lem vieles von seinen reichen Schätzen gesandt; 
die gängigen Handelssorten führte die Firma 
Weise & Co. in Rotterdam vor. 
Maschinen. Reiche Anregung bot noch die 
Maschinenabteilung und hier in erster Linie 
  
die zur Herstellung der oben beschriebenen neueren 
Aufmachungen von Rohkautschuk im Plantagen- 
betrieb verwendeten Maschinen. Namentlich die 
Firmen Francis Shaw in Manchester und 
David Bridge & Co. in Castleton hatten finn- 
reich konstruierte Modelle von Waschmaschinen und 
Apparaten zur Anfertigung von Sheets, Creépes 
und Blocks ausgestellt und, wie bereits erwähnt, 
teilweise im Betrieb vorgeführt. 
Auch einige andere englische Firmen waren 
vertreten, während die deutsche Industrie, die ja 
bekanntlich auf diesem Gebiete in weitem Umfange 
für die heimischen Kautschukfabriken arbeitet, sich 
nicht beteiligt hatte. 
In erstaunlicher Fülle waren Geräte zum 
Anzapfen der Kautschukbäume geliefert 
worden. Mit geringfügigen Ausnahmen handelte 
es sich um Instrumente speziell zum Gebrauch bei 
Hevea. Sie lassen sich im wesentlichen in drei 
Klassen sondern: 1. Messer oder Hohlmeißel in allen 
möglichen Konstruktionen und Breiten zur Herstel- 
lung der ersten Kanäle für Spiral= oder Gräten- 
schnitt; 2. Kratzer, um die Seitenkanäle an der 
unteren Grenze schärfer auszukanten, damit die 
Milch nicht darüber hinaustritt; 3. Punktierinstru- 
mente je nach Dicke der Rinde verstellbar, um 
auch die tiefer gelegenen Milchsaftschläuche zum 
Ausfluß zu bringen. 
Da es unmöglich ist, die verschiedenen, zum 
Teil sicherlich schon gut erprobten Systeme an- 
schaulich zu beschreiben, muß ich mich darauf 
beschränken, Interessenten auf die illustrierten 
Kataloge der Firma Walker, Sons & Co. Ltd. 
in Colombo und Kandy (Ceylon)") und der 
Rosehaugh Tea and Rubber Comp. Ltd. 
in Kalutara und Matale (Ceylon) zu verweisen. 
Über die gegenwärtige Lage der Kaut- 
schukproduktion und ihre mutmaßliche Ge- 
staltung in der näheren Zukunft haben sich 
gerade in letzter Zeit, teilweise auch angeregt durch 
die Londoner Ausstellung, namhafte Sachverständige 
geäußert.““) Es erscheint mir daher überflüssig, 
hier nochmals mit einer derartigen Betrachtung und 
Berechnung aufzuwarten, und zwar umsomehr, als 
die Richtlinien für die Zukunft der plantagenmäßigen 
Gummigewinnung in den deutschen Schutzgebieten 
durch die heutige Sachlage mit aller Klarheit 
vorgezeichnet werden. Mögen sich die in gewissen 
fremden Produktionsgebieten auf die eigene 
Gummierzeugung und auf die allgemeine Ge- 
staltung des Gummihandels gehegten Hoffnungen 
*) Agentur in London E.C. 36 Basinghall St 
) Vgl. u. a. Sandmann, „Tropenpflanzer" 1908 
Nr. 9: Soskin, Beihefte zum „Tropenpflanzer" 1908; 
W. Freudenberg, „Gummi-Zeitung“ Band 23, Nr. 3 
und Nr. 16; Berkhout, „Tropenpflanzer" 1909 Nr. 2.
	        
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