W 284
englischen Nachbargebiete zeigt, daß auch in den
letzteren die Entfaltung in den ersten Zeiten der
Kolonisation nicht schneller vor sich gegangen ist,
als in unseren Gebieten. Der Vorsprung, den
sie zum Teil heute vor unseren Schutzgebieten
haben, ist bei der vielfach vorhandenen Gleich-
artigkeit der äußeren Vorbedingungen im wesent-
lichen auf den früheren Beginn und die ziel-
bewußte Verfolgung der wirtschaftlichen Erschließung
zurückzuführen, insbesondere auf die rechtzeitige
Schaffung von brauchbaren Verkehrsmitteln, vor
allem Eisenbahnen. Im Jahre 1890 besaß
England in Afrika bereits 3592 km, Frankreich
3456 km Eisenbahnen; Deutschland 0 km. Zehn
Jahre später (1900) stellte sich das Verhältnis
folgendermaßen: England 7177 km, Frankreich
4567 km, Deutschland 568 km. Und im Jahre
1906 war das Mißverhältnis, besonders England
#r
gegenüber, noch viel stärker geworden; es besaßen
in diesem Jahre England 14 677 km, Frankreich
6090 km, Deutschland 1814 km Eisenbahnen in
Afrika — ein Unterschied, der keineswegs in ab-
weichenden Größenverhältnissen seine Erklärung
findet, denn der afrikanische Kolonialbesitz Eng-
lands umfaßt rund 5,0, der Frankreichs 5,2,
der Deutschlands 2,4 Millionen qkm. Die
Tatsache, daß der Deutsche Reichstag im Mai 1908
1459 km neuer Bahnen für die Kolonien bewilligt
hat, wird zur Folge haben, daß Deutschland nach
ihrer Fertigstellung insgesamt (einschließlich der
Pflanzungsbahnen) über rund 3600 km Kolonial=
bahnen verfügt. Es wird freilich auch dann
erst wenig mehr als die Hälfte der heutigen
Bahnlänge der vier englischen Nachbarkolonien
haben, wie die nachstehende Zusammenstellung
zeigt.
Eisenbahnen in den deutschen Kolonien und in ihren englischen Nachbarkolonien.
1*“ Bahnen ir in k km ni *½ B
Flächen- Flächen- l Bahnen
Name der Kolonie inhalt im Bau Name der Kolonie inhalt (fertig
im Betrieb bzw. insgesamt ç dder
6 i
Togo 87 200 164 175 339 Goldküste 310 076 270
RNamerun. 495 600 —. 520 520 (Kolonie u. Protektorat) I
Süd-Nigeria. 867 360 309
Deutsch-Südwestafrika35 100 1 486 113 1 5099 Kapkolonie . 720187lökk76
Deutsch-Ostafrika 995 000 338 744 1 082 „Britisch-Ostafrika (und
. llgandasttektotay1041568 940
19881552 3 540 6895
Immerhin wird der Ausbau von Eisenbahnen
selbst in dem Umfange, wie er zur Zeit geplant
ist, auf die wirtschaftliche Entwicklung unserer
Schutzgebiete von größtem Einflusse sein. Erstens
verbilligt die Eisenbahn den Transport ganz
außerordentlich. Unter den jetzigen Verhältnissen
ist noch der Mensch in unseren Kolonialgebieten
(mit Ausnahme von Südwestafrika, wo vielfach
Ochsenwagen verwendet werden) weitaus das
gebräuchlichste Beförderungsmittel. Die Kosten
des auf diese Art bewerkstelligten Gütertransports
sind natürlich nicht überall gleich; sie bewegen
sich nach sachkundigen Angaben in unseren Kolonien
zwischen 100 und 150 Pfennigen 3) für den Tonnen-
kilometer (d. h. für den Transport einer Tonne
Last über eine Entfernung von 1000 m). Bei
Ochsenwagen stellen sich die Transportkosten auf
31 bis 80, bei Kamelen auf 12 bis 27 Pf.,)
125 Die Sigibahn in
jedoch sind diese Beförderungsarten nur in be-
schränktem Umfang anwendbar. Die Eisenbahn
verbilligt den Transport bis auf ½0 und weniger,
bzw. auf 4 bis 8 Pf. 3) für den Tonnenkilometer.
So erfordert z. B. die Beförderung von Lasten
von dem deutschen Muansa am Wiktoriasee nach
der Küste auf dem direkten Trägerwege das
Dreizehnfache der Beförderungskosten über den
anderthalbmal so langen Weg Aiktoriasee—
Ugandabahn, ein Umstand, von welchem beiläufig
die englische Ugandabahn den meisten Nutzen
hat. Es bedarf ferner kaum der Erwähnung, daß
der Eisenbahntransport gegenüber dem Träger-
transport der bei weitem zuverlässigere ist. Dazu
kommt die Beschleunigung des Transports durch
die Eisenbahn, die gegenüber der bisherigen Be-
förderungsmethode das 20-bis 40fache beträgt. Die
Strecke vom Tanganjikasee bis zur Küste nach Baga-
Ostafrika (23 km) und die Viktoria-Pflaun zungsbahn in Kamernn (55 km)j sind in
der Zusammenstellung nicht berücksichtigt, da ihnen als schmalspurige Pflan zungsbahnen eine allgemeine Be-
deutung für den Verkehr nicht zukommt.
2) Mfang 1908 im Bau:
der Rinderpest 1 tkm per Ochsenwagen 225 Pf.
Ibadan—Oshogbo in Nigeria (108 km).
3) Diese Zahlen haben selbstverständlich nur relative Bedeutung:
Umständen noch niedriger, unter ungünstigen Verhältnissen erheblich höher sein.
sie können unter günstigen örtlichen
So kostete in Transvaal nach