Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Im ganzen verfügte er 1905 über rund 
700 Mann Feldtruppen. Den Kern bildeten 
weiße Soldaten und eine Mozambique-Kompagnie. 
Eingeborene Angola-Truppen wurden fast nur zu 
Besatzungszwecken verwendet. Etwa 1000 frei- 
willige Hilfsmannschaften der Eingeborenenstämme 
und 70 Buren begleiteten die Feldtruppe. Mit 
diesen Kräften hat Hauptmann Rocadas die por- 
tugiesische Herrschaft auf dem rechten Kunene-Ufer 
ohne neunenswerte Kämpfe wiederhergestellt und 
durch Anlage der neuen befestigten Posten Mu- 
londo und Donguena geseichert. 
Schon bei diesen Unternehmungen zeigen sich 
wesentliche Fortschritte gegen 1904. Sämtliche 
weiße Mannschaften waren inzwischen mit dem 
Kropatscheck-Gewehr ausgerüstet worden, und die 
regulären Eingeborenen hatten statt der schlechten 
Syyder-Gewehre neu angekaufte Henry-Martini- 
Gewehre erhalten. Die Artillerie wies allerdings 
dieselben Mängel wie 1904 auf. Bei Mulondo, 
das einzige Mal, wo sie zur Tätigkeit kam, ver- 
sagten beide mitgeführten Kanonen nach wenigen 
Schüssen. " 
Die Verpflegung war, für die einzelnen Ope- 
rationsabschnitte verteilt, in den befestigten Plätzen 
Gambos, Humbe und Quiteve im voraus bereit- 
gelegt. Zur Erleichterung des Nachschubes von 
Mossamedes über die Durststrecke bis zum Schella- 
Gebirge hatte man den Bau einer Feldbahn von 
60 cm Spurweite in Angriff genommen, doch 
schritten die Arbeiten nur sehr langsam vorwärts.“) 
Für 1906 war der entscheidende Schlag ge- 
plant. Man wollte endgültig die portugiesische 
Herrschaft im Ovambolande aufrichten. 4500 Mann, 
darunter 2000 Europäer, sollten dazu verwendet 
werden. In der Heimat wie in Angola waren 
die Vorbereitungen schon in vollem Gange; eine 
Batterie Rohrrücklaufgeschütze von Ehrhardt, 
Telegraphen= und Lichtsignalgerät, ein Fesselballon 
und Lastkraftwagen waren bestellt und zum Teil 
auch schon beschafft. Der Bahnbau war bis zum 
Kilometer 41 fortgeschritten. Die europäischen 
Truppen versammelten sich in Lissabon zur Ein- 
schiffung. Da wechselte das Ministerium, und die 
Unternehmung, für deren Vorbereitung schon etwa 
vier Millionen Mark verausgabt waren, wurde 
wieder aufgegeben. 
Der Plan, alle Ovambostämme auf einmal 
durch einen Feldzug niederzuwersen, ist seitdem 
nicht wieder ausgenommen worden. Man hat sich 
entschlossen, die Frage durch allmähliches Vor- 
  
  
*) Von 1905 bis Ende 1908 wurden nach und nach 
126 km fertiggestellt. Der Bau unserer fast fünfmal 
so langen und über schwieriges Gelände führenden 
Otavibahn nahm weniger Zeit in Anspruch. 
  
schieben von Militärposten zu lösen und sich im 
übrigen auf eine Bestrafung des Kuamatostammes 
zu beschränken, in dessen Gebiet der Überfall von 
1904 stattgefunden hatte. Zunächst sollte dazu 
eine Reihe weiterer Posten am Kunene und am 
Kubango angelegt werden, um das Ovambogebiet 
nach allen Seiten abzuschließen. 
Indes auch für diese beschränkte Aufgabe 
wurden die Truppen in Südangola wesentlich 
verstärkt durch Errichtung einer zweiten Europäer= 
Kompagnie, einer zweiten Dragoner-Eskadron und 
von zwei neuen Eingeborenen-Kompagnien. Die 
letzteren lösten sich allerdings durch Massendesertionen 
zunächst fast vollständig wieder auf. Im ganzen 
verfügte Hauptmann Rocadas 1906 aber doch 
über rund 1800 Mann, darunter 800 Weiße, 
mit acht Geschützen und fünf Maschinengewehren. 
Ein großer Teil dieser Truppen war mit der 
Eigenart des Geländes und der Kriegführung 
vertraut, da er noch vom Jahre 1905 her am 
Kunene stand. 
Zu größeren Unternehmungen kam es jedoch 
auch 1906 nicht. Am Kubango geschah, soweit 
bekannt, überhaupt nichts, und am Kunene be- 
gnügte man sich, bei Humbe den Posten Mozam- 
bique und gegenüber auf dem anderen Kunene- 
Ufer die Feste Rocadas anzulegen. Beide wurden 
durch eine Brücke miteinander verbunden. Auf 
dem Flusse, der von Mulondo bis Donguena 
schiffbar ist, wurde ein Dampfboot stationiert. 
Mit dem Gegner kamen nur einzelne vorgeschobene 
Abteilungen in Berührung. 
Gleichzeitig versuchten die Portugiesen durch 
Unterhandlungen die Ovambostämme voneinander 
zu trennen und sich mit einzelnen friedlich abzu- 
finden. Der schon 1905 bei den Evales unter- 
nommene Versuch war zwar mißglückt, doch 
wiederholte man ihn trotzdem 1906 bei den 
Kuanjamas, dem mächtigsten und zahlreichsten 
der Stämme. Die Portugiesen erreichten einige 
Zusicherungen — unter anderem die Erlaubnis 
zur Anlage eines Militärpostens nahe der deutschen 
Grenze —, die jedoch, soweit bekannt, bisher nicht 
eingelöst worden sind. Der Hauptzweck der Unter- 
handlungen aber, die einzelnen Stämme vonein- 
ander zu trennen, ist zum mindesten nur sehr 
unvollkommen erreicht worden, denn 1907 traten 
den Portugiesen in den ersten Gefechten wieder 
Angehörige fast aller Stämme entgegen. 
Mit den Unterhandlungen war beidemal der 
Chef des Stabes betraut worden. Er sollte als 
Nebenzweck über Land und Leute Nachrichten 
sammeln, deren gänzliches Fehlen sich sehr fühlbar 
machte. 
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