G 505 20
sachen Zwischenhandels zu tragen haben. Wo
letzteres der Fall ist, steigen die Arbeitslöhne auf
exorbitante Höhen. Während in den Mittelstaaten
z. B. Cear, Maranhso, Pernambruco, Bahia usw.,
dort, wo auch Nahrungsmittel erzeugt werden, be-
sonders im Innern des Landes, wo die Bedürf-
nisse der Arbeiter an eingeführten Waren verhält-
nismäßig gering sind, der Landarbeiter je nach
Jahreszeit und Angebot mit 600 bis 2500 Reis
pro Tag bezahlt wird, zahlt man im Amazonas-
gebiet, wo die Produktion von Nahrungsmitteln
fast vollständig fehlt, einem Manne etwa 8000 Reis
pro Tag. Auch in den Küstenstädten wechselt in
ähnlicher Weise der Arbeitslohn. So zahlt man
5. B. in Bahia und Pernambuco einem Arbeiter
etwa 2000 bis 3000 Reis pro Tag, während in
Belem-Parä und Mandos ein Arbeiter etwa
10 000 Reis bekommt. Trotz dieser hohen Löhne
herrscht dort meist Arbeitermangel.
Infolge der großen Differenz der Arbeitslöhne
in den einzelnen Staaten tritt eine periodische Zu-
wanderung der Arbeiter einer Gegend nach der
anderen ein. Ebenso besteht eine periodische Zu-
wanderung von Arbeitskräften aus dem Auslande.
Innerhalb des Landes tritt die Abwanderung der
Arbeiter besonders dort auf, wo, wie z. B. im
Staate Cear4, oftmals Dürre herrscht, die zu Ar-
beitslosigkeit und großer Not führt. Meist ziehen
dann die Arbeiter, ohne ihre Familien mitzunehmen,
in andere Gegenden und kehren, sobald es ihnen
möglich ist, in ihre Heimat zurück. In den
Gegenden mit höherem Arbeitslohn, wie im
Amazonasgebiet, ist die Lebenshaltung so viel
teurer, daß selbst der hohe Arbeitslohn kaum aus-
reicht, den Arbeiter und seine Familie zu ernähren
und noch weniger, um ihm einen Uberschuß zu
lassen, der die Reise= und Ubersiedelungskosten
deckt. Vielsach treten in Gegenden, in denen aus
den angesührten Gründen eine Abwanderung der
Arbeiter vorauszusehen ist, Agenten auf, welche die
Arbeiter engagieren und ihnen einen Vorschuß auf
ihren kommenden Verdienst geben. Mit einem Teil
dieses Vorschusses werden von den meist mittellosen
Leuten die Reisekosten gedeckt; eine weitere Summe
wird der Familie zurückgelassen, um sie vor der
dringendsten Not zu bewahren. Sobald der Arbeiter
nach einer oder mehreren Arbeitsperioden einige
Ersparnisse gemacht hat, kehrt er, wenn irgend
möglich, wieder zu seiner Familie in die Heimat
zurück.
Auch die vom Auslande, Portugal, Spanien
und besonders Italien, zugewanderten Arbeiter
bleiben nur vorübergehend in Brasilien. Bei
höherem Arbeitslohn und sparsamer Wirtschaft
hoffen sie etwas zu erübrigen. Sobald sie aber
eine Summe zusammen haben, die sie befähigt,
unter billigeren Lebensbedingungen eine bequemere
Existenz in ihrer Heimat zu führen, kehren sie
dorthin zurück. In dieser Absicht senden sie auch
alles erübrigte Kapital in die Heimat; es ist keine
unbedeutende Summe, die auf diesem Wege den
Staaten entzogen wird.
Die Auswanderung des Kapitals wird von den
brasilianischen Banken sehr empfunden. Nicht nur
die Arbeiter, sondern auch alle anderen Ausländer
und selbst viele Brasilianer suchen ihr Kapital, zum
Teil weil sie glauben, es sei dort sicherer, im
Auslande zu placieren. Anderseits muß zu fast
allen größeren Unternehmungen ausländisches Kapital
herangezogen werden.
Brasilien hat Papierwährung, und zwar sind
1000 Reis 1 Milreis und 1000 Milreis
— 1 Conto de Reis. Der Goldkurs eines Mil-
reis beträgt 27 Pence, jedoch ist das nur als
Umrechnungskurs zu betrachten, da die Zölle selbst
da, wo sie in Goldkurs angesetzt sind, in Papier
gezahlt werden. Der Kurs des Papier-Milreis
war bis vor einigen Jahren außerordentlich
schwankend und stellte sich im Verhältnis zu eng-
lischer Währung zwischen 11 bis 17 Pence. Um
diesen Schwankungen, die oft durch Spekulation
zum Schaden des Landes hervorgerufen wurden.
entgegen zu arbeiten, ist von der Bundesregierung
eine Konversionskasse eingerichtet worden, die den
Wert der Papier-Milreis auf 15 Pernce festhalten
soll. Der Konversionskasse ist es gelungen, wenig-
stens größere Schwankungen des Kurses zu ver-
hindern.
Die Nationalbank von Brasilien, die der
Leitung des Finanzministers untersteht, ist die
Banco do Brazil, welche mit einem Kapital von
70 000 Conto de Reis arbeitet. Außer dieser be-
steht noch eine größere Anzahl von Banken, so
die London and Brazilian Bank Ltd. mit einem
Kapital von 1 500 000 K und einem Reservefonds
von 700 000 K, die London and River Plat Bank
Lid. mit einem Kapital von 1 500 000 2 und
einem Reservefonds von 1.000 000 S, die Banco
do Commercio mit einem Kapital von 13 000 Conto
de Reis und einem Reservefonds von 2720 Conto
de Reis, die brasilianische Bank für Deutschland
mit einem Kapital von 10 000 000 HKx, The
British Bank of South America mit einem Kapital
von 1 000 000 8 und Reserve von 375 000 2E,
die Banco Commercio do Rio de Janeiro mit
Kapital von 10 000 Conto de Reis und Reserve
von 2000 Conto de Reis, die Banque Belge de
Préts Fongiêres mit 12 000 000 Francs Kapital
und mehrere andere.
Die Hauptproduktion liefert fast in allen
Staaten die Land= und Forstwirtschaft. In einigen
Staaten werden auch Mineralien und Metalle ge-
wonnen. Industrie ist dagegen nur wenig vor-
handen. Sie deckt nur zum geringen Teil die
Bedürfnisse des eigenen Landes, der größere Teil.
aller Industrieprodukte muß importiert werden.
Soweit Industrie in Frage kommt, dient sie mehr
der Bearbeitung landwirtschaftlicher Bodenprodukte,