Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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sachen Zwischenhandels zu tragen haben. Wo 
letzteres der Fall ist, steigen die Arbeitslöhne auf 
exorbitante Höhen. Während in den Mittelstaaten 
z. B. Cear, Maranhso, Pernambruco, Bahia usw., 
dort, wo auch Nahrungsmittel erzeugt werden, be- 
sonders im Innern des Landes, wo die Bedürf- 
nisse der Arbeiter an eingeführten Waren verhält- 
nismäßig gering sind, der Landarbeiter je nach 
Jahreszeit und Angebot mit 600 bis 2500 Reis 
pro Tag bezahlt wird, zahlt man im Amazonas- 
gebiet, wo die Produktion von Nahrungsmitteln 
fast vollständig fehlt, einem Manne etwa 8000 Reis 
pro Tag. Auch in den Küstenstädten wechselt in 
ähnlicher Weise der Arbeitslohn. So zahlt man 
5. B. in Bahia und Pernambuco einem Arbeiter 
etwa 2000 bis 3000 Reis pro Tag, während in 
Belem-Parä und Mandos ein Arbeiter etwa 
10 000 Reis bekommt. Trotz dieser hohen Löhne 
herrscht dort meist Arbeitermangel. 
Infolge der großen Differenz der Arbeitslöhne 
in den einzelnen Staaten tritt eine periodische Zu- 
wanderung der Arbeiter einer Gegend nach der 
anderen ein. Ebenso besteht eine periodische Zu- 
wanderung von Arbeitskräften aus dem Auslande. 
Innerhalb des Landes tritt die Abwanderung der 
Arbeiter besonders dort auf, wo, wie z. B. im 
Staate Cear4, oftmals Dürre herrscht, die zu Ar- 
beitslosigkeit und großer Not führt. Meist ziehen 
dann die Arbeiter, ohne ihre Familien mitzunehmen, 
in andere Gegenden und kehren, sobald es ihnen 
möglich ist, in ihre Heimat zurück. In den 
Gegenden mit höherem Arbeitslohn, wie im 
Amazonasgebiet, ist die Lebenshaltung so viel 
teurer, daß selbst der hohe Arbeitslohn kaum aus- 
reicht, den Arbeiter und seine Familie zu ernähren 
und noch weniger, um ihm einen Uberschuß zu 
lassen, der die Reise= und Ubersiedelungskosten 
deckt. Vielsach treten in Gegenden, in denen aus 
den angesührten Gründen eine Abwanderung der 
Arbeiter vorauszusehen ist, Agenten auf, welche die 
Arbeiter engagieren und ihnen einen Vorschuß auf 
ihren kommenden Verdienst geben. Mit einem Teil 
dieses Vorschusses werden von den meist mittellosen 
Leuten die Reisekosten gedeckt; eine weitere Summe 
wird der Familie zurückgelassen, um sie vor der 
dringendsten Not zu bewahren. Sobald der Arbeiter 
nach einer oder mehreren Arbeitsperioden einige 
Ersparnisse gemacht hat, kehrt er, wenn irgend 
möglich, wieder zu seiner Familie in die Heimat 
zurück. 
Auch die vom Auslande, Portugal, Spanien 
und besonders Italien, zugewanderten Arbeiter 
bleiben nur vorübergehend in Brasilien. Bei 
höherem Arbeitslohn und sparsamer Wirtschaft 
hoffen sie etwas zu erübrigen. Sobald sie aber 
eine Summe zusammen haben, die sie befähigt, 
unter billigeren Lebensbedingungen eine bequemere 
Existenz in ihrer Heimat zu führen, kehren sie 
dorthin zurück. In dieser Absicht senden sie auch 
  
alles erübrigte Kapital in die Heimat; es ist keine 
unbedeutende Summe, die auf diesem Wege den 
Staaten entzogen wird. 
Die Auswanderung des Kapitals wird von den 
brasilianischen Banken sehr empfunden. Nicht nur 
die Arbeiter, sondern auch alle anderen Ausländer 
und selbst viele Brasilianer suchen ihr Kapital, zum 
Teil weil sie glauben, es sei dort sicherer, im 
Auslande zu placieren. Anderseits muß zu fast 
allen größeren Unternehmungen ausländisches Kapital 
herangezogen werden. 
Brasilien hat Papierwährung, und zwar sind 
1000 Reis 1 Milreis und 1000 Milreis 
— 1 Conto de Reis. Der Goldkurs eines Mil- 
reis beträgt 27 Pence, jedoch ist das nur als 
Umrechnungskurs zu betrachten, da die Zölle selbst 
da, wo sie in Goldkurs angesetzt sind, in Papier 
gezahlt werden. Der Kurs des Papier-Milreis 
war bis vor einigen Jahren außerordentlich 
schwankend und stellte sich im Verhältnis zu eng- 
lischer Währung zwischen 11 bis 17 Pence. Um 
diesen Schwankungen, die oft durch Spekulation 
zum Schaden des Landes hervorgerufen wurden. 
entgegen zu arbeiten, ist von der Bundesregierung 
eine Konversionskasse eingerichtet worden, die den 
Wert der Papier-Milreis auf 15 Pernce festhalten 
soll. Der Konversionskasse ist es gelungen, wenig- 
stens größere Schwankungen des Kurses zu ver- 
hindern. 
Die Nationalbank von Brasilien, die der 
Leitung des Finanzministers untersteht, ist die 
Banco do Brazil, welche mit einem Kapital von 
70 000 Conto de Reis arbeitet. Außer dieser be- 
steht noch eine größere Anzahl von Banken, so 
die London and Brazilian Bank Ltd. mit einem 
Kapital von 1 500 000 K und einem Reservefonds 
von 700 000 K, die London and River Plat Bank 
Lid. mit einem Kapital von 1 500 000 2 und 
einem Reservefonds von 1.000 000 S, die Banco 
do Commercio mit einem Kapital von 13 000 Conto 
de Reis und einem Reservefonds von 2720 Conto 
de Reis, die brasilianische Bank für Deutschland 
mit einem Kapital von 10 000 000 HKx, The 
British Bank of South America mit einem Kapital 
von 1 000 000 8 und Reserve von 375 000 2E, 
die Banco Commercio do Rio de Janeiro mit 
Kapital von 10 000 Conto de Reis und Reserve 
von 2000 Conto de Reis, die Banque Belge de 
Préts Fongiêres mit 12 000 000 Francs Kapital 
und mehrere andere. 
Die Hauptproduktion liefert fast in allen 
Staaten die Land= und Forstwirtschaft. In einigen 
Staaten werden auch Mineralien und Metalle ge- 
wonnen. Industrie ist dagegen nur wenig vor- 
handen. Sie deckt nur zum geringen Teil die 
Bedürfnisse des eigenen Landes, der größere Teil. 
aller Industrieprodukte muß importiert werden. 
Soweit Industrie in Frage kommt, dient sie mehr 
der Bearbeitung landwirtschaftlicher Bodenprodukte,
	        
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