Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Personal ist von den Handelsfirmen in Cachoeira 
und Säo Felix in genügender Zahl herangebildet 
worden. Diese Arbeiter werden mit 3 bis 5 Mil- 
reis pro Tag bezahlt. 
Ein nicht unbedeutender Teil des Tabaks 
wird in Cachveiro und Säo Felix zu Zigarren 
verarbeitet. Dort befinden sich fünf große, zum 
Teil mit allen Hilfsmitteln der Neuzeit aus- 
gestattete Zigarrenfabriken. Neben diesen be- 
schäftigen sich viele kleine Gewerbetreibende mit 
der Herstellung von Zigarren und Zigaretten. 
In den Zigarrenfabriken arbeiten etwa 3000 Per- 
sonen; die größte, Dannemann & Co., deren 
Inhaber Deutsche sind, beschäftigt 1000 An- 
gestellte. Außer in Säo Felix besitzt diese Firma 
auch in den in der Nähe gelegenen Orten Muri- 
tiba und Maragugipe Fabriken. Die Danne- 
mannsche Fabrik gehört mit ihren neuzeitlichen 
Einrichtungen wohl zu den besten ihrer Art; 
ihre Produkte haben sich einen Weltruf erworben. 
Für die Zigarrenfabrikation werden haupt- 
sächlich Mädchen verwendet, während die männ- 
lichen Familienmitglieder sich dem Tabakbau 
widmen oder als Tabaksortierer und Vorarbeiter 
in den Fabriken beschäftigt sind. Infolge des 
Kleinbetriebes im Tabakbau sind zahlreiche 
Pflanzerfamilien vorhanden, aus denen genügend 
Arbeitskräfte hervorgehen. Die Mädchen werden 
schon mit dem achten Jahre in den Fabriken an- 
genommen und beginnen mit der Fabrikation 
ganz einfacher Zigarren, der sog. „Zigarrillos“; 
mit den Jahren bilden sie sich dann zu sehr ge- 
schickten Arbeiterinnen aus. Ihr Verdienst ist 
1 bis 3 Milreis pro Tag. Heimarbeit, wie sie 
in der Zigarrenproduktion anderer Länder üblich 
ist, kommt hier wenig vor. Die Fabrikation wird 
fast ausschließlich in eigenen Werkstätten besorgt, 
und nur wenn eine besondere Überhäufung mit 
Aufträgen vorliegt, wird die Hausindustrie zu 
Hilse genommen. 
Wohl in keinem Erwerbszweige Brasiliens ist 
der Warenzeichenschutz so durchgeführt und hat so 
vorteilhaft gewirkt, wie in der Tabakindustrie; 
mit seiner Hilfe konnten sich die Fabrikate ein 
festes Absatzgebiet erobern. 
Die Qualität der brasilianischen Tabake ent- 
spricht nicht dem Bedarf der dortigen Zigarren- 
fabriken, denn der Geschmack des Publikums ver- 
langt leichte und helle Tabake, besonders für die 
Deckblätter, die bisher in Brasilien nicht produziert 
werden konnten. Die vortigen Fabriken sind in- 
folgedessen gezwungen, ausländischen Tabak mit 
zu verarbeiten. Vorzugsweise wird solcher ans 
Sumatra eingeführt. 
Die Zigarren werden in Brasilien mit Hilfe 
der Banderole versteuert. Zigarren bis zum 
  
Werte von 80 Milreis pro Tausend zahlen 5 Reis, 
solche von 80 bis 160 Milreis pro Tausend 
10 Reis und solche von über 160 Milreis pro 
Tausend 20 Reis pro Stück. Diese enorme Be- 
steuerung hat zu einem blühenden System der 
Defraudation geführt. Zahllose kleine Produ- 
zenten stellen Zigarren her und vertreiben sie 
ohne Banderole unter der Hand. In allen 
Restaurants kann man von ihnen, direkt unter 
den Augen der Behörden, Zigarren von oft sehr 
guter Qualität für 3 bis 5 Milreis das Hundert 
erstehen. 
Für die Zigarettenfabrikation werden die 
Tabakstengel fest in Stangen zusammengepreßt 
und fein geschnitten; in den Handel kommen nur 
die Stangen, das Schneiden besorgt sich jeder 
einheimische Konsument selbst. Doch wird auch 
eine ziemlich große Menge von Zigaretten für 
den überseeischen Export gearbeitet. Jährlich 
gelangen etwa 4000 bis 5000 kg fertige Zi- 
garetten zum Versand. 
Der Staat Säo Paulo. 
Der Staat Säo Paulo umfaßt eine Fläche 
von 290 876 qkm. Etwa 80 km von der Küste 
des Atlantischen Ozeans entfernt erhebt sich das 
Land bis auf 800 m über Meereshöhe und bildet 
ein Plateau, das nach dem Innern allmählich 
abfällt. Auf diesem Plateau entspringt eine große 
Anzahl von Flüssen, deren Wasser nach dem 
Innern des Landes, in das Gebiet des Rio 
Paranäá abfließt. Unter diesen Flüssen ist der 
Rio Tieté der bedeutendste. Je nach der Höhen- 
lage ist die Temperatur verschieden. Während 
in Santos an der Küste meist tropische Hitze 
brütet, herrscht auf dem Plateau eine mäßige 
Temperatur, die während der Wintermonate in 
der Nacht sogar unter den Nullpunkt sinkt. Auf 
dem Plateau ist als Jahresmittel-Temperatur 
18 Grad, als höchste 35 und als niedrigste Minus 
ein Grad festgestellt worden. Der Durchschnitts- 
regenfall beträgt 1300 mm im Jahre. Die 
größten Regenmengen fallen in den heißen 
Sommermonaten (Dezember bis März), während 
die Wintermonate (Juni bis August) meist trocken 
sind. Die Einwohnerzahl des Staates wird jetzt 
auf etwa 2½ Millionen Seelen geschätzt. Haupt- 
sächlich besiedelt ist das Platean, während der 
nördliche, niedriger gelegene Teil weniger bewohnt, 
ja zum Teil noch ganz unbekannt ist. 
Die auf dem Plateau gelegene Hauptstadt 
Säo Paulo zählt jetzt etwa 250 000 Einwohner, 
sie ist mit dem Hafenplatz Santos durch eine 
kombinierte Bahn verbunden, die teilweise als 
Nivean-, teilweise als Drahtseilbahn betrieben 
wird. Die Höhe von 800 m wird auf einer
	        
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