Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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zurück, um ihn zu fragen, ob es wirklich wahr 
wäre, was wir ihm über den Zweck der Reise 
erzählt hätten. Das ganze Verhalten Ipumbos 
sollte uns imponieren; er erreichte das Gegenteil. 
Am nächsten Tage kam gleich nach Sonnen- 
aufgang ein Bote, wir sollten nochmal zum 
Häuptling kommen. Ich erklärte sofort, Ipumbo 
hätte sich so unwürdig betragen, daß ich nicht zu 
ihm ginge. Jetzt könne Ipumbo zu mir kommen. 
Der Bote ging hin und her, stets von neuem 
die Bitte Inumbos zum Besuch überbringend. 
Dem Boten wurden alle Unarten, die sich Ipumbo 
gestern geleistet hatte, in unverblümter Sprache 
vorgehalten, und dies hatte den Erfolg, daß 
Ipumbo sich zu einem Gegenbesuch herbeiließ. 
Natürlich ließen wir ihn erst eine Viertelstunde 
warten, bis wir zum Schulhaus gingen, wo der 
Häuptling geduldig wartete. 
Diesmal war er wie ausgewechselt, und er 
mußte für sein gestriges Benehmen noch unsere 
scharfe Kritik über sich ergehen lassen. So z. B. 
setzte ich ihm auseinander, daß es für Großleute 
des Herrn von Uaschimba (Name des Gouverneurs) 
unwürdig sei, sie vor der Werft ausspannen zu 
lassen. Angstlich fragte Ipumbo, ob ich dem 
Gouverneur schon geschrieben hätte; es wäre nur 
ein Versehen seiner Großleute gewesen. Sogar 
Arbeiter versprach er zu sammeln; ich sollte sie 
auf meiner Rückkehr von Ongandjera vorfinden. 
Zur Gestellung der Arbeiter bewog ihn die Aus- 
sicht, sich auf diese Weise eine Maultierkarre zu 
verdienen. 
Am 23. August zogen wir nach freundlicher 
Verabschiedung weiter nach Ongandjera. Nach- 
dem wir etwa 12 km durch gut besiedeltes, aber 
ödes Land gezogen waren, kamen wir in Busch 
und niedrigen Wald, der wohl etwa 25 bis 30 km 
lang war. Am andern Morgen hatten wir das 
offene Gebiet von Ongandjera vor uns. Ein 
Marsch von 7 km durch besiedeltes Gebiet brachte 
uns zur Missionsstation, die nicht weit von der 
Werft des Häuptlings Tsch#anika liegt. 
Tschanika empfing uns sofort, ohne lange warten 
zu lassen. Er ist der älteste aller Ovambohäupt- 
linge und ist sehr humorvoll veranlagt. Auch 
ihm wurde der Zweck unserer Reise in der 
üblichen Weise auseinandergesetzt, auch er brachte 
diesen Sachen recht wenig Interesse entgegen, 
versprach aber, Leute zur Arbeit zu senden. 
Ungleich munterer wurde er, als er eine Be- 
schwerde über einen Kaufmann vorbrachte, handelte 
es sich doch bei dieser Sache um seinen eigenen 
Vorteil. Ebenso fand er es bedeutend interessanter, 
als er über die Hungersnot seiner Leute sprach 
und fragte, ob die Regierung wohl wieder Pro- 
viant geben würde, aber ohne Bezahlung. 
Am Nachmittag des 25. zogen wir weiter 
  
nach dem nur 24 km entfernten Ukualuisi. 
Wie wir dem alten Tschanika Lebewohl sagten, 
hatte er noch eine kleine Sache auf dem Herzen. 
Sein Neffe Hamjella, der künftige Häuptling 
von Ongandjera, hielte sich bei den Nachbar- 
stämmen auf. Wenn er käme und uns bäte, ihn 
jetzt schon als Häuptling in Ongandjera einzu- 
setzen, möchten wir es doch nicht tun. Da konnte 
ich wirklich den alten Tschanika bernhigen. 
Auch in Ukualuisi befindet sich eine Station 
der finnischen Mission; der Missionar war jedoch 
nach Ondonga verreist. 
Gleich nach Ankunft kam der Häuptling 
Muala, ein baumlanger unbekleideter Mann 
von etwa 50 Jahren, an, um uns zu begrüßen. 
Eigentlich wollten wir an demselben Nach- 
mittag nach dem 33 km entfernten Ukualukasi 
(Ongorongasi) weiterziehen, aber Muala war 
darüber sehr beleidigt: „Ob er uns etwas getan 
hätte. Bei allen anderen Häuptlingen wären 
wir wenigstens eine Nacht gewesen. Wenn sie 
hörten, daß wir es nicht bei ihm auch getan 
hätten, würden sie ihn verachten.“" So mußten 
wir die Nacht in Ukualuisi bleiben. Um aber 
nicht einen ganzen Tag dadurch zu verlieren, 
ritten wir am frühesten Morgen nach Ukualukafi, 
das wir nach dreieinhalbstündigem Ritt durch 
Busch und Wald erreichten. Die Ovakualukasi 
haben keinen Häuptling und sind daher wie die 
Ovambaranten, die auch ohne Häuptling find, 
ein häufiges Ziel der Raubzüge Ipumbos. 
Ukualukasi ist nur sehr klein, aber dafür 
sehr dicht besiedelt. Gleich an dieses Stammes- 
gebiet schließt sich das von Olusuati und 
Eunda, durch schmale Buschstreifen voneinander 
getrennt. Alle drei Stämme durchreitet man in 
einer guten Stunde. Auch diese Stammesgebiete 
sind wie Ondonga, Ukuambi, Ongandiera und 
Ukualuisi ganz offen. Während aber bei letzteren 
die Palme dem Lande das Gepräge gibt, ist es 
hier der Affenbrotbaum, der unendlich zahlreich 
und in Riesenexemplaren auftritt, so daß man 
glaubt, durch eine ganz andere Welt zu reiten. 
Viele Affenbrotbäume waren mit Palisaden- 
zäunen, die zur Sicherheit gegen Schüsse mit 
Lehm verstrichen waren, umgeben. In diese 
Festen flüchten die Eingeborenen bei Raubzügen 
Ipumbos. Auch die Bäume selbst dienen zum 
Schutz. Da sie stets hohl sind, ist der sehr weiche 
Stamm durchgeschlagen, um im Innern die 
Flüchtlinge aufzunehmen. Wie wenig kriegerisch 
dieser Stamm ist, sieht man daraus, daß in den 
Palisaden oder Bäumen nicht einmal Schieß- 
scharten sind. 
Im Gebiete von Olusuadi wurde etwas ab- 
gesattelt. Da Tönjes sich krank fühlte, kehrte er 
zum Wagen nach Ukualuisi um, während ich
	        
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