Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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esichtamtlicher Teile-nnnn 
Vorschlag zu einer neuen Oethode der Malariabekämpfung. 
Von Generaloberarzt Professor Dr. E. Stendel. 
Bald nachdem Ronald Roß die Entdeckung 
gemacht hatte, daß die Malaria durch Stechmücken 
übertragen wird, sind ausgedehnte Versuche an- 
gestellt worden, unter Ausnützung dieser Ent- 
deckung die Malaria an wichtigen Tropenorten 
auszurotten. Roß suchte dieses Ziel dadurch zu 
erreichen, daß er die in stehenden Gewässern le- 
benden Eier, Larven und Puppen der Stechmücken 
durch Begießen mit Petroleum vernichtete. Haupt- 
sächlich war er aber darauf bedacht, die kleinen 
Wasseransammlungen, welche vielfach als Brut- 
stätten für die Mücken dienen, auszutrocknen und 
diesen dadurch die Möglichkeit zur Vermehrung 
abzuschneiden. Demgegenüber besteht das von 
Robert Koch empfohlene Verfahren, das die 
Mücken unberücksichtigt läßt, darin, alle Menschen 
ausfindig zu machen, welche Malariaparasiten in 
ihrem Blute haben und diese Menschen dann so- 
lange mit Chinin zu behandeln, bis keine Para- 
siten mehr im Blute sind. Gelingt es an einem 
Orte, alle Menschen von Malariaparasiten zu be- 
freien, so kann auch keine Neuinfektion mehr er- 
folgen, denn nur solche Stechmücken, welche vor- 
her von einem mit Malaria behafteten Menschen 
Blut gesaugt haben, sind fähig, eine Neuinfektion 
zu bewirken; andernfalls ist ihr Stich unge- 
fährlich. 
Beide Methoden der Malariabekämpfung 
haben schöne Erfolge aufzuweisen, beiden haften 
aber auch Mängel an. Das Roßsche Verfahren 
läßt an solchen Orten im Stich, wo große Sumpf- 
bildungen in nächster Umgebung vorhanden sind; 
dies ist aber an den meisten afrikanischen Küsten- 
orten der Fall. Nur da, wo große Sümpfe 
fehlen und durchlässiger Boden den reichlichen 
Tropenregen ohne Pfützenbildung rasch verschwin- 
den macht, hat es dauernden Erfolg. Dies ist 
z. B. in Ismaelia und von deutschen Schutz- 
gebieten in Lome, wenigstens längere Zeit hin- 
durch, der Fall gewesen. 
Die Kochsche Methode ist zwar von Wasser- 
ansammlungen unabhängig, aber die Auffindung 
aller mit Malariaparasiten behafteten Menschen 
wird um so schwieriger, je größer die Ansiedlung 
und je weniger seßhaft die Bevölkerung ist. In 
Afrika ist die gründliche Durchführung außerdem 
noch durch die Eingeborenen wesentlich erschwert, 
da sie zwar häufig Parasitenträger sind, die Er- 
  
wachsenen aber unter der Krankheit wenig zu 
leiden haben, deshalb den Nutzen der Methode 
nicht zu erfassen vermögen und jedes Interesse 
dafür vermissen lassen. In Daressalam und 
Tanga, wo die Kochsche Methode im großen 
angewendet wird, konnte aus diesen Gründen 
zwar ein guter relativer, aber kein absoluter Er- 
folg erzielt werden und das Erreichte läßt sich 
nur durch ständige eifrige Arbeit festhalten. Ein 
Ende ist trotz vieljähriger Arbeit noch nicht ab- 
zusehen. 
Der mechanische Schutz gegen die Stiche der 
Moskitos kann dem Einzelindividuum, das ge- 
zwungen ist, in einer Malariagegend zu leben, 
von Nutzen sein; als eine Methode zur Aus- 
rottung der Malaria an einem Orte kann man 
diesen mechanischen Schutz nicht wohl betrachten. 
Unter diesen Verhältnissen dürfte das Suchen 
nach einer neuen Malaria-Bekämpfungsmethode, 
welche bessere Erfolge, sei es für sich allein, sei 
es in Verbindung mit einer der beiden anderen 
Methoden, zu zeitigen verspricht, gerechtfertigt sein. 
Die geflügelten Stechmücken (Anopheles) zu 
vernichten galt bisher für aussichtslos. Nur die 
Franzosen'") haben in Westafrika versucht, sie in 
künstlichen Erdlöchern während ihrer Mittagsruhe 
zu fangen und auszubrennen. Die Methode 
scheint keine weitere Verbreitung gefunden zu 
haben und es ist auch sehr zweifelhaft, ob damit 
gerade den Malaria übertragenden Anopheles, 
die den Tag über wenig zu fliegen pflegen, bei- 
zukommen wäre. 
Die Lebensweise der Anopheles bietet uns 
aber Gelegenheit, ihrer auf andere Weise habhaft 
zu werden. Auch in den tropischen Ländern 
stechen und vermehren sich die Anopheles nicht 
das ganze Jahr hindurch gleichmäßig; vielmehr 
nehmen sie in der Trockenzeit an Zahl bedeutend 
ab und stechen sehr selten, so daß diese Jahres- 
zeit von Neuinfektionen mit Malaria nahezu frei 
ist. Stabsarzt Vorwerk hat diese Verhältnisse 
in Garua näher studiert und konnte feststellen, 
daß die Anopheles sich während der Trockenzeit 
in den Eingeborenenbehausungen aufhalten. — 
Während der feuchten Jahreszeit machen in dem 
*) Dr. Külz: Moskitobelämpfung der Franzosen 
in Westafrika durch die Methode der girouspiss . 
Archiv für Schiffs= und Tropenhygiene 1909, Bd. XIII.
	        
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