ausgegeben. Man mag es gar nicht ausdenken,
wohin es geführt hätte, wenn nicht die weißen
Regierungen — auch die benachbarten Staaten
— so energisch für das Wohl der Eingebornen
eingetreten wären.
Wenn auch die Hauptaufgabe der Missionen
auf dem Gebiete der Christianisierung der Ein-
gebornen liegt, so begrüße ich es doch freudig
und dankbar, daß auch die Missionsgesellschaften
in immer gesteigertem Maße die ärztliche Ver-
sorgung der Eingebornen auf ihr Programm ge-
schrieben haben. Ich bin mir der großen Be-
deutung und des Segens der Missionen für unsere
Kolonien voll bewußt, und ich verkenne dabei
nicht, daß dieselben in manchen Gebieten einen
sehr schweren Stand bei der Ausbreitung des
Christentums haben, sei esgegenüber der Wildheitder
Eingebornenstämme, sei es gegenüber dem schnellen
Vordringen anderer, nicht christlicher Religionen.
Erfreulicherweise ist das Verhältnis der Regierungen
zu den Missionen zur Zeit ein sehr gutes. Ich
werde darauf halten, daß die Kolonialbeamten
auch in Zukunft den Missionaren überall freundlich
gegenübertreten und sie als Faktoren betrachten,
welche mit der Regierung auf dasselbe Ziel hin-
arbeiten, nämlich auf die kulturelle Hebung der
schwarzen Rassen. Anderseits zweifle ich auch
nicht, daß die Missionare gern den Anordnungen
der Regierung folgen werden. Ein Hand in Hand
Arbeiten zwischen Regierung und Mission wird
für beide von großem Nutzen sein, es wird die
Autorität beider bei den Eingebornen wesentlich
stärken. Ich bin selbst von Missionaren gerade
auf dieses Zusammenarbeiten von Regierung und
Missionaren noch bei meiner letzten Anwesenheit
in Deutsch-Ostafrika hingewiesen worden.
Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die Er-
ziehung der Eingebornen, welche fast ausschließlich
in Händen der Missionen zur Zeit liegt. Ein
besonderes Verdienst erwerben sich meines Erachtens
diejenigen Missionsstationen, welche die Eingebornen
nicht nur theoretisch unterrichten, sondern sie auch
praktisch, sei es im Handwerk, sei es im Garten-
und Feldbau, unterweisen. Auch auf diesem
Gebiete habe ich wirklich ganz hervorragend
Erfreuliches bei meiner letzten Anwesenheit in
Deutsch-Ostafrika auf den Missionsstationen beider
Konfessionen gesehen, und ich kann nur hoffen,
daß in dieser Beziehung weiter fortgefahren wird.
Der Einführung und weiteren Ausdehnung
der Selbstverwaltung, auf die auch der Herr
Abgeordnete Bassermann neulich hingewiesen hat,
wird die größte Aufmerksamkeit geschenkt werden;
es ist aber meine Absicht, in dieser Frage behutsam
und mit reiflicher Überlegung vorzugehen. Es
muß in jedem einzelnen Falle meines Erachtens
genau geprüft werden, ob die Verhältnisse in der
15 25
betreffenden Kolonie schon so weit vorgeschritten
sind, daß eine Selbstverwaltung Ersprießliches
wirken kann, und es ist sorgsam zu erwägen,
welche Art der Selbstverwaltung für die betreffende
Kolonie passen wird, auch ob die finanzielle
Leistungsfähigkeit bereits hinreichend gesichert ist,
und ob zur Bekleidung der Gemeindeämter eine
genügende Anzahl von Personen vorhanden ist.
In Deutsch-Südwestafrika dürfte die Frage der
Überweisung von Land und öffentlichen Anlagen
an die Gemeinden, nachdem in dieser Beziehung
Verhandlungen zwischen den einzelnen Reichs-
ämtern stattgefunden haben, in einer allseitig be-
friedigenden Weise gelöst bzw. der Lösung entgegen-
geführt sein. Der Gouverneur ist zu Verhandlungen
mit den einzelnen Gemeinden auf der nunmehr
festgestellten Basis ermächtigt.
Eine besonders erfreuliche Folge des vorhin
schon erwähnten erstarkten Allgemeininteresses ist
die größere Beteiligung des deutschen Kapitals
an der Erschließung unserer Schutzgebiete in den
letzten Jahren, und ich kann es mir nicht ver-
sagen, noch einmal darauf hinzuweisen, daß
hieran ganz zweifellos meinem Vorgänger ein
großes Verdienst gebührt. Wir können des Kapitals
zur Befruchtung und Entwicklung unserer Kolonien
nicht entbehren, und es müssen daher alle Maß-
nahmen unterbleiben, die geeignet sind, die Kreise
des Handels, der Industrie und der Landwirt-
schaft abzuschrecken, Kapital in unseren Kolonien
anzulegen. Mit besonderer Freude begrüße ich
es, daß in letzter Zeit neben dem Handel auch
die Industrie und die Landwirtschaft sich in
unseren Kolonien betätigen.
Es wird ganz allgemein auch von den früheren
Gegnern anerkannt, daß die Liebig-Kompagnie und
die Firma Brauß, Mann und Co. auf Grund
der großen Erfahrungen, welche sie auf dem
Gebiete der Biehzucht in Argentinien gesammelt
haben, geradezu Musterbetriebe in Deutsch-Süd-
westafrika gegründet haben. Nun betätigen sich
die Baumwollinteressenten schon seit längerer Zeit
in Ostafrika. Es haben sich neuerdings aber auch
Kammgarnspinner — und zwar größere Kamm-
garnspinner — mit Landwirten, welche hier
Wollschafzucht betreiben, zusammengetan, um die
Wollschafzucht in Deutsch-Südwestafrika in größerem
Stile in Angriff zu nehmen. Ich begrüße dieses
ganz besonders freudig auch deshalb, weil man
die Absicht hat, auch die Farmer drüben zu
billigen Preisen mit erstklassigen Wollschafen zu
versehen. ·
Wenn ich das Kapital als unentbehrlich für
die Entwicklung unserer Schutzgebiete erklärt habe,
so bin ich weit davon entfernt, zu glauben, daß
dieses allein genügte, um unsere Kolonien wertvoll
zu machen; wir brauchen daneben — und das