Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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Uachrichten aus den deutschen Schutzgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
Deutsch-Ostafrika. 
Die Krbeiterverhältulsse beim Bau der Ostafrika- 
nischen Oittellandbahn. 
Einem Berichte des Kaiserlichen Distrikts- 
kommissars Sauer, der als Arbeiterkommissar des 
Gouvernements für die genannte Bahn bestellt ist 
und zur Zeit seinen Sitz in Itigi hat, entnehmen 
wir die nachstehenden Mitteilungen: 
Nach den im Jahre 1910 eingelaufenen Ar- 
beitsverträgen sind vor Behörden zur Arbeit an 
der Bahnbaustrecke 10 642 Arbeiter verpflichtet 
worden, und zwar in: 
Tabora 4098 Singidda 1595 
Muansa 327|/ Mkalana 334 
Udjidi 143 Kondoa-Irangi 706 
Langenburg 173 Mpapna 150 
Ssongea 985 Kilossa 198 
Iringa . 525|Morogoro 265 
Mahenge 140 
Kilimatinde. 1003 Bus. 10 642 
Von den in Tabora verpflichteten Arbeitern 
haben 250 bei den Vorarbeiten der Baugesellschaft 
Holzmann zwischen Tabora und Udjidji gearbeitet. 
Unter den in Kilimatinde verpflichteten Leuten 
sind etwa 400, welche aus dem Bezirk Langen- 
burg und hauptsächlich aus dem Bezirk Bismarck- 
burg stammen. 
In den Monaten April bis Juni 1910 waren 
etwa 3000 Wagogo aus dem Bezirk Mpapua am 
Bahnbau beschäftigt, die nicht als Vertragsarbeiter 
im Sinne der Arbeiterverordnung verpflichtet 
waren. 
Eine Arbeiternot bestand im Jahre 1910 
eigentlich nicht, nur machte sich bei Eintritt der 
Regenzeit und während der Zeit der Felder- 
bestellung — November bis März — ein Abflauen 
des Arbeiterzuflusses sowie eine gewisse Arbeits- 
flucht an der Strecke bemerkbar, was immerhin 
empfunden worden ist, ohne daß es aber dadurch 
zu einer Arbeitsstockung gekommen oder die Ar- 
beiten nachteilig aufgehalten worden wären. 
Die in Tabora und Muansa Verpflichteten 
sind beinahe ausschließlich Wanyamwesi, Wasu- 
kuma und Wanjanjembe, welche immer noch 
die tüch tigsten und fleißigsten Arbeiter sind, 
über die gar nicht geklagt wurde und die ander- 
  
seits — mit einzelnen Ausnahmen — auch gegen 
die Arbeitgeber Klagen nicht vorbrachten. 
Sodann waren folgende Stämme vertreten: 
Wahehe, Wahyao, Wangoni, Wanyassa, Wasipa, 
Wasumbwa, Wanyika, Washashi, Wabembe, Wa- 
bena, Wanyamanga, Waha, Wairamba, Wanyatu, 
Wairangi, Waburungi, Wagogo, Waluguru, Wa- 
kaguru, Wassandani. Am wenigsten hielten bei 
der Arbeit aus die Waha aus Uha des Be- 
zirks Udjidji. 
Die Baugesellschaft gab den Leuten zunächst 
nur Reis als Verpflegung, später auch Mtama 
und Mtamamehl. Den Wairamba, Waha und 
Wanyaturu war die regelmäßige geordnete Arbeit 
auch neu und unbequem; auch klagten sie über 
die ihnen zugemutete Reiskost, und doch hörten 
die Vertragsbrüche nicht auf, als dem durch Ver- 
abreichung von Mtama= und Maismehl abge- 
holfen war. 
Allen diesen in der Hauptsache Viehzucht 
treibenden Völkern ist die andauernde Arbeit unter 
Aufsicht, besonders unter europäischer Aufsicht, 
lästig. In der Lohnzahlung wurde gerecht ver- 
fahren; die Höhe der Löhne war überall ange- 
messen. Der Durchschnittslohn für einen Arbeiter 
— Vertragsarbeiter oder freiwilliger Arbeiter — 
betrug 8 Rup., dazu kommt das Poscho — Ver- 
pflegungsgeld. Arbeiter, die im dritten Monat 
arbeiten — vor allem die freien — erhalten ge- 
wöhnlich 11 Rup. und Poscho. Auf den vor- 
gerückten Baustrecken weit über die Gleisspitze 
hinaus kam dem Arbeitgeber das Kibaba Reis 
bis auf 32 Heller zu stehen, so daß ihm der 
mindestbelohnte Arbeiter in 30 Arbeitstagen 
17 Rup. 60 Heller kostete. 
Sowohl bei den Erdbewegungen als auch im 
Steinbruch= und Schotterbetrieb hat eine Art 
Akkordarbeit die Zeitarbeit nahe verdrängt. 
Der Arbeitgeber hat leichtere Überwachung und 
erzielt größere und vor allem gleichmäßigere 
Leistungen und eine gesteigerte Leistungsfähigkeit 
des Arbeiters. Die Akkordarbeit hat so gewisser- 
maßen eine disziplinierende Wirkung und ist des- 
halb ein wichtiges erzieherisches Mittel für die 
Eingeborenen. 
Bei den Erdarbeiten nahm der Arbeitgeber 
als Akordtagesleistung im allgemeinen das Er- 
gebnis der Arbeit eines normalfleißigen und ge- 
wandten, etwa zehn Stunden tätigen Arbeiters
	        
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