Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

W 838 20 
übergeben wurde. Also nahezu 12 Jahre Bau- 
zeit für 129 km Bahn! Der erste koloniale 
Bahnbau hatte erhebliches Lehrgeld gekostet. Der 
Betrieb der Bahn wurde an die Deutsche Kolonial- 
Eisenbahn-Bau= und Betriebs-Gesellschaft in Berlin 
verpachtet. Der Verkehr entwickelte sich befriedi- 
gend und die Betriebsergebnisse besserten sich von 
Jahr zu Jahr. An Stelle der früheren Betriebs- 
zuschüsse ergab sich im Jahre 1906 ein Betriebs- 
überschuß von 34 000 —& , im Jahre 1907 von 
132 000 E. Man konnte daher mit der Pächterin 
einen neuen, für das Schutzgebiet wesentlich vor- 
teilhafteren Pachtvertrag auf 12 Jahre abschließen, 
der am 1. April 1908 in Kraft trat und dem 
Schutzgebiet eine jährliche Mindestpacht von 
152 000 .X sichert. Überschüsse darüber hinaus 
fallen mit neun Zehnteln dem Schutzgebiet und 
mit einem Zehntel der Pächterin zu. 
Diese günstigen Ergebnisse ermöglichten zu- 
nächst den Weiterbau der Bahn um 45 km 
von Mombo nach Buiko. Das Land zu beiden 
Seiten der Bahn war bald vollständig vergeben, 
zahlreiche Pflanzungsunternehmen waren teils ins 
Leben getreten, teils in Aussicht genommen. Die 
wirtschaftlichen Verhältnisse rechtfertigten daher die 
Verlängerung bis zum Panganifluß als einem 
einstweiligen Abschluß für die Bahn. Die Mittel 
für diese Bauausführung, 3 850 000 M, nebst 
325 000 & für die Vermehrung der Betriebs- 
mittel wurden in der Bahnvorlage von 1908 
angefordert und durch Reichsgesetz vom 18. Mai 
1908 bewilligt. Mit der Bauausführung hatte 
die Firma Lenz & Co. bereits 1907 auf eigene 
Rechnung begonnen. Der Bau wurde 1909 
vollendet und die Strecke Mombo—Buiko am 
27. Juli dem Verkehr übergeben. Die Ver- 
längerung wurde in die bisherige Betriebs- 
verpachtung einbezogen und die dem Schutzgebiet 
zufallende Mindestpacht vom 1. April 1910 an 
von 152 000 auf 246 000 K erhöht. 
Schon bei der Beratung im Reichstag 1908 
war der Wunsch geäußert worden, die Bahn solle 
nach Moschi und Aruscha weitergeführt werden, 
um die fruchtbaren Hochländer am Fuße des 
Kilimandscharo und Meruberges zu erschließen. 
Um Unterlagen für die Besiedlungsfähigkeit der 
benachbarten Hochländer von Deutsch-Ostafrika zu 
gewinnen und ihre klimatischen und wirtschaft- 
lichen Bedingungen für die Ansiedlung des weißen 
Mannes zu erkunden, wurde im September 1908 
eine Studienkommission unter Leitung des da- 
maligen Unterstaatssekretärs v. Lindequist entsandt. 
Die Ergebnisse waren so günstig, daß man die 
Anforderung der Mittel für den Weiterbau der 
Bahn im Paregebiet bis Moschi ins Auge fassen 
konnte. Die Mittel in Höhe von 12 250 O000% 
— rund 69 000 J& für das Kilometer Bahn — 
  
  
einschließlich Bauzinsen nebst 1,5 Millionen Mark 
für den Ausbau des Hafens von Tanga, wurden 
in dem Reichsgesetz vom 8. Februar 1910 bewilligt. 
Damit wurde die Usambarabahn nunmehr in 
ihrer Länge ungefähr verdoppelt. Der Endpunkt 
Moschi, Kilometer 352, wurde von der Gleisspitze 
am 26. September d. Is. erreicht. 
Die Linie verläuft in dem Gelände zwischen 
Pare-Gebirge und Panganifluß und wird dort, 
wie man hofft, reiche Entwicklungsmäöglichkeiten 
für den Anbau von Kaffee, Sisal, Reis, Baum- 
wolle, Kautschuk, Tabak, Gerberakazie, für Vieh- 
zucht, insbesondere für Pferde, Wollschaf= und 
Straußenzucht und andere landwirtschaftliche Be- 
triebe schaffen. Die Pächterin der Stammstrecke 
hat den Bau hergestellt und wird demnächst die 
Betriebsführung auf der ganzen Bahn Tanga— 
Moschi gegen Zahlung von 760 000 4 jährlicher 
Mindestpacht auf die ersten fünf Betriebsjahre — 
vom 1. April 1913 bis 1918 — übernehmen, 
so daß das Schutzgebiet auch im ungünstigsten 
Falle nur geringe Zuschüsse zum Zinsendienst des 
Anleihekapitals zu leisten hat. 
Beschreibung der Bahn (ovgl. auch den Höhen- 
übersichtsplan,') S. 841). 
Die Bahn beginnt im Hafen von Tanga und 
führt, von dem dortigen eisernen Pier aus, das 
Stadtgebiet in starker Steigung und scharfer 
Krümmung umfahrend, zum Bahnhof Tanga, 
20 m über dem Meere gelegen, woselbst die 
Werkstätten, ein Magazin und ein Lokomotiv= 
schuppen hergestellt sind. Von Tanga führt die 
Bahn in westlicher Richtung über die Stationen 
Steinbruch, Pongwe, Ngomeni, Muhesa, Tengeni, 
Bombuera, Kinhui, Njussi und Korogwe nach 
dem Bahnhof Mauri, vor dem sie eine nördliche 
Richtung einschlägt. In Ngomeni ist mit Rück- 
sicht auf die schwierigen Geländeverhältnisse seiner- 
zeit eine doppelte Spitzkehre angelegt worden, 
die sich bei dem gesteigerten Bahnbetriebe von 
Jahr zu Jahr als immer unbequemer erweisen 
wird. Ihre Bedienung stellt an die Sorgfalt 
und die Aufmerksamkeit der Stations= und Zug- 
bediensteten große Anforderungen, damit Unfälle, 
besonders bei der Talfahrt, vermieden werden; mit 
ihrer Beseitigung durch gänzlichen Umbau der Linie 
wird man daher in einigen Jahren rechnen und 
den dafür erforderlichen, nicht unbeträchtlichen 
Kostenaufwand in Kauf nehmen müssen. In der 
Station Tengeni, auf 185 m Meereshöhe, zweigt 
die Sigibahn, eine 23,7 km lange, in 75 cm 
Spurweite hergestellte Nebenbahn, ab. Sie führt 
in nördlicher Richtung in das Waldgebirge von 
*) Ju bezug auf Anordnung und Bezeichnung der 
Bahnustationen ist der Höhenplan maßgebend.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.