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Die systematische Stellung dieser Palme ist
meines Wissen noch dicht genau festgelegt; die Palme
kommt sowohl in den Uferwäldern, Ö meist an den
sumpfigsten Stellen und nahe an Bachbett ge-
drängt, als auch in der offenen Savanne, reine Be-
stände bildend, vor. (Vgl. die Abbildungen 2 und 3.)
Sie hat keinen eigentlichen Stamm; die buschbildenden
Blattwedel stehen fast senkrecht und sind im oberen
Drittel ihrer Länge sanft nach außen gekrümmt. Die
Blattwedel sind 6 bis 8 m lang und tragen in ihrem
unteren Teile oft auf eine Länge von 2 m keine
Fiederblättchen.
Durch den infolge des Vulkanausbruchs am
Kamerun-Gebirge beschleunigten Rückmarsch war es
mir nicht möglich, Herbar= und Untersuchungsmaterial
zu beschaffen, doch ist die Station Dschang unter gleich-
zeitiger Ubersendung einer genauen Anleitung ange-
wiesen, das betreffende Material zu beschaffen. c
halte die besprochene Raphia identisch mit der von
Schweinfurth aus dem Tsadsee-Gebiet als
ia vinisera beschriebenen Art. Diese wurde
von rude genauer untersucht und von
Raphia vinisera verschleden gefunden. Drude nennt
sie nach dem für sie charakleriftäschen Standorte Raphia
NMonbuttorum.“)
Der Nutzen, den diese Raphia den Eingeborenen
gewährt, ist oft beschrieben und hinlänglich bekannt.
Sie ist in diesen holzarmen Ländern fast das einzige
Baumaterial zur Herstellung der Hütten. (Vgl. die
Abbildung 4, die ein im Bau befindliches Haus auf der
Station Dschang zeigt.) Die Eingeborenen verstehen
es meisterhaft, jeden Teil der Blattrippe in geeigneter
Weise auszunutzen.
Wenig oder gar nicht ist jedoch die Frage erörtert,
ob diese Palme auch Aussuhrprodukte für den euro
päischen Markt liefern kann, zumal wenn durch die
im Bau begriffenen Ei enbahnen diese Bezirke dem
lossen oder doch beträchtlich näher gerückt
en.
aphiaba Aus den jungen Fiederblättchen
verstehen es die Eingeborenen, den Raphia ba st zu
gewinnen, und in vielen Dörfern des Graslandes
werden heute Matten, Decken, Taschen und sonstige
Flechtwerke für den Handel sabriziert. Die zur Küste
kommenden Bamum-, Bali= und Haussa-Leute bringen
olche in Mengen mit, um sie an Europäer und auch
Schwarze zu verkaufen. Auch im Binnenhandel, z. B.
im Marktverkehr der Graslandleute mit den Wald-
landvölkern, bilden die aus Raphia geflochtenen
Taschen einen beliebten Tauschartikel.
Man könnte hier nun zunächst an die Ausfuhr des
Raphiabastes denken. Mir ist nichts Genaues über die
gegenwärtige Lage des Marktes in diesem Artikel be-
kannt, doch ist wohl anzunehmen, daß der Markt für
Raphiabast, der in Deutschland fast ausschließlich Ver-
wendung im Gartenbau findet, in den letzten Jahren
bedeutend anfnahmefähiger geworden ist. Hier hat
aber der madagassische Raphiabast, von Kaphi
pedunculata stammend, den westafrikanischen
vollkommen verdrängt, so daß von der Westküste Ra-
phiabast in nennenswerten Quanten nicht mehr aus-
geführt wird.
Sadebeck gibt 1. c. S. 13 über den letzteren
folgendes an:
„o0Der westafrikanische Raphiabast, welcher bis vor
einiger Zeit in den europäischen Handel gelangte, ist
*) Vo. R. Sadebeck, der Raphiabast (Jahr-
buch der hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten
XVIII. 1900. 3. Beiheft. Mitteilungen aus dem
botanischen Museum). . .
Rap
später
ist, den Versuch auszuführen, der Station
eine durchaus minderwertige Sorte. Er besitzt aller-
dings die Länge des madagassischen Bastes und ist
teilweise sogar etwas breiter als dieser. Er schlägt
sich beim Trocknen ebenfalls um und wäre im Garten-
bau verwendbar, wenn er nicht so leicht in Längs-
streifen sich spaltete. Der Marktpreis dieser Sorte ist
außerordentlich gering, sie gelangt daher schon seit
Jahren nicht Veße in den Handel und findet höchstens
noch als Packmaterial Verwendung. über die Art
und Weise, wie dieser Bast aus Blättern gewonnen
wird, wissen wir nichts Sicheres. Auch die Pflanze,
von welcher der Bast gewonnen wird, kennen wir
nicht mit Sicherheit.“
Offenbar handelt es sich bei der früheren Aus-
fuhr von Raphiabast aus Westafrika um Bastsorten,
die von Raphia vinisera, i ärtneri oder
Raphia Hookeri stammten. Hingegen steht unsere
oben beschriebene Raphia der madagassischen Raphia
pecdunculata sehr nahe, und es ist so gut wie sicher,
daß Bast von dieser Art noch nicht in
den Handel gekommen ist.
Ich habe deshalb, da es mir selbst nicht möglich
hang
eine genaue Beschreibung der Herstellungsweise des
madagassischen Bastes übersandt und hoffe, in einiger
zeit eine größere marktfähige Probe des Bastes vor-
egen zu können.
Sollte die Ausfuhr an Bast wegen der europäi-
schen Marktlage nicht möglich sein, so würde die exakte
Beantwortung der folgenden Frage vielleicht von Be-
deutung werden:
Ist der europäische Markt auf-
nahmefähig für aus Raphiabast her-
gestellte Halbfabrikate, Gewebe der
verschiedensten Art und Dimensionen?
Der Bast, aus verhältnismäßig kurzen Stücken be-
stehend, die sich nicht verspinnen lassen, erlaubt wohl
kaum eine Verwendung in der heimischen Webetechnik.
Ist es nun nicht möglich, hier auf primitive Weise
fabrizierte Matten, Decken, Gewebestücke, Taschen usw.
in Europa abzusetzen, wo ja auch japanische und in-
dische Gewebe ähnlicher Art einen Absatz finden?
Dem Export dieser Gewebe müßte eine ausge-
dehnte Hausindustrie zugrunde liegen, und gerade diese
wäre in den Graslanddistrikten sehr leicht einzuführen.
Eine Hausindustrie oder ein Gewerbe überhaupt für
diese Distrikte zu schaffen, ist meines Erachtens sogar
ein Bedürfnis und wird eine dringende Notwendigkeit
werden. .
Die Graslanddistrikte sind bevölkerter als man
früher angenommen hat; im Bezirke Dschang kom-
men nach den neuerdinas von Oberleutnant Rausch
vorgenommenen Volkszählungen im Graslande durch-
schnittlich 35 Menschen auf den Quadratkilometer.“)
Die Landwirtschaft, die gegenwärtig die einzige
nutzbringende Tätigkeit der Eingeborenen darsteg.
wird heute noch fast ausschließlich von den Frauen be-
sorgt. Es ist das Ziel der Regierung, aus naheliegen-
den Gründen hier die Männerarbeit einzufüh-
ren; die Landwirtschaft ist sehr primitiv, und es ist er-
forderlich, der Pflugkultur verbunden mit Düngung des
Bodens und sonstigen Neuerungen allmählich Eingang
zu verschaffen. Diese zu erstrebende Art der Wirts
wird erstens die Frauen von der Arbeit freimachen
und dann auch bedeutend weniger Arbeitskräfte be-
anspruchen. · «
S
*) In der Umgeegend von Dschang kommen etwa
32, beim Posten Bara etwa 40 Menschen auf den
Quadratkilometer. R.