Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Gouverneur bekannt gemacht; die Häuptlinge haben 
dann das Recht, alle geeigneten Männer ihres Bezirks 
zu den Wegearbeiten heranzuziehen. 
Für Ashanti und die Northern Territories ist 
die Regelung dieser Frage dem Chief Commissioner 
überlassen. Doch ist in der grundlegenden Ordinance 
für die Organisation Ashantis (Nr. 1/20) ebenfalls aus- 
gesprochen, daß zur Ausübung der Befugnisse die Ge- 
nehmigung des Gouverneurs erforderlich ist. Zu den 
Aufgaben der Häuptlinge gehört ferner der Schutz der 
Telegraphenlinien. Sie können für Beschädigungen der 
Linien innerhalb ihres Gebiets hier — und für Süd- 
und Nord-Nigerien gilt die gleiche Bestimmung — 
(ogl. The Telegraph Ordinances Nr. 7/05 bzw. 
21/02) verantwortlich gemacht werden. 
Die Fortschritte der Verenglisierung in den größe- 
ren Küstenstädten hat, zunächst nicht ohne Widerspruch 
seitens der eingeborenen Bevölkerung, zur Bildung von 
Kommunal-Vertretungen geführt, die für die höher 
stehenden Eingeborenen ein Betätigungsfeld schaffen 
sollten. Sie verdienen namentlich auch im Hinblick auf 
die Cntwicklung der Stadt Lome in Togo besonderes 
Interesse: in den vom Gouverneur bestimmten Städten 
werden „on Concils’“ mit 4 bis 8 Mitgliedern er- 
richtet. Die eine Hälfte der Mitglieder sind amtliche, 
durch den Gouverneur ernannte, die andere nichtamt- 
liche, gewählte Mitglieder. Irgendein Unterschied be- 
züglich der Rassen-Zugehörigkeit wird hierbei nicht ge- 
macht. Vorsitzender und Schatzmeister des Councils ist 
ex officio der District Commusioner. Die nichtamt- 
lichen Mitglieder werden auf zwei Jahre gewählt. 
Aktiv wahlberechtigt sind alle in die Wählerliste einge- 
tragenen erwachsenen männlichen Personen, die Eigen- 
tümer oder Besitzer von Baulichleiten oder Grund- 
stücken innerhalb des Stadtbezirks mit einem jährlichen 
Nutzungswert von mindestens K 2 sind, wählbar alle 
in die Wählerliste eingetragenen Personen, die beweg- 
liches oder unbewegliches Vermögen im Wert von 
4 200 oder mit (20 jährlichem Nutzungswert besitzen. 
Das Nerfahren für die Eimragung in die Liste und die 
Abschänung der Gebände und Grundstücke ist in der 
maßgebenden Verordnung (lhhe Town Councils Ordi- 
nance Nr. 17/94 und 5/11) eingehend geregelt. Das 
Conncil tritt grundsätzlich am zweiten Montag jedes 
Monats und sobald es der Präsident bestimmt, zusam- 
men. Der Präsident wird eventuell durch das nächst- 
älteste amtliche Mitglied vertreten. Bei Stimmen- 
gleichheit entscheidet die Stimme des Präsidenten. 
Über die Sitzungen ist Prototoll zu führen. Für die 
Erledigung der Bureauarbeiten wird vom Distrikt 
Commissioner ein own (Clerk'’ ernannt. 
Dem To#n Council sind die gesamten in den 
Bereich der Verwaltungstätigkeit einer Kommune fal- 
lenden Aufgaben übertragen. Jusbesondere ist es 
innerhalb seines Stadlbezirkes für die Durchführung 
der Town COrdinance (Nr. 13/92) verantwortlich. 
Diese Verordnung regelt schlechthin für alle größeren 
Orte grundsätzlich die Bauart der Häuser, den Straßen- 
bau, die Anlage und Bezeichnung von Plätzen und 
Straßen, die Numerierung der Hänuser, die Anlage 
von Schlachthänusern und Markthallen, die Sauber- 
haltung der Straßen und die sonstigen Maßnahmen 
im Interesse einer allgemeinen Gesundheitspflege und 
die Einführung einer Hundesteuer. Das Conncil kann 
für seinen Bezirk Ausführungsbestimmungen (bye- 
lawes) erlassen. Es ist ferner für die Durchführung 
von Zwangsversteigerungen (vgl. Sales by Anction 
Ordinance Nr. 2/15) und die Beachtung der Vor- 
schriften für den Handel und Ausschank der Spiri- 
tnosen (The Spirit Licence Ordinance Nr. 4/11) 
verantwortlich und kann den Kraftwagenverkehr inner- 
halb der Stadt regeln (vgl. S§ 18 der Alotor Traffic 
  
Ordinance Nr. 17/07, abgeändert durch Nr. 4/10). 
Es kann für die Durchführung seiner Aufgaben 
Grundbesitz erwerben und klagt und wird verklagt 
unter dem Namen des lown Clerks. 
Zur Durchführung seiner Aufgaben und zur Be- 
streitung der Kosten für die Wahlen zum Council und 
des Gehalts seines Clerks fließen ihm außer den Ein- 
künften aus etwaigem eigenen Vermögen folgende 
Einnahmen zu: 
1. Es kann eine Grund= und Gebänudesteuer von 
denjenigen Grundstücken und Gebäuden, die einen 
jährlichen Nutzungswert von mehr als # 2.—.— 
haben, bis zum Höchstbetrage von 5 v. H. dieses jähr- 
lichen Nutzungswertes erhoben werden. 
2. Es kann einen nicht unerheblichen Zuschlag 
z den allgemeinen Abgaben für den Handel und den 
usschank von Spirituosen einziehen. 
3. Es erhält die Erträge der Gefährtsteuer, deren 
einzelne Sätze zwischen 5 sh. für ein Fahrrad und 
# 2.—.— für einen vierräderigen Wagen schwantken, 
die Hälfte der Einkünfte aus der Anto-Steuer (ovgl. 
§* 22 von 17/07), die Gebühren für Zwangsversteige- 
rungen, die Erträge der Hundesteuer, die Geldstrasen 
für Verstöße gegen die vorgenannten Punte regelnden 
Verordnungen, die Geldstrafen für ruhestörenden 
Lärm oder groben Unfug auf den Straßen (vgl. S 137 
des Criminal Code). 
Die Vorschriften dieser Verordnung sind ausge- 
dehnt worden 1896 auf Accra, 1904 auf Seccondee und 
1905 auf Cape Coast. Die Einnahmen des Town Conn- 
cils in Accra betrugen 1910: # 6 718.—.—, die Aus- 
gaben # 6 728.—.—, in Cape Coast ## 2 381.—. 
baw. S 2174.—.—, in Seccondee K 2 927.—.— bzw. 
2 707.—.—. Die Zahl der eingeschriebenen Wähler 
betrug 1910 in den 3 Städten 1756. bzw. 1600 bzw. 
611. Die lown Cauncils haben sich ihrer Aufgabe 
nicht ganz gewachsen gezeigt. Namentlich vermochten 
sie häufig die von der Verwaltung für erforderlich 
erachteten sanitären Maßnahmen nicht als notwendig 
anzuerkennen. Bezeichnenderweise beschränkt daher 
die Ergänzungsverordnung von 1911 die Anwendbar- 
keit der Verordnung auf diese drei Städte. Zu einer 
Ausdehnung der Verordnung auf andere Orte dürfte 
es daher wohl kaum oder doch nur unter Beschränkung 
der Befugnisse der Town Councils kommen. 
Zu den Kosten der Verwaltung werden die Einge- 
borenen, abgesehen von der Besteuerung durch die 
lon Councils, durch direkte Besteuerung nicht 
herangezogen. Anderseits liefern sie als die Haupt- 
konsumenten den größten Teil der Zolleinnahmen. 
Auf dem Gebiet des Ergzgiehungswesens wurde 
das grundlegende Gesetz schon 1887 geschaffen. Die 
allgemeine überwachung des Schulwesens wurde in 
die Land eines Board of lEducation gelegt. Ihm ge- 
hören außer dem Gonverneur die Mitglieder des 
Legislativre Council und vom Gonverneur besonders 
ernannte Personen an. Damit ist den Eingeborenen 
auch ein unmittelbarer Einfluß auf die Gestaltung 
des Erziehungswesens eingeräumt. Für die unmittel- 
bare Leitung des Erziehungswesens wurde ein Di- 
rector of Education ernannt. 
Das Gouvernement errichtete verschiedene kon- 
dessionslose Sehulen, daneben belätigten sich die in der 
Kolonie wirkenden Missionsgesellschaften in weitestem 
Umfange an der NFörderung der Schulbildung. Die 
Schulen wurden eingeteilt in Gonvernements= und 
in Privatschulen, letztere zerfallen wieder in #J#assi- 
stcd’' und „vrnot assisted Schools’', je nachdem sie 
vom Gouvernement kontrolliert und dann auch unter- 
stützt werden oder nicht. Nach den Unterrichtsgegen- 
ständen zerfallen die Schulen
	        
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