Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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1. in Primary und in Secondary Schools, die in erheblichem Umfang seine Verwaltungsbeamten. 
letzteren bilden eine Oberstuse für die ersteren, ent- 
sprechend den Fortbildungsschulen; 
2. die Primary Schools zerfallen wieder in Ur- 
ban und Rural Schools. In beiden wird Unterricht 
im englischen Lesen, Schreiben, Sprechen und Rechnen 
erteilt. In den Rural Schools wird daneben mehr 
Wert auf Unterweisung in landwirtschaftlichen Kennt- 
nisson gelegt. Die Gesamtzahl der Schulen im ganzen 
Goldküsten-Gebiet betrug im Jahre 1910 377, darunter 
9 Gouvernements-Schulen und 147 Privat-Schulen, 
die Beihilfen erhielten. In Ashanti gab es erst 7 
kontrollierte Schulen, davon 2 Gouvernements- 
Schulen, in den Northern Territories nur die Gou- 
vernements-Schule in Tamale. Die Gesamtzahl der 
Schüler und Schülerinnen auf den Gouvernements- 
Schulen und den unterstützten Schulen betrug 1910 
17570. 
Außer diesen allgemeinen Schulen werden noch 
Handwerker-Schulen unterhalten, die die Heranbildung 
leistungsfähiger Handwerker bezwecken. Spezielle Land- 
wirtschafts-Schulen gibt es noch nicht, wohl aber er- 
folgt seit den letzten Jahren nahezu auf allen Schulen 
eine gewisse Unterweisung in landwirtschaftlichen 
Kenntnissen, und vor allem wird durch Wanderlehrer 
außerordentlich viel, und man kann wohl sagen 
Mustergültiges, in der praktischen Unterweisung der 
erwachsenen Eingeborenen bei der Anlegung und Be- 
wirtschaftung ihrer Pflanzungen und Farmen getan. 
Irgendwelche Maßnahmen, die den Bildungsgang 
und die Zahl der besser ausgebildeten Schüler dem 
vorhandenen Bedürfnis anzupassen versuchen, habe 
ich nicht erfahren können. Aus den Lehrplänen ist 
auch nicht zu entnehmen, daß auf eine langsame und 
stusenweise UÜberleitung der Eingeborenen aus einer 
Kulturstufe in die nächsthöhere hingearbeitet würde. 
Das Schulwesen der Goldküste macht mehr den Ein- 
druck, als wenn versucht würde, einer möglichst großen 
Anzahl von Schülern eine möglichst gute Ausbildung 
auch im Englischen zu geben. Dem widerspricht nur, 
daß auch einer Ausbildung der Wohlhabenderen in 
England keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt 
werden. Das Gouvernement hat sich hierdurch eine 
große Angahl sehr tüchtiger Subalternbeamten heran- 
erzogen und auch äußerst brauchbare Handlungs- 
gehilfen für die kaufmännischen Firmen ausgebildet. 
Aber anderseits dürfte schon eine gewisse Uberproduk- 
tion eingetreten sein, und auch die guten Elemente 
sind vielfach nicht frei von den Mängeln, die eine 
Überstürzung im Bildungsgang zu zeitigen pflegt. 
Eine Presse-Verordnung ist in der Goldküste noch 
nicht ergangen. Es ist hier auch noch nicht zu der- 
artig bedenklichen Erscheinungen auf dem Gebiete der 
Eingeborenen-Presse gekommen wie in Süd-Nigerien. 
An Zeitungen erscheinen anßer der -„Cavernment 
Gazette“ wöchentlich der „Cold Coast Leader’“ und 
der „Cold Coast Avccate“. 
Bezüglich der Gesundheitspflege ordnet die 
Vaccination Ordinance Nr. 8/88 für die Kolonie 
die Einsetzung von amtlichen Impfern und den Impf- 
zwang für alle Kinder innerhalb 3 Monaten nach der 
Geburt an. Für die Bekämpfung der Lepra ist noch 
keine Verordnung erlassen. Die Lunatic Asylum 
Ordinance Nr. 3/88 sieht die Errichtung von Irren- 
häusern und die zwangsweise Unterbringung der ge- 
meingefährlichen Irren in ihnen vor. In Accra ist 
ein Irrenhaus errichtet; die durchschnittliche Tages- 
belegziffer betrug 1910: 90 Kranke. 
B. Gerichtsorganisation, Verfahrens- 
recht und materielles Strafroecht. 
In der Ausübung der Rechtspflege verwendet 
England in den Kolonien neben seinen Richtern auch 
  
Maßgebend ist für die Zuweisung der Sachen nicht 
wie im deutschen Recht die Zugehörigkeit des Beklagten 
oder Angeschuldigten zur weißen oder farbigen Rasse 
oder, wie im französischen Recht, seine Staatsange- 
hörigkeit und der Ort des Anspruchs oder der Tat, 
sondern die Höhe des Wertes des Objektes und die 
Schwere der Straftat: die Verwaltungsbeamten sind 
für die geringeren Ansprüche und die leichteren De- 
likte zuständig. Also auch hier wieder die grundsatz- 
lich gleiche Behandlung der Angehörigen beider 
Rassen. 
Die allgemeine Gerichtsorganisation ist kurz fol- 
gende: das gesamte Gerichtswesen ist dem Chief Ju- 
stice unterstellt. Die Kolonie ist in verschiedene Ge- 
richtsbezirke eingeteilt. In jedem ist ein Dirisional 
Court gebildet. Zu seiner Besetzung genügt ein 
Richter. Als Apellationsgericht fungiert der „Full 
Court“ mit der Besetzung von 2 oder mehr Richtern. 
In jedem der 14 Verwaltungsbezirke üben die Di- 
strict Commissioners die summarische Gerichtsbar- 
keit aus. Sie bilden hierzu die District Commis- 
sioner Courts. Sie können in Strafsachen auf höch- 
stens 6 Monate Gefängnis, L 50.— und auf körperliche 
Züchtigung erkennen. Gegen ihre Entscheidung in 
Zivilsachen ist, sosern der Wert des Streitobjektes 
Cb.— übersteigt, Berufung an den Divisional Court 
zulässig. Die District Commissioners haben monat- 
lich eine Liste der abgeurteilten Straffälle dem Chiek 
Justicc einzureichen; die Liste wirkt als „Appeal“, d. h. 
der TChief Justice hat die Befugnis, die Urteile abzu- 
anderu (vgl. The District Commissioner Ordinance 
14/01). Die District Commissioner können als 
Verwaltungsbeamte durch den Gouverneur jederzeit 
versetzt werden. 
Vor den Courts werden 
der RKolonie eingeführte englische Recht und die 
Sondergesetze der Kolonie angewandt. Doch haben 
die in ihnen tätigen Beamten die Befugnis, Stammes- 
recht anzuwenden in den Fällen, in denen beide 
Parteien Eingeborene sind, oder in denen, sofern 
nur eine Partei ein Eingeborener ist, die strikte An- 
wendung des englischen Rechts eine Ungerechtigkeit 
bedeuten würde. Sie können über das anzuwendende 
Stammesrecht einen oder mehrere Häuptlinge oder 
saust geeignete Personen als Sachverständige hinzu- 
ziehen. 
In Ashanti und den Northern Territories sind 
statt des Supreme Court ein Chief Commissioner 
Court mit den Befugnissen eines Divisional Coun 
und für die Verwaltungsbezirke District Commis- 
sioner Courts ähnlich denen der Goldküste einge- 
richtet. Der Chief Commissioner, also der Verwal- 
tungsbeamte, ubt hier die Aufssicht über die Recht- 
sprechung der Bezirksamtmänner aus. An ihm sind 
die — in der Goldküste an den Chiel Justice — monat- 
lich einzureichenden Straflisten zu senden. An ihn 
geht die Berufung in Zivilsachen. Gegen seine Ent- 
scheidung ist bei Mertobjekten von mehr als C100.—.—, 
aber nur mit Zustimmung des Gonverneurs, die Be- 
rufung an den Supreme Court zulässig. In Straf- 
sachen ist auch hier eine Berufung gegen die Cmschei- 
dung der Bezirksamtmänner nicht gegeben, doch wirkt 
die einzureichende Strafliste ebenfalls als „Appeal“, 
so daß der Chief Commissioner zur Abänderung der 
Urteile berechtigt ist. Das gleiche gilt für die von ihm 
grundsätzlich das in 
selbst dem Gouverneur einzureichende Liste. Die 
Courts wenden das für den Supreme Court der 
Goldtüste vorgeschriebene materielle Recht, insbesondere 
auch den Criminal Code, an. Das Verfahren soll 
sich möglichst dem vor dem Supreme Court üblichen 
anpassen, doch ist es stets summarisch (vgl. The Ashamiti 
Administration Ord. 1/02, The Northern Lerri-
	        
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