Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

W 1007 ce.Ö 
Aus dem Gebiet des Obligationen-Rechts ver- 
dienen Beachtung die „Master and Servant Ord.“ 
Nr. 8/93, abgeändert durch Nr. 1/12, die das Dienst- 
verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer 
regelt, u. a. Schriftlichkeit des Dienstvertrages, sobald 
er länger als 6 Monate dauern soll und seine Bestäti- 
gung durch den District Commissioner vorschreibt, 
sich eingehend mit dem Lehrlingsvertrag befaßt und 
für Vertragsverletzungen bei Jugendlichen auch die 
Rutenstrafe zuläßt. Bei grober Verletzung der Dienst- 
pflichten kann nach ihr auf Gefängnisstrafe bis zu 
3 Monaten oder # 25,—,— Geldstrafe erkannt werden. 
Dagegen hat eine Beschränkung des Kredits an 
Eingeborene nicht stattgefunden. Wohl aber wurde 
die Zulässigkeit der Schuldhaft, Imprisonmen sor 
Debt, d. h. die Inhaftnahme des rechtskräftig ver- 
urteilten Schuldners, der den Anordnungen des Court 
nicht Folge leistet, durch Order XXXXVI zur 
Supreme Court Ord. ausdrücklich ausgesprochen. 
Die reichliche Anwendung dieses Grundsatzes in der 
afrikanischen Praxis, in der einmal der Personalkredit 
eine so große Rolle spielt, während umgekehrt die 
Vollstreckung von Urteilen infolge der häufig unklaren 
Eigentumsverhältnisse oft äußerst schwierig ist, hat sich 
nach übereinstimmender Ansicht aller Herren, die ich 
dauach fragte, gut bewährt. In den meisten Fällen 
bezahlte, entsprechend den stammesrechtlichen Anschau- 
ungen, die Familie sehr bald die Schuld des Inhaf- 
tierten. Die Pfandknechtschaft ist dagegen verboten. 
(Fortsetzung folgt.) 
* Die Vertellung des Candbesitzes in den englischen 
NKolonien des tropischen RKfriha.“) 
1. Gambia. 
Das Land umfaßt 4004 Quadratmeilen.““) Da- 
von finden sich im Eigentum Privater nur 359 Ac- 
res,“*) wovon allein 350 Acres auf die Insel St. Mary 
entfallen, während 126 Acres von der Regierung ver- 
pachtet sind. Andere Rechtstitel auf das Land als 
Eigentum und Pacht werden nicht anerkannt. Die 
Pachtdauer beträgt 99 Jahre, der Mindestpachtzins 
3 e. Häuptlinge oder Stämme werden nicht als Ei- 
gentümer von Land angesehen. 
2. Sierra Leone. 
Diese Kolonie hat eine Größe von 31 624 QOnadrat- 
meilen. Fast das ganze Land steht im Eigentum der 
Eingeborenenstämme; Kronland sind nur etwa 309 
Quadratmeilen, die von der Regierung unter günsti- 
gen Bedingungen verkauft oder verpachtet werden. 
Die Häuptlinge und Stämme dürfen das Land an 
Nichteingeborene nur unter bestimmten Voraussetzungen 
veräußern und Vergrechte sowie Rechte auf Gewin- 
nung von Holz, Gummi oder anderen Bodenprodukten 
nur mit Genehmigung der Regierung und auf höch- 
stens 99 Jahre verleihen. 
3. Goldküste. 
Die englische Goldküste erstreckt sich über 24 200 
Quadratmeilen. Zum weitaus größten Teile befindet 
sich das Land in Privatbesitzz das Kronland um- 
faßt nur 36 Quadratmeilen und 566 Acres. In den 
Jahren 1906 bis 1910 wurde von der Regierung über- 
haupt kein Land verkauft und nur wenig verpachtet. 
  
*) Auszug aus dem Weißbuch „Land in Crown 
Colonies and Proteectorates“. London 1912. 
*“) 1 engl. Quadratmeile = 60 Acres = 2,59 qkm. 
*“) 1 Acre = 40,467 Ar. 
  
Die Kauf= und Pachtbedingungen werden in jedem ein- 
zelnen Fall besonders festgesetzt. 
Die Häuptlinge, Altesten und Stämme gelten als 
die Eigentümer des Landes, in dessen VeräuHerung sie 
allerdings beschränkt sind. 
4. Süd-Nigeria. 
Von den 79 888 Quadratmeilen Land, die die Ko- 
lonie Süd-Nigeria bilden, befinden sich nur 800 Acres 
in freiem Privateigentum. Das Kronland umfaßt 
79 879 Quadratmeilen; nach Eingeborenenrecht gelten 
zwar die Häuptlinge und Stämme als Inhaber des 
Landes; sie dürfen es jedoch nicht veräußern; dagegen 
kann die Regierung die Erlaubnis geben, Land an 
Eingeborene und Fremde zu verpachten. . 
Die Regierung verpachtet Kronland unter folgen— 
den Bedingungen: die Größe des Pachtgrundstücks darf 
1500 Acres nicht übersteigen; der Pächter muß inner- 
halb eines Jahres das Land in Kultur nehmen und 
alsdann in jedem Jahre eine Anzahl Acres bebauen. 
Eine bestimmte Grenze für die Pachtperiode ist nicht 
festgesetzt; die Höchstdauer der Pacht beträgt 99 Jahre. 
Werden durch die Verpachtung Rechte Eingeborener an 
dem Lande berührt, so ist ihnen hierfür Entschädigung 
zu leisten. 
5. Nord-Nigeria. 
Die Kolonie umfaßt 260 700 Quadratmeilen. Nur 
40 Acres befinden sich im Privateigentum der Niger 
Companny; alles übrige Land ist Kronland, das zum 
größten Teile den Eingeborenen zur Benutzung gegen 
einen Pachtzins überlassen ist. Die Einnahmen hier- 
aus betrugen im Jahre 1909/10 145 093 c. An Han- 
delsfirmen und Bergbanugesellschaften sind im Jahre 
1909/10 12 289 Acres Land gegen eine Rente von 
4304 C verpachtet. 
6. Britisch-Ostafrika. 
Das englische Ostafrika hat eine Größe von 216 822 
QOnadratmeilen. Im Privateigentum stehen 654 765 
Acres. 
Die Eingeborenenhäuptlinge gelten als Inhaber 
der von ihren Stämmen besetzten Gebiete, deren ge- 
naue Grenzen jedoch noch nicht festgestellt sind. Zehn 
Meilen von der Küste einwärts wird Einzeleigentum 
der Araber und Eingeborenen anerkannt. Ansprüche 
Eingeborener auf Land werden in einem besonderen 
Verfahren festgestellt. Beschränkungen in der Ver- 
äußerung solchen Landes bestehen nicht. Im Innern 
sind bestimmte Landstrecken für Eigeborenenreservate 
vorgesehen; diese Reservate stehen im Gesamteigentum 
des Stammes und dürfen nicht veräußert werden. 
Von der Regierung sind insgesamt verpachtet 
1550 065 Acres; verkauft wurden in der Zeit von 
1906 bis 1910 101 259 Acres für einen Gesamtpreis 
von 195 578 Rs.“) 
Besondere Vorschriften bestehen für den Kauf einer 
sog. „Oeimstätte“. Der Umfang einer solchen darf 
320 Acres nicht überschreiten. Der Kaufpreis wird in 
jährlichen Raten, mindestens innerhalb 16 Jahren, 
gezahlt. In jedem der drei ersten Jahre muß der 
Känfer ein Zehntel des Landes unter Kultur bringen; 
ferner muß er innerhalb der ersten 6 Monate das 
Land in Besitz nehmen und innerhalb dreier Jahre 
ein festes Wohnhaus errichten. Bleibt der Käufer 
3 Monate mit einer Kaufpreisrate im Rückstand, oder 
erfüllt er die sonstigen Bedingungen nicht, so fällt das 
Land an die Regierung zurück und die bereits bezahl- 
ten Raten sind verfallen. 
Von Zeit zu Zeit werden von der Regierung 
Landflächen in Farmen vermessen und diese dann im 
*) 1 Rs. — 1 sh 4 p.
	        
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