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werden. Wie wenig er aber selbst in dieser
Hinsicht orientiert ist, zeigt wohl zur Genüge die
von ihm in seinen „Reiseeindrücken“ (S. 15) über
ein neues Zapfinstrument vertretene Ansicht. Das
betreffende Instrument besteht aus einem mit ver-
stellbaren Quermessern versehenen Rade, und seine
Benutzung soll, „abgesehen von einer Beschleuni-
gung des Zapfens, eine Beschädigung des Kam-
biums bzw. Holzes unmöglich machen und die
Narben tunlichst klein halten". Ferner sagt
Herr Dr. Marckwald über das betreffende In-
strument: „Die Benutzung scheint ein leichtes und
einfaches Arbeiten zu gestatten und vor den bisher
verwandten Zapfmessern Vorteile zu bieten." Die
Frage, ob es möglich ist, ohne gelegentliche
Schädigung des Kambiums den Bäumen möglichst
große Mengen von Kautschuk zu entziehen, werde
ich in meinem Buche auf Grund der anatomischen
Struktur der Manihot-Rinde ausführlich erörtern.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen,
daß das oben erwähnte Instrument einen leicht
ersichtlichen Konstruktionsfehler besitzt, weil die
Messerchen nicht vertikal in die Rinde hinein-
gestochen und wieder herausgezogen, sondern in
der Wunde gedreht werden, wodurch ein Druck
auf die Wundränder ausgeübt und auch die Ver-
narbung erschwert wird. Außerdem hätte ein
Zapfversuch bei einem älteren Baum sofort zeigen
können, daß es unmöglich ist, mit dem Instrument
die zum Durchstechen der Rinde nötige Kraft
auszuüben.
4. Koagulationsmittel. Herr Dr. Marck-
wald klagt darüber, daß vielfach Essig säure
zur Koagulation des Milchsaftes benutzt wird.
Er behauptet, daß durch die Benutzung von Essig-
säure „der Nerv und die Lebensfähigkeit des
Kautschuks herabgesetzt wurde“ und daß diese
Säure „auch bereits zu einer steigenden Ent-
wertung des in solcher Weise koagulierten Ceylon-
Plantagenkautschuks geführt hat".
Ich bemerke hierzu, daß das Preisverhältnis
zwischen dem brasilianischen und den ostasiatischen
Hevea-Kautschuken allerdings in den letzten Jahren
stark geschwankt hat. Für die in manchen Be-
ziehungen voneinander abweichenden Eigenschaften
dieser beiden Kautschukarten wurden auch von
verschiedenen Fachmännern verschiedene Gründe
angeführt, von denen aber noch keiner als exakt
nachgewiesen und als allgemein anerkannt an-
gesehen werden kann. Was nun speziell die be-
hauptete Schädlichkeit der Essigsäure anlangt, so
ist doch immerhin beachtenswert, daß nach dem
Mitte 1911 erschienenen Handbuch von Schidro-
witz („Rubber“ S. 66) noch in jener Zeit etwa
99¾ vH. des ostasiatischen Plantagenkautschuks
mit Essigsäure koaguliert wurden, daß sich ferner
das Preisverhältnis zwischen wildem und Plan-
tagenkautschuks geändert hat, und daß auch Frank
und Marckwald im „Pflanzer“ 1910 von mir
mit Essigsäure koagulierten Kautschuk als eine
„hervorragende Qualität“ bezeichnet haben. Nach
dem obigen sind wohl noch gewisse Zweifel an
der großen Schädlichkeit der Essigsäure gestattet.
Bezüglich des von mir an Stelle von Essig-
säure empfohlenen bedeutend billigeren Chlor-
calciums äußert sich Herr Dr. Marckwald zwar
an anderen Orten ziemlich skeptisch. Die von
ihm selbst an dem vulkanifierten Kautschuk aus-
geführten Beobachtungen haben aber diese Be-
denken bisher nicht begründet erscheinen lassen.
Was nun ferner die von Herrn Dr. Marck-
wald so stark gerügte Maßregel anlangt, daß
auf einigen Plantagen den Zapfern gestattet werde,
ihr Koagulationsmittel selbst zu bereiten oder
durch gewisse Zusätze zu verbessern, so wäre diese
strenge Kritik wohl einigermaßen berechtigt, wenn
in einem Falle erakt nachgewiesen wäre, daß
durch diese Zusätze die Qualität des Plantagen-
kautschuks wesentlich beeinträchtigt wäre. So-
weit mir bekannt, handelt es sich in all diesen
Fällen, um vergorene Stoffe oder gewisse Pflanzen-
säfte, also in erster Linie um organische Säuren
wie Essigsäure, Zitronensäure, Weinsäure usw.
Wenn nun den Zapfern ein Koagulationsmittel
von ausreichender Konzentration gegeben wird,
so werden diese Zusätze meist unwirksam sein und
von den Leuten von selbst nicht mehr angewandt
werden. Wenn man aber den Zapfern gestattet,
die Koagulationsmittel noch durch Zusatz von
Orangensaft und dergleichen zu verstärken, so
kann man natürlich an Koagulationsmitteln sparen.
Daß aber die Ausgaben für das Koagulations-
mittel in der Bilanz der Kautschukplantagen bei
Anwendung der Lewametbode eine ziemlich er-
hebliche Rolle spielen, dürfte genugsam erwiesen
sein. So lange wir über die Vor= und Nach-
teile der verschiedenen Koagulationsmittel noch so
wenig zuverlässige Angaben besitzen, dürfte es
auch berechtigt sein, die Kosten der verschiedenen
Koagulationsmittel in erster Linie in Betracht zu
ziehen.
Anders liegt die Sache allerdings, sobald es
sich darum handelt, eine Standardmarke zu
schaffen. Dann wird naturgemäß bei Anwendung
der Lewamethode auch eine Einigung über das
anzuwendende „Koagulationsmittel“ erforderlich
sein. Bei der Wahl des Mittels würden natür-
lich in erster Linie die Eigenschaften des damit
erhaltenen Kautschuks, in zweiter Linie die Kosten
des Koagulationsmittels maßgebend sein müssen.
Welches Koagulationsmittel nun aber als das
beste und rentabelste zu bezeichnen ist, scheint
mir zur Zeit noch nicht mit Sicherheit entschieden.
Um aber in dieser Hinsicht auch von anderer