Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Bei dem trotzigen und kriegerischen Sinne unserer 
Eingeborenen, speziell in Kaiser-Wilhelmsland, ist 
es ganz natürlich, daß diese Berührung oft eine 
feindselige wird. Den besten Vergleich zu dem 
Zustand, in dem wir in dieser Hinsicht leben, 
gibt vielleicht die Geschichte des Vordringens des 
Weißen in den Westen Nord-Amerikas. Diese 
Konflikte sind bedauerlich, aber an sich ganz 
  
natürliche Erscheinungen, wie sie der Kampf mit 
der Wildnis überall mit sich gebracht hat.“ 
Der Gouverneur nimmt stets Veranlassung, 
in solchen Fällen telegraphisch zu berichten, aber 
nur, um übertreibenden Gerüchten vorzubengen, 
nicht etwa, weil ein derartiges Ereignis in der 
weiten deutschen Südsee aus dem Rahmen der 
üblichen Geschehnisse herausfällt. 
  
  
  
Kolonialwirtschaftliche Mitteilungen. 
Die Michwirtschaft in Deutsch-Südwestakrika. 
Der Kaiserliche Gouverneur berichtet: 
Im letzten Jahre sind wesentliche Anderungen 
in bezug auf Umfang und Lage der Milch- 
wirtschaft nicht eingetreten. 
Die Absatzverhältnisse für frische Milch und 
Butter haben sich nach Fertigstellung des Bahn- 
baues und des damit verbundenen Fortzuges 
von Konsumenten gegen das Vorjahr naturgemäß 
verschlechtert. Dies hat jedoch auf die Gestaltung 
der Preise keinen Einfluß und offenbar nur eine 
Einschränkung der Produktion an Butter zur 
Folge gehabt. Die Preise für frische Milch 
schwanken in Windhuk zwischen 40 und 55 Pf. 
pro Liter, die für Butter zwischen 3 bis 6= 
pro k#g„, wobei zu bemerken ist, daß diese erheb- 
lichen Preisschwankungen so gut wie gar nicht 
im Zusammenhang mit der DLualität stehen, 
sondern lediglich von der Jahreszeit und dem 
damit verbundenen Mangel oder Reichtum an 
Futter abhängig sind. 
Aus der Tatsache, daß für schlechte Butter 
und dünne Milch durchweg der gleiche Preis wie 
für gute Qualität, die nach europäischem Ge- 
schmack allerdings nur sehr selten anzutreffen ist, 
gezahlt wird, geht hervor, daß wenigstens in den 
größeren Verbrauchsgentren ein genügendes An- 
gebot nicht vorhanden ist; sonst würde durch die 
entstehende Konkurrenz eine Bewertung und Preis- 
bildung nach Qualität sehr bald die unausbleib- 
liche und erwünschte Folge sein. 
Was hier für Windhuk gesagt ist, gilt auch 
für die anderen Ortschaften. Keetmanshoop 
und Lüderitzbucht sind häufig nur auf Kon- 
servenbutter und Konservenmilch angewiesen und 
solbst Mindhuk muß zeitweilig hierauf zurückgreifen. 
Von einem Mangel an Absatz kann man 
demzufolge im allgemeinen nicht reden, zumal, 
wenn man berücksichtigt, daß neben der Butter 
noch sehr große Mengen Konservenschmalz sowohl 
zum direkten Genuß wie besonders zum Kochen 
Verwendung finden, weil dieses sich gegenüber 
der Butter immer noch erheblich billiger stellt. 
  
Ein Absatzmangel besteht nur auf den von den 
Verbrauchszentren weit entfernt gelegenen Farmen 
(über 100 km im Umkreise). Die den Zentren 
benachbarten Farmen könnten dagegen das Doppelte 
des bisher gelieferten Quantums absetzen, wenn 
sie nur genügend Milch zur Verfügung hätten und 
nicht genötigt wären, einen sehr großen Teil hier- 
von den Kälbern zu überlassen, was sie bei der 
extensiven Viehhaltung und dem leider sehr teuren 
Preise für Futtermittel zu tun genötigt sind. 
Solange sich bei der Mehrzahl der Farmer 
die Kenntnisse in der Technik der Butterbereitung 
auf dem derzeitigen niedrigen Nivean halten, und 
solange nicht die heute bei der Butterbereitung 
angewandten primitiven Hilfsmittel durch voll- 
kommenere, den klimatischen Verhältnissen ange- 
paßte ersetzt werden, ist auch nicht zu erwarten, 
daß sich die Absatzmöglichkeit für Molkereiprodukte, 
insbesondere für Butter für die den Verbrauchs- 
zentren entfernter gelegenen Farmen bessern 
wird. Eine schlechte Butter, die täglich her- 
gestellt und wenigstens eine Woche gesammelt 
werden muß, um ein zur Abfuhr lohnendes 
Quantum zu bilden, kommt nach einem langen 
Transportweg natürlich viel leichter in einem 
verdorbenen Zustand am Verbrauchsort an, als 
dies bei einer guten, zweckmäßig behandelten 
Butter der Fall wäre. 
Diese Mißstände ließen sich wahrscheinlich 
bis zu einem gewissen Grade dadurch beseitigen, 
daß den Farmern respektive deren Frauen, die 
in der Hauptsache die Butterbereitung betreiben, 
durch einen von der Regierung anzustellenden 
Molkereitechniker entsprechende Belehrungen 
und Anweisungen bei der praktischen Butter- 
bereitung auf der Farm selber erteilt würden. 
Frische Milch oder Sahne wird bei dem 
afrikanischen Klima einen weiten Transport über 
schlechte Wege auf Ochsenwagen wohl niemals 
vertragen; anderseits wird auch der Verkauf dieser 
Produkte bei der notwendigen täglichen Abfuhr 
nach dem Verbrauchsort trotz der hohen Preise 
in den meisten Fällen nicht mehr rentabel sein.
	        
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