Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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besugt ist (Fritze-Werner, S. 25b und S. 166 8 25). 
Allerdings kann in Fällen die vorgesetzte Behörde 
die Vertretung des Fiskus im Prozeß an sich ziehen, 
sie kann aber zur übernahme der Vertretung von dem 
Prozeßgegner nicht dadurch gezwungen werden, daß 
dieser die Klage gegen die vorgesetzte Behörde anitren 
Houl. ritze-Werner, Prozeßvertretung des Fiskus 1910, 
81, III. 1a am Schluß). Die an und für sich be- 
stehende Befugnis des Reichs-Kolonialamts zur Ver- 
tretung des Landesfislus der Schutzgebiete wird somit 
im vorliegenden Prozeß ausgeschlossen, wenn für diesen 
der Gouverneur zur Vertretung berufen ist. Die Ver- 
tretung des Fiskus im Prozeß ist grundsätzlich ein 
Bestandteil der den Behörden eines jeden Ver- 
waltungsressorts innerhalb ihres Geschäftskreises ob- 
liegenden Verwaltungstätigkeit (Fritze-Werner a. a. O. 
U 
  
4, I). Nachgeordnete Behörden, zu denen auch die 
Bouverneure der einzelnen Schutzgebiete gehören, sind 
hiernach dann zur Prozeßvertretung des Fiskus befugt, 
wenn ihnen hinsichtlich des den Streitgegenstand 
bildenden Rechtsgeschäftes eine allgemeine Ver 
waltungszuständigkeit gegeben ist (Anm. 19 S. 
ritze-Werner). Dies gilt für die Reichsbehörden 3 
gleicher Weise wie- für ie Landesbehörden Eritze- 
Werner, S. 171, 
Im werliegenven Rechtstreit handelt es sich um 
A#sprüche aus einem auf Erwerb von Land im ost- 
afrikanischen Schutzgebiet gerichteten Vertrage. Durch 
§ 1 der Kaiserlichen Verordnung, betreffend Kronland 
in Ostafrika, vom 26. November 1895 (Kol. Bl. 1895. 
Beil. zu Nr. 23), ist vorbehaltlich der Eigentums- und 
Okkupationsrechte dritter alles Land innerhalb Ost- 
afrikas zu herrenlosem Kronland erklärt worden, an 
dem das Eigentum dem Reiche zusteht. Die Über- 
lassung von Kronland erfolgt gemäß § 6 dieser Ver- 
  
urch Übertragung zu Eigentu 
buch Ferner benemt 7, daß die Bedingungen für 
  
die Überlassung von Kronland durch den Gouverneur 
nach näherer Anordnung des Reichskanzlers festgesetzt 
werden. Zur Ausführung dieser Kaiserlichen Ver- 
ordnung ist die Verfügung des Reichskanzlers vom 
27. November 1895, betreffend die Ausführung der 
Allerhöchsten Perordnung # vom 26. November 1895, er- 
gangen, die in den 6 ff. allgemeine Anweisunger 
enthält, die bei der Veräußerung von Kronland durch 
den Gouverneur zu beachten sind. Endlich gibt § 15 
dieser Verfügung des Reichskanzlers dem Gouverneur 
die Befugnis, die weiteren zur Ausführung der Aller- 
höchsten Verordnung vom 26. November 1895 er- 
forderlichen Bestimmungen zu erlassen. An diesen 
Vorschriften, sowohl der Kaiserlichen Verordnung wie 
der Verfügung des Reichskanzlers, ist durch die 
spätere, bairstrnnro, winsbesondere durch den Erlaß 
907 über die Errichtung des Kolonial= 
boaugs Wias be,se . worden, soweit es sich um die 
Befugnisse des Gouverneurs handelt. Durch die beiden 
Verordnungen ist eine allgemeine Verwaltungs- 
zuständigleit des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika 
hinsichtlich der Veräußerung von Kronland und damit 
ich die Befugnis desselben zur Prozeßvertretung 
des Fis kus in den über Kronland abgeschlossenen 
Rechtsgeschä begrin ündet. Daß es sich im vorliegenden 
Nechtssrei nicht bloß um den Anspruch auf Wschluß 
eines Kaufvertrages, sondern eventuell au 
Schadensersatz wegen Nichterfüllung handelt, kann. da 
es sich in beiden Fällen um Ansprüche aus dem Ver- 
trage handelte, einen Unterschied nicht begründen. 
Infolge der Befugnis des Gouverneurs zur Ver- 
tretung des Fiskus findet aber, wie oben dargelegt. 
die Vertretung des Fiskus durch das Reichs-Kolonial- 
amt nicht statt. Die Klage war daher aus dieĩem 
Grunde abzuweisen, ohne daß auf die Prüfung der 
— des Gerichts oder der materiellen Grund- 
lage der Klage noch einzugehen war. 
  
Nr. 10. 
RKuszug aus dem Urtell des Reichsgerichts (3. Stullsenat) vom 21. Juni 1912. 
1. Die Kolonialgesellschaft „Diamanten-Regie 
des südwestafrikanischen Schutzgebiets“ in 
Berlin ist eine kaufmännische Erwerbsgesell- 
schaft. Ihre für die deutsch-südwestafrikanischen 
Diamantenförderer auszuübende Tätigkeit fällt un- 
beschadet des Umstandes, daß sie im öffentlichen 
Interesse monopolisiert ist und von der Ver- 
waltungsbehörde geregelt und beaufsichtigt wird, 
unter den Begriff einer entgeltlichen Geschäfts- 
besorgung und eines Kommissionsgeschäfts. 
2. Streitigkeiten, die aus dem Rechts- 
verhältnis zwischen der Diamanten-Regie und 
einem Diamantenförderer erwachsen, gehören dem 
bürgerlichen Rechte an und sind dem Rechtsweg 
zugänglich. 
* 1 der Kaiserlichen Verordnung. betreffend den 
Handel mit südwestafrikanischen Diamanten, vom 
16. Jannar 1909 (Reichs-Gesetzbl. S. 270), die Aus- 
führungsverordnungen des Reichskanzlers vom 
26. Februar 1909 (Kol. Bl. S. 241) und 25. Februar 
1910 (Kol. Bl. S. 162), § 5 der Verordnung des 
Reichskanzlers, berr. den Geschäftsbetrieb der Dia- 
manten-Negie des südwestafrikanischen Shuzbets. 
vom 25. Mai 1909 (Kol. Bl. 1910 S. 2), 8 HGB., 
85 11 18 SchGG. 
  
Entscheidungsgründe. 
Die Klägerin, eine Diamantminengesellschaft in 
Lüderitzbucht, ist nach § 1 der Kaiserlichen Verordnung. 
betreffend den Handel mit südwestairikemuschen Dia- 
manten, vom 16. Januar 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 270), 
und den Msführungsverordnungen des Fersol S en 
vom 26. Februar 1909 5. Februar 1910 ver- 
pflichtet, ihre gsamte and unepbee der Be- 
klagten, der Kolonialgesellschaft „Diamanten-Regie des 
südwestafrikanischen Schutzgebiets“ zwecks Vermittlung 
der Verwertung zu übergeben. Die Beklagte ist er- 
mächtigt, die geförderten Diamanten entgegenzunehmen, 
zu verwahren und zu versenden, die Verwertung zu 
bewirken und die Erlöse nach Abzug der auf 5 v. H. 
festgesecten Verwertungsgebühr an die Berechtigten 
abzuführen. Die Beklagte ist verpflichtet, den In- 
weisungen des Reichskanzlers und des Reichs-Kolonial- 
amtes nachzukommen. Der Geschäftsbetrieb der Be- 
klagten ist durch die erordnung des Reichskanzlers 
vom 25. Mai 1909 ger *s 5 dieser Verordnung 
enthält VBestimmungen Tpele das Sortieren der der 
Beklagten übergebenen Diamanten und die Aus- 
stellung einer Bescheinigung über das Ergebnis der 
Sortierung. Die Klägerin behauptet, daß die Be- 
klagte diesen Sortierungsbestimmungen nicht in sach- 
eemäßer Weise nachgekommen sei und hat Klage er- 
gema mit dem Antrag:
	        
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