Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

G 21 
Tatbestand. 
½ Die denutsche Kolonialgesellschaft Sisal-Agaven= 
"1 heeichant zu Düsselderf hat in ihrer Generalversamm- 
ung vor 3 beschlossen, ihr 1.000 000 / 
etneo Ganbrcnnanl. durch Ansgabe von 500 neuen, 
rauf- den Namen lautenden Anteilen von je 500 /6 auf 
125 50 ¾ zu erhöhen. 
7 Es wurde ferner beschlossen, die neuen Anteile 
merbont vier Wochen nach erfolgtem Erhöhungs- 
dÜ eschluß, während einer dreißigtägigen Präklusivfrist 
een Mitgliedern der Gesellschaft in der Weise anzu= 
ieten. daß jedes Mitglied berechtigt sein sollte, auf 
nom. 2000 alte Anteile einen neuen Anteil zu nom. 
zum Kurse von 100 v. H. zu beziehen. Beim 
inrzug der neuen Anteile habe der Vorstand aus einem 
ihm von der Generalversammlung zu diesem Zwecke 
aus dem Gewinn des Jahresabschlusses per 3 . De- 
Zuber 1912 zur Verfügung gestellten Betrage von 
50 000 ¼ die Einzahlung von 500 ./“ für jeden neuen 
Anteil (entsprechend dem Betrage von.! 125.7“ für jeden 
alten Anteil) an das Bankhaus J. Zu Düsseldorf 
zu leisten und jedem derjenigen alten ae auf Grund 
welcher das Bezugsrecht nicht ausgeübt wird, nach 
Ablauf der Begugsfrist den Betrag von 125 .K in bar 
anszuzahlen 
* Die igerin“ kaufte am 14. Mai 1913 von der 
deklagten zwei Bezugsrechte à 75 v. H., worunter beide 
arteien die Berechtigung verstanden, gegen Zahlung 
von 750 auf zwei alte Anteile das Bezugsrecht aus- 
üben zu dürfen. Am 26. Mai 1913 kaufte die Klägerin 
von der Beklagten ein weiteres Bezugsrecht zum Rurse 
von 66 v. H., also zum Preise von 330 J. 
di Mit Hilfe eines weiteren vierten Bezugsrechts hat 
ie Klägerin bei der Gesellschaft die Zeichnung auf 
einen neuen Anteil eingereicht. 
Unterm 12. Juli 1913 brachte der Aufsichtsrat der 
Sisal-Agaven= -Gesellschaft den „Mitgliedern derselben 
Kuch Rundschreiben zur Kenntnis, daß das Reichs- 
lolonialamt als zuständige Aussichtsbehhbrde die in der 
ordentlichen Generalversammlung vom 2. 
befaßten Beschlüsse, soweit diese die MWant 
und ie damit zusammenhängende Abänderung der 
atzungen betreffen, nicht genehmigt habe. Das Reichs- 
# olonialamt habe vielmehr an die Genehmigung der 
kueditalerhöhung um 250 000 /“ die Bedingung ge- 
40 uft. daß die neuen Anteile mit einem Agio von 
wit H., a so, anstatt zu pari, zu 140 v. H. ausgegeben 
düden. Mit dieser Mitteilung verband der Aussichtsrat 
106 Einladung der Mitglieder zu einer auf den 30. Juli 
lum euberusenen anßerordentlichen Generalversamm- 
S * mit der Tagesordnung: „Abänderung des Be- 
S aAes der ordentlichen Generalversammlung vom 
* tai 1913, dahingehend, daß die neuen 250 000./ 
iteile anstatt zu Purl. zu 140 v. H. ausgegeben werden.“ 
ie außerordentliche Generalversammlung der Ge- 
vom 30. Juli 1913 hat diesem Antrage ent- 
egee. beschlossen. Danach ist den Zeichnern auf- 
# en worden, bis spätestens zum 31. August 1913 
Händen des Vorstandes der Gesellschaft eine Er- 
soongegeichun für das Agio von 40 v. H. vorzu- 
ürn en diejenigen aufpari-Basis erfolgten Zeichnungen, 
vuelcche die Nachzeichnung nicht bis zum 31. Angust 
gei chnvorsenommen wird, sollen nichtig werden; der 
Jeichner soll in diesem Falle auf Grund seiner früheren 
erha tenn für jeden gezeichneten Anteil 500 K in bar 
recht S und es soll durch diese Zahlung das Venos- 
betreffenden alten Anteile erlöscher 
Generaloe Klägerin, welche in der uhirordentlichen 
eestiert h veksammlung gegen diese Beschlußfassung pro- 
der Bett verlangt mit der vorliegenden Klage von 
lagten die Erstattung von 150 , nämlich von 
  
  
— 
je 50 ¼ als des auf jedes der drei von den Beklagten 
ihr verkauften Bezugsrechte entfallenden Anteils an 
dem nachzuzahlenden Agio. 
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. 
Sie hält den klägerischen Anspruch für unbegründet. 
da sie der Klägerin das Bezugsrecht so verkauft habe, 
wie es von der Gesellschaft ausgeschrieben war und 
es ihr auch so verschafft habe. Daß Kolonialgesell- 
schaften ihre Satzungen nur mit Genehmigung des 
Reichs-Kolonialamts ändern dürfen, sei allgemein be- 
kannt. Ob nach dem Rundschreiben der Gesellschaft 
die Genehmigung des Reichs-Kolonialamts als vor- 
handen oder als noch ausstehend anzuseben“ war und 
ob die Gesellschaft zum Ersatz des Agios . 
verpflichtet ist, darüber habe sich der insen des Be- 
zugsrechts mit der Gesellschaft auseinander zu setzen. 
Die Schiedskommission hat die Klägerin mit dem 
von ihr erhobenen Anspruch auf Zahlung von 150.4 
abgewiesen. 
Entscheidungsgründe. 
Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber. 
daß den Gegenstand der zwischen ihnen geschlossenen 
Kaufverträge drei Teilberechtigungen zum Bezug eines 
kuugen Anteils der Sisal-Agaven-Gesellschaft nach Maß- 
e der in dem Rundschreiben der Gesellschaft vom 
Nar- 1913 bekanntgegebenen Bedingungen gebildet 
haben. Ein Recht des aus diesen Bedingungen sich 
ergebenden Inhalts, d. h. also das Recht, auf Grund 
er drei den Kaufgegenstand bildenden Teilberechii- 
gungen und einer ferneren vierten einen jungen Antil 
der Gesellschaft ohne weitere Zuzahlung oder sonstige 
Leistung von der Gesellschaft zu beziehen, war die 
Beklagte verpflichtet der Klägerin zu verschaffen. Die 
Erfüllung dieser Verpflichtung ist nach Abschluß des 
Kaufvertrages infolge der Versagung der erforderlichen 
Zustimmung der Aussichtsbehörde und der dadurch not- 
wendig gemachten Anderung des Kapitalerhöhungs- 
beschlusses unmöglich geworden. Daß die Beklagte den 
Umstand, durch welchen die Unmöglichkeit ihrer Leistung 
berbeigeführt wurde, nicht zu vertreten hat, steht außer 
Zweifel. Ein Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen 
sie ist also nicht begründet; ob den Veteiligten gegen 
die Gesellschaft bzw. gegen die fü- siie verantwortlich 
handelnden Personen wegen der geitig und ohne 
Vorbehalt der noch ansseehenorn W der 
Aufsichtsbehörde erfolgten Versendung des Rund- 
schreibens vom 2. Mai 1913 ein solcher Anspruch zu- 
steht, ist eine andere, hier nicht zu erörternde Frage. 
Im Verhältnis der Parteien untereinander kann es 
sich lediglich darum handeln, die aus der von keiner 
von ihnen zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung 
der Bellagten sich ergebende Folgerung zu ziehen. 
Diese Folgerung kann nach Ansicht der Kommission 
lediglich die sein, daß das Geschäft als Ganzes un- 
ausführbar geworden ist. und daß die Parteien sich 
zurückgewähren müssen, was sie auf Grund des Ge- 
schäfts bisher voneinander erhalten haben. Würde die 
Klägerin von voruherein auf Rückgängigmachung des 
Geschäfts gellagt haben, so hätte diesem Verlangen 
stattgegeben werden müssen. Der r Anspruch der Klägerin 
auf Erstattung der auf die in Frage stehenden Teil- 
berechtigungen entfallenden Zuzahlung von insgesamt 
150 ¼ erscheint jedoch nicht gerechtfertigt, und es ist 
insbesondere der Klägerin nicht zuzugeben, daß die der 
Beklagten mögliche Leistung, die Verschaffung des Be- 
zugsrechts zu den neuen, eine Zuzahkung erheischenden 
Bedingungen, sich zu der vereinbarten Leistung wie 
ein Teil zum Ganzen verhalte, derart, daß die Klägerin 
eine entsprechende Minderung ihrer Gegenleistung, und 
zwar eine solche um den Betrag der Zugahlung zu
	        
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