Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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Das früher vom Weltverkehr völlig abge- 
schlossene Schutzgebiet sollte in letzter Zeit durch 
mehrere Funkenstationen an das Welttelegraphen- 
netz angeschlossen werden. Bei Ausbruch des 
Krieges war die in Neupommern im Bau be- 
griffene Station in Bitapaka noch nicht völlig 
betriebsfertig; sie konnte jedoch Telegramme auf- 
nehmen, und da man der gespannten Lage wegen 
mit allen Kräften an der Fertigstellung arbeitete, 
vom 8. August an auch Telegramme geben. Am 
5. August wurde in Bitapaka die amtliche Nach- 
richt von dem Ausbruch des Krieges in Europa 
aufgenommen. Der stellvertretende Gouverneur 
befand sich zu dieser Zeit auf einer längeren 
Dienstreise in Kaiser-Wilhelms-Land. Dem in 
Rabaul die Gouvernementsgeschäfte führenden 
Ersten Reserenten lag es daher ob, alle durch 
die Lage gebotenen Maßnahmen sofort zu er- 
greifen. Da anzunehmen war, daß im Falle 
eines Angriffes der Engländer von diesen zunächst 
versucht werden würde, sich des Gouvernements- 
sitzes in Rabaul sowie der größeren Niederlassungen 
dortselbst und in Herbertshöhe zu bemächtigen, 
und da beide Orte unmittelbar am Meere liegen 
und daher ohne weiteres mit Schiffsgeschützen 
beschossen werden können, wurde beschlossen, den 
Gouvernementssitz in das Innere von Neu- 
pommern zu verlegen. Nach entsprechender Be- 
kanntmachung siedelte dann der Erste Referent 
mit dem Bureauvorstande und dem notwendigen 
Personal nach dem höher gelegenen und von der 
See aus nicht beschießbaren Toma über, wohin 
ihm in den folgenden Tagen die meisten Gou- 
vernementsbeamten nachfolgten. Nur die zur 
Aufrechterhaltung der Ordnung und des Hospital= 
betriebes notwendigen Beamten blieben in Rabaul 
zurück. Die Eingeborenen verhielten sich ruhig 
und wurden in Neupommern und auf den 
benachbarten Inseln durch den Bezirksamtmann 
über den Krieg aufgeklärt. Hierbei wie überhaupt 
bei allen seinen Maßnahmen fand das Gou- 
vernement die volle Unterstützung der katholischen 
Mission in Herbertshöhe. 
Gleichzeitig mit diesen Maßnahmen schritt 
man zur Organisation des bewaffneten Wider- 
standes. Hierbei ging man von der Erwägung 
aus, daß unter allen Umständen den wertvollen 
Plätzen Rabaul und Herbertshöhe im Falle 
eines feindlichen Angriffes das Bombardement 
erspart werden müßte, daß dagegen die Funken- 
station in Bitapaka sowie der neue Gouverne-= 
mentssitz in Toma solange als möglich zu ver- 
teidigen seien. Es wurde daher aus der vorhandenen 
farbigen Polizeitruppe mit den beiden vorhandenen 
aktiven Offizieren die bewaffnete Macht gebildet und 
diese durch Heranziehung von Deutschen gemäß dem 
Wehrgesetze für die Schutzgebiete verstärkt. Die 
  
zur Truppe einberufenen Deutschen übten zunächst 
einige Tage in der Nähe von Rabaul und wurden 
dann als Chargen in die auf etwa 300 Mann 
verstärkte Polizeitruppe eingereiht. Sämtliche in 
Neupommern und der Nähe wohnhaften wehr- 
pflichtigen Leute stellten sich unmittelbar nach der 
Bekanntmachung der Kriegserklärung dem Gou- 
vernement zur Verfügung. Bemerkenswert ist, 
daß auch die Italiener und ein dort ansässiger 
und angesehener Japaner mit etwa hundert seiner 
Landsleute dem Gouvernement ihre Dienste gegen 
einen etwaigen Angriff der Engländer anboten. 
Letzteres Angebot wurde mit Rücksicht auf die 
heimischen Nachrichten jedoch nicht angenommen. 
Die Zahl der im ganzen eingezogenen Deutschen 
belief sich auf etwa fünfzig. Die Bewaffneten 
wurden vor allem in Herbertshöhe und Bitapaka 
untergebracht. Schwächere Posten standen in 
Toma, Neu-Varzin, Wunaditir, am Weberhafen, 
Tobera, Raloana und Kabakane. 
Am 12. August erschien ein aus vier Kreuzern 
und drei Torpedobooten der australischen Flotte 
bestehendes Geschwader vor Herbertshöhe und 
Rabaul, verlangte mit dem Gouverneur zu ver- 
handeln und forderte die Beamten auf, die 
Lage der Funkenstation bekanntzugeben. Dieses 
Ansinnen wurde abgelehnt. Daraufhin drohte 
der Flottenkommandant, wenn er bis zu einer 
gewissen Zeit eine befriedigende Antwort nicht 
erhielte, die Niederlassungen in Herbertshöhe und 
Rabaul zu beschießen. Die Beamten blieben 
jedoch bei ihrer Weigerung, und das Geschwader 
dampfte, nachdem sowohl in Herbertshöhe als 
auch in Rabaul die Postämter von gelandeten 
Truppen zerstört worden waren, wider Erwarten, 
ohne die Drohung auszuführen, vor Ablauf der 
gestellten Frist wieder ab. 
Über die weitere Entwicklung der Dinge find 
wir durch Veröffentlichungen in australischen Zei- 
tungen wie folgt unterrichtet: 
„Die australische Flotte erschien am 10. Sep- 
tember wieder vor Herbertshöhe. Die Landungs- 
truppen wurden am 11. ausgeschifft und konnten 
Herbertshöhe besetzen, ohne Widerstand zu finden. 
Um 7½⅛½ Uhr wurde die britische Flagge gehißt. 
Der Hafen von Rabaul wurde durch Torpedo- 
boote nach etwa von den Deutschen ausgelegten 
Minen abgesucht. Auch nach Rabaul konnte 
später ohne Widerstand eine Besatzungstruppe 
gelegt werden. Die in Herbertshöhe gelandeten 
Truppen stießen indessen bei dem Vordringen 
in der Richtung der Funkenstation Bitapaka 
dicht hinter Herbertshöhe auf heftigen Widerstand. 
Sie rückten bei Tagesanbruch vor, und es ent- 
wickelte sich auf einem Gefechtsfelde von der Aus- 
dehnung von ungefähr 7 km ein erbitterter Busch- 
krieg. Die Wege waren teilweise mit Minen be-
	        
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