Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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wohnten Haus waren eines Tages eine größere 
Anzahl Enten festgebunden, die ohne Zweifel zum 
Teil aus unseren Ställen gestohlen waren. Die 
Ställe wurden erbrochen, die Eier weggenommen 
und immer wieder Jagd auf das Geflügel ge- 
macht. Wir konnten nicht mehr genau feststellen, 
wieviel Hühner und Enten die Offiziere und ihre 
Leute gestohlen hatten. Als ich mich bei einem 
der Offiziere über diese Stehlerei be- 
schweren wollte, gab er mir zur Antwort: 
»We like it«. Auch in den Gärten wurde nach 
Belieben gestohlen und dabei auch unreife Kar- 
toffeln und unreifes Gemüse nicht geschont. Wir 
boten den Offizieren an, ihnen das zu geben, 
was sie nötig hätten aus dem Garten; sie möchten 
nur die Beete und Pflanzungen schonen und nicht 
zertreten. Die Bitte war natürlich ganz vergeblich. 
Als ich mich beim Proviantmeister beschwerte, 
daß uns von den Offizieren und ihren schwarzen 
Dienern so viel gestohlen werde, sagte er im Tone 
der Entrüstung, daß dies durchaus nicht geschehen 
dürfe; der ganze Bestand an Lebensmitteln und 
Geflügel gehöre der englischen Regierung. Er 
versprach, Abbilfe zu schaffen und mit den Offi- 
zieren zu reden. An der Sache selbst wurde 
nichts geändert. 
Der Proviantmeister selbst wollte mir 
am 21. November meine ganze Viehherde 
(19 Stück) wegnehmen, die uns zur Milch- 
gewinnung und Butterbereitung so unentbebrlich 
war. Für unsere Kinder konnten wir sonst keine 
Milch bekommen. Es ist zu bemerken, daß die 
von Victoria geflohenen Missionsfamilien mit ihren 
Kindern ebenfalls in Buea waren. Auch sonst 
hatten wir an Beamtenfamilien mit Kindern Milch 
abzugeben. Ich protestierte lange gegen diese 
unbegreifliche Maßnahme und wies darauf hin, 
wie die Feinde mit Rücksicht auf die große Vieh- 
herde der Regierung, die sie beschlagnahmt, durch- 
aus keinen Mangel an Fleisch, Milch und Butter 
hätten. Nur sehr schwer gelang es mir, wenig- 
stens so viel zu erreichen, daß uns eine Milchkuh 
für die Kinder gelassen wurde. Für das weg- 
genommene Vieh erhielt ich auf wiederholtes 
Drängen hin einen Requisitionsschein, ebenso auch 
für die den Feinden zurückgelassenen Lebensmittel. 
Für den Proviant der übrigen Missionsleute, für 
Pferde, Sättel, Schafe, für das noch übrige Ge- 
flügel, überhaupt für das ganze Eigentum, das 
wir den Engländern zurücklassen mußten, wurde 
uns trotz wiederholter Bitten kein solcher Schein 
gegeben. 
Auf dem Dachboden des von den Offizieren 
bewohnten Hauses wurde von einem derselben 
alles aufs genaueste untersucht, zum Teil wurden 
die Kisten geöffnet. Es konnte später nur noch 
das Fehlen eines Reisekoffers festgestellt werden. 
  
Auch die Schulfarm wurde in schlimmer Weise- 
ausgeplündert. 
Von seiten der Eingeborenen wurde ebenfalls 
sehr über Diebstahl geklagt. Einer unserer Lehrer 
wurde vollständig ausgeraubt. Am 17. November 
brachte eine Abteilung schwarzer Soldaten, die 
unter Anführung eines Offiziers einen Streifzug 
gemacht hatten, Schafe, Ziegen und Geflügel mit 
nach Hause, und zwar weit mehr, als zum Lebens- 
unterhalt nötig war. Daß dafür nichts bezahlt 
wurde, bewiesen die vielen Klagen der Ein- 
geborenen, die in jenen Tagen immer wieder zu 
uns kamen und jammerten, daß die Feinde ihnen 
fast alles Vieh wegnähmen. Nach Aussagen der 
Eingeborenen wurde von den Engländern ver- 
langt, daß ihnen Ochsen geliefert würden. Für 
ein Tier, das 150 bis 200 / wert war, sollen 
sie durchweg nur 10 .7 erhalten haben. 
Auf unserer Station suchten mehrere Duala- 
frauen, darunter auch Christenfrauen, Schutz und 
Zuflucht. 
Was die Eingeborenen betrifft, so soll es nicht 
verschwiegen werden, daß sie — nicht nur die 
Christen, sondern auch die Heiden — bis zum 
letzten Augenblick bei uns aushielten, trotzdem sie 
von den schwarzen Soldaten nicht wenig be- 
lästigt wurden. Auch diesen unseren Leuten war 
das Tun und Treiben der Feinde, der christlichen 
Weißen, ganz unverständlich und unbegreiflich. 
Als ich eines Tages einem der Offiziere gegen- 
über mit Entrüstung Ausdruck gab, was ich an- 
gesichts des frevelhaften Tuns der Feinde empfand, 
gab dieser nicht bloß zu, daß es eine schlimme 
Sache sei, den Krieg nach Afrika zu tragen, son- 
dern er sprach es auch offen aus, daß 
dies nicht ihre Schuld sei, vielmehr tragen 
dafür die big men in London die Ver- 
antwortung. 
Schon bald nach dem Kommen der Engländer 
hörten wir, daß man auch uns Missionsleute weg- 
führen wolle; wohin, erfuhren wir nicht. Ich 
habe mündlich und schriftlich in wieder- 
holten Bittgesuchen (ein Gesuch an den 
General in Duala) dringend um Schonung 
und Schutz der Mission gebeten und um 
die Erlaubnis, auf unserer Station bleiben 
zu dürfen. Es geschah unter Hinweis darauf, 
daß England ja als die erste Missionsmacht der 
Welt gelte und wir nicht glauben könnten, daß 
sie uns schlimmer behandeln werde, als es die 
Eingeborenen je getan hatten; es geschah weiter 
in Erinnerung an die große, selbstlose Arbeit 
unserer Mission in Indien und auf der Goldküste. 
Alles Bitten war vergeblich; wir wurden 
tatsächlich von den christlichen Engländern 
schmählicher behandelt, als dies je von den heid- 
nischen Eingeborenen geschehen war.
	        
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