Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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der Landstellung und mußten sich zurückziehen. 
Später beschossen sie erfolglos die weiter südlich 
an der Kiomboni-Mündung gelegene Stellung und 
kehrten dann zu den draußen liegenden Kreuzern 
zurück. 
Die Haltung unserer Truppe, die keine 
Verluste erlitt, war sehr gut. 
Vielleicht aus Arger über den am Morgen 
davongetragenen Mißerfolg wandte sich „Kinfauns 
Castle“ am Nachmittage des gleichen Tages gegen 
Kilwa-Kiwindje und beschoß diese unverteidigte 
und offene Stadt ohne Veranlassung und ohne 
vorherige Anmeldung. Es wurden 112 Schuß ab- 
gegeben, wodurch das Bezirksamt, das Gebäude 
der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschast, das Hotel 
und das Zollhaus beschädigt wurden. Menschen 
find nicht verletzt worden. 
Der englische Kreuzer „Astraea“ beschoß am 
22. Januar d. Is. das auf der kleinen Insel 
Kwale — nordwestlich der Insel Mafia — be. 
findliche Zollhaus mit 21 Schuß und am 1. Fe- 
bruar den Ort Kiwindje (wahrscheinlich Kilwa- 
Kiwindje), der bereits schon einmal am 23. De- 
zember beschossen worden war, mit 27 Schuß, 
ohne etwas zu treffen. Der südlich davon liegende 
Ort Kilwa-Kisiwani wurde am 6. Februar 
beschossen. 
Am gleichen Tage unternahmen die Engländer 
einen erneuten und wiederum für sie erfolglosen 
Angriff auf die Rufiji-Mündung, wobei sie 
außerdem noch den seiner Zeit gekaperten Dampfer 
„Adjutant“ wieder an uns verloren. 
Der Gouverneur berichtet hierüber: 
„Dampfer „Adjutant- am 6. Februar früh 
bei Erkundungsfahrt an Rufiji-Mündung nach 
heftigem Gefecht manövrierunfähig gemacht 
und gestrandet. Besatzung 1 Offizier, 21 Mann 
und 2 Farbige gefangen. Auf Adjutants ein 
Mann tot, einer schwer verwundet. Auf unserer 
Seite keine Verluste trotz schweren Bombarde- 
ments durch OHyacinth-.“ 
Eine auf anderem Wege hierher gelangte 
Privatnachricht gibt darüber folgende Darstellung: 
„Der „Adjutant“ wurde den Engländern wieder 
abgenommen. Er versuchte nach offiziellen Nach- 
richten aus Deutsch-Ostafrika, zusammen mit dem 
englischen Krenzer „Hyazinth“ die Einfahrt in den 
Rufidji zu forcieren. Er wurde von Land aus 
unter Feuer genommen und durch einen Schuß 
manövrierunfähig gemacht. Hierdurch geriet er 
auf eine Sandbank. Die Besatzung, bestehend 
aus einem Offizier und 21 Mann, wurde gefangen- 
genommen. An Bord waren ein Toter und ein 
Verwundeter. Die Deutschen hatten trotz heftigen 
Bombardements seitens der „Hyazinth“ keine Ver- 
luste, die schließlich, nachdem sie einige Treffer 
erhalten hatte, sich schleunigst empfahl. An Bord 
  
des „Adjutant“ befanden sich ferner vier 10,2 cm- 
und zwei 4,7 cm-Geschütze sowie reichlich Mu- 
nition.“ 
Der vorerwähnte Dampfer „Adjutant“ gehört 
der Deutsch-Ostafrika-Linie. Es ist ein kleines 
flachgehendes Schiff, sogenannter Barredampfer, 
der in Portugiesisch-Ostafrika stationiert war. Wie 
er in die Hände der Engländer geriet, darüber 
gibt der nachstehend wiedergegebene Brief Aus- 
kunft. Aus ihm geht hervor, wie die Engländer, 
„die Beschützer der Neutralität", diese auch hier, 
innerhalb der neutralen portugiesischen 
Gewässer, geachtet haben. 
„Am 7. Oktober morgens erhielt ich durch 
Herrn den mündlichen Auftrag, abends 
9 Uhr nach Mozambique in See zu gehen. Die 
Reise sollte nach Möglichkeit innerhalb der Drei- 
meilengrenze — deren Beachtung nach Aussage des 
portugiesischen Rechtsanwalts von Portugal garan- 
tiert sei — ausgeführt werden. Vor Abfahrt von 
Beira wurde das Schiff durch die portugiesische 
Behörde auf Waffen untersucht und dann von 
Dunkelwerden bis zur Abfahrt durch zwei Motor- 
boote, welche abgeblendet fuhren, überwacht. Am 
9. Oktober, nachmittags 3 Uhr, wurde ein Dampfer 
gesichtet, welcher sich schnell näherte; wir hielten 
darauf dicht unter Land. Als der Dampfer als 
ein englischer Kreuzer erkannt wurde, ankerten wir 
und stellten durch Peilung fest, daß der Ankerplatz 
1½ Seemeilen von Land war. Es war mir nicht 
möglich, einen Hafen anzulaufen, da wir, um 
Nabury zu erreichen, zwei bis drei Stunden ge- 
brauchten. Der Kreuzer „Dartmouth“ war in 
einer Stunde bei uns und ankerte kurz nach uns 
ungefähr um 5 Uhr etwa 3 Seemeilen von Land 
ab, setzte ein Boot aus und kam zu uns längs- 
seits. Der in dem Boot befindliche 1. Offi-- 
zier des Kreuzers forderte uns auf, Anker 
zu lichten und zu dem Kreuzer hinauszu- 
fahren. Auf meine Aufrage, ob der Kreuzer 
die Neutralitätsgrenze Portugals nicht 
respektiere, antwortete der Offizier, daß, 
wenn wir nicht sofort hinauskämen, der 
„Adjutant“ auf seinem Ankerplatz in Grund 
geschossen würde. Auf diese Drohung 
hin, welche zweimal wiederholt wurde, 
lichteten wir Anker und dampften zu dem 
Kreuzer hinaus, wo der Dampfer „Ad- 
jutant"“ mit sämtlichem Inventar beschlag- 
nahmt wurde. Der Kommandant war der An- 
sicht, daß wir mit der „Königsberg“ in Verbindung 
ständen, und ließ sich hiervon nicht abbringen. 
Es wurde uns genügend Zeit gelassen, unsere 
Privateffekten unter Aufsicht zu packen, dagegen 
wurden sämtliche Karten und Bücher sofort be- 
schlagnahmt, und erst später an Bord der „Dart- 
month“ erhielt ich das Journal zum Abschluß
	        
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