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den Lamido Garuas kommen, sagte ihm, an-
scmheinend sei zwischen England und Deutschland
erwas los; was, wüßte ich selbst noch nicht. Es
könne aber Krieg sein. Und da sei es möglich,
daß die Engländer auf deutsches Gebiet kämen,
weil sie mehr Soldaten hätten als wir. In
Deurschland hätten wir aber mehr Soldaten, und
da der Krieg nicht hier, sondern in Deutschland
enrschieden würde, so hätte eben der Kaiser so
wenig Soldaten hierher geschickt. Ich frug den
Lamido, ob er mir helfen wolle. Er sagte ja
und bekräftigte dies durch einen Handschlag.“
Die englische Regierung in Nigerien
batte demnach schon Ende Juli, also vor
Kriegsausbruch, die Feindseligkeiten gegen
die benachbarte Kameruner Verwaltung
begonnen. Demgegenüber ist es nicht ver-
ständlich, wenn die „Daily Chronicle“ vom
25. November sich darüber aufhält, daß schon am
8. Oktober, also fast einen Monat vor dem Aus-
bruch des Krieges zwischen der Türkei und Eng-
land, der Resident von Britisch-Bornu sich im
Besitz einer deutschen Proklamation befand, die
(in Arabisch) an den Lamido von Marua gerichtet
war und in der u. a. gesagt wird: „Der Sultan
der Türkei, weil ein Freund der Deutschen, werde
von den Engländern, die Konstantinopel nehmen
wollen, bedroht.“ Wenn die Engländer hieraus
folgern, daß wir die Eingeborenen mit völker-
rechtlich unzulässigen Mitteln aufreizten und in
den Kampf trieben, so ist dem zu erwidern, daß
es durchaus der Organisation der deutschen Ver-
waltung in den Adamaua-Ländern entspricht, die
eingeborenen Lamidos im Kriegsfalle zur Gefolg-
schaft aufzufordern. In Kriegs= und Aufstands-
gefahr ist die politische und militärische Organi-
sation der dortigen Lamidate der deutschen Herr-
schaft gefolgspflichtig. Es wäre auch eine merk-
würdige Zumutung, wenn unsere Verwaltung in
diesen Gebieten, nachdem sie von den benachbarten
militärischen Eingeborenenkräften bedroht wird,
nicht ihrerseits die militärischen schwarzen Kräfte
mobilisieren würds, statt sich der überlegenen
Macht der Feinde auszuliefern. Auch möge darauf
hingewiesen werden, daß nach der „African Mail“
vom 6. November vom Mora Raba, dem Oberhaupt
der Mossi-Landschaft in Dahomoy, anläßlich der Be-
sitzergreifung Togos den Verbündeten 10.000 Krieger
zur Verfügung gestellt, 500 Reiter angenommen
und im Innern Togos entsprechend verwendet
worden sind. Die zahlreichen Desertionen in den
Gefechten gegen Garua zeigen, wie groß dort das
Ansehen der deutschen Verwaltung, auch ohne
entsprechende Proklamation, schon vor Ausbruch
des englisch-türkischen Krieges war. Es darf an-
genommen werden, daß die Verkündung des
Heiligen Krieges durch die unter den Eingeborenen
Afrikas übliche rapide Nachrichtenvermittlung auch
in diese fast durchweg mohammedanisch besiedelten
Länder gedrungen ist und Früchte zum Vorteil
unserer Verteidigung tragen wird. Diese Er-
wartung kann auch nicht gestört werden durch den in
den „Times“ vom 25. November wiedergegebenen
Bericht des General-Gouverneurs von Nigerien, „die
mohammedanische Bevölkerung im Norden Nigeriens
wäre loyal, auch seien Beweise vorhanden, daß
die Tripolis-Araber in Kano mit der Verkündung
des Heiligen Krieges durch die türkische Regierung
nicht einverstanden seien, und weiter, daß 36 000
Lagos= und 5000 Yebu-Mohammedaner für den
Sieg der Verbündeten beten sollen.“
Das im Telegramm des Gouverneurs er-
wähnte Gefsecht bei Takum in Nigerien war
hier bisher unbekannt geblieben. Der Angriff
kostete uns leider einen Offizier, die englischen
Verluste an eingeborenen Soldaten sind erheblich
gewesen. Englische Blätter berichten über die
Ereignisse an der Grenze Nigeriens:
„Von der Nigeria-Grenze ist keine Anderung
der Lage zu melden. Kleine deutsche Einfälle
an verschiedenen Punkten haben stattgefunden,
doch hat sich der Feind, ausgenommen in einem
Falle, stets zurückgezogen; Zusammenstöße sind
nicht erfolgt. Diese Ausnahme ist ein feindlicher
Überfall im Osten von Jkom'). Am 8. November
wurde dort ein Vorposten angegriffen und der
Befehlshaber getötet. Am 11. und 12. griffen
deutsche Streitkräfte, aus 8 Weißen und 300 ein-
geborenen Soldaten bestehend, Abonorok, drei
Meilen westlich Danares und 22 Meilen östlich
Ikom, an. Sie wurden zurückgeschlagen, und
zwei Deutsche getötet oder verwundet.“
Der zweite telegraphische Bericht des Gou-
verneurs von Kamerun lautet:
Ostlicher und südlicher Kriegsschauplatz.
6. August: Bonga von französischem
Dampfer überfallen; Besatzung zog sich
nach Ikelemba zurück. Nacht auf 9. August:
Singa überfallen; Kompagnie Mbeiki rechtzeitig
gewarnt, konnte sich zurückziehen. 22. August:
Franzosen aus Wesso angriffen Posten
Mbiru; wurden von kleiner deutscher Abteilung
völlig aufgerieben. Von 17 Europäern fran-
zösischerseits 15 tot. Wesso vorübergehend be-
setzt, auf die Nachricht anrückender Ubermacht
wieder geräumt. 11. September angriffen Frau-
zosen mit armiertem Dampfer Tibundi am
Dscha; wurden zurückgeschlagen. Drei von Midzik
in den Ojem-Bezirk eingedrungene französische
*) In Nigerien am oberen Croß-Fluß.
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