Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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8. Auch in den Bezirken Edea, Dschang und 
Ossidinge sind die Eingeborenen systematisch mit 
Gewehren und Pulver versehen worden, um 
gegen die Deutschen zu fechten. 
9. Das gleiche erfolgte durch die Franzosen 
in den Gebieten am Ssanga sowie den Bezirken 
Jwindo und Wolö-Ntem. 
Zur weiteren Bekräftigung, in welcher un- 
erhörten, jeder Menschlichkeit hohn- 
sprechenden Weise die Verbündeten ihre 
europäischen Gefangenen in Kamerun be- 
handeln, sei nachstehender Auszug aus dem 
Briefe eines Deutschen veröffentlicht: 
„Ich fuhr am 16. Februar mit dem kleinen 
spanischen Dampfer „Antoniko“ abends von Bata, 
da der Kapitän des Schiffes mir zusicherte, daß 
die Uberfahrt sicher sei, nach Santa Isabel. Mit 
mir fuhren noch vier andere Leute vom Dampfer 
„Kamerun“, die am 11. September in Edea als 
Soldaten eingezogen und krankheitshalber aus der 
Truppe entlassen worden waren. 
Am Morgen des 17. Februar auf See, unweit 
Conceptionbay, befahl der französische Kreuzer 
„Surprise“, zu stoppen, und holte uns fünf vom 
Dampfer herunter. 
Am 18. Februar wurden wir nach dem fran- 
zösischen Panzerkreuzer „Pothuaun“, der auf der 
Kribireede lag, übergeschifft. Man sperrte uns 
in das dritte (untere) Zwischendeck, auf 
die vordersten Kessel beim Kettenkasten. 
Ich frug, weshalb man uns hier an der 
schon so warmen Küste einen solchen heißen 
Platz gebe. Man erwiderte mir, die 
Deutschen seien zu allem fähig, und der 
Kaiser brauche jetzt viele Soldaten. Man 
schloß alle Bullaugen und Ventilatoren, 
so daß wir in einer unmenschlichen Hitze 
ohne jede Luftzufuhr 24 Stunden zu- 
bringen mußten. Wir transpirierten so, daß 
die Augen ganz verschwollen und die Haut 
sich löste. 
Am 19. Februar brachte uns „Pothuau“ bis 
vor die Kamerunflußmündung. Wir wurden mit 
dem früheren Lagosschlepper der W.-L. „Apapa“, 
jetzt „Walrus“", abgenommen und vom Engländer 
übernommen, der uns nach Duala brachte, wo 
wir in der Baseler Missionshandlung interniert 
wurden bis zum 10. März. Unsere Nahrung be- 
stand in Cornedbeef und Hering, Brot und Jams- 
wurzeln. Ob Reserveoffizier, Pater, Kaufmann, 
Pflanzungsdirektor oder Matrose, gleichviel: zwei- 
mal täglich dasselbe. 
Wir wurden scharf bewacht von abwechselnd 
Sierra Leone-, Goldküsten= und Südnigeriasoldaten, 
natürlich Schwarzen. 
  
Das spanische Gouvernement in Bata hatte 
uns an das spanische Gouvernement in Santa 
Isabel einen Schutzbrief für unsere fünf Personen 
mitgegeben. Dieser Brief war am 17.Februar 
von den Franzosen ignoriert worden. 
Das deutsche Konsulat und das spanische 
Gouvernement traten energisch für uns ein und 
verlangten die Herausgabe der fünf Gefangenen 
von den Engländern in Duala, die sich aber 
wieder mit den Franzosen entschuldigten. Am 
10. März wurden wir, nachdem ich wohl fünfmal 
bis auf den Leib nach Papieren untersucht worden 
war, mit der englischen Stationsjacht „Jvy“ nach 
Santa Isabel gebracht." 
Dieser Brief schildert auch die derzeitigen 
Zustände in Duala in folgenden Ausführungen: 
„Wer es in hämischer und höhnischer Weise am 
besten gemacht hat, ist kaum festzustellen, doch 
waren Engländer und Franzosen darüber einig, 
daß man die Deutschen recht knapp halten 
müsse. 
Eisenbahn, Werkstätten, Eisfabrik in Duala 
sind in ruhigem Betrieb; und sähe man nicht die 
zusammengenähte Flagge am Gouvernementsmast 
wehen, so dächte man nicht an Krieg. Die Flagge 
ist auf der einen Seite französisch und auf der 
andern Seite englisch. Nur die Franzosen haben 
nichts zu sagen. Die Franzosen leben in Akwa, 
während die Engländer die besseren Quartiere 
bezogen haben; ebenfalls sind in den letzten Tagen 
die Hospitale getrennt worden. 
Woermannstraße, Hamburgerstraße gibt es 
nicht mehr. Challengerroad, Churchillroad, Dwarf- 
street, Cumberlandroad, King-Georgstreet heißt es 
jetzt. Nahe bei unserem Gefängnis exerzieren ein- 
geborene Träger das Feldgeschütz zu zerlegen und 
rasch zu transportieren, worin sie große Fertigkeit 
besitzen. 
Engländer schimpfen auf die Franzosen, 
daß sie nicht die schwarzen Soldaten be- 
zahlen, sondern sie durch Plündern und 
Raub entschädigen. Die Franzosen 
schimpfen aber noch mehr auf die Eng- 
länder, da sie alles kommandieren wollen. 
Nachdem die deutsche Regierung wiederholt 
mit ihrer Langmut die Dualaneger solange nicht 
aus der Stadt herausbekommen konnte, hat es 
der Engländer auf eine praktische Art sehr schnell 
fertiggekriegt, indem er nach mehrfacher Auffor- 
derung einfach mit Maschinengewehr nachhalf. 
Der Erfolg soll augenblicklich gewesen sein.“ 
  
(Abgeschlossen am 5. Mai 1915.)
	        
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