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um von da aus den Vormarsch über Berseba auf
Gibeon fortzusetzen.
Inzwischen hatte übrigens am 24. März bei
Garub ein (zweiter) deutscher Luftangriff auf das
Lager der Unionstruppen stattgefunden, wobei
das Flugzeug nach Erledigung seiner Aufgabe
dem feindlichen Geschützfeuer unversehrt entkam.
Gegen Ende April befand sich demnach der
ganze Süden in den Händen des Feindes, vor
dessen konzentrischem Vordringen sich die deutschen
Streitkräfte nach Norden an die Bahnlinie Keet-
manshoop—Gibeon zurückzogen.
Bei Kabus, etwa 30 km nördlich Keetmans-
hoop, kam es anscheinend am 24. April zu einem
Gefecht mit der von letzterem Ort vorgehenden
Kolonne des Obersten Deventer. Der Kampf scheint
zunächst einen für die Unionstruppen ungünstigen
Verlauf genommen zu haben, und erst das Ein-
greisen von 300 Berittenen der von Osten
kommenden Kolonne des Obersten Berange zwang
die deutsche Abteilung zum Rückzug nach Norden
über Itsawisis. Zwei Feldlazarette mit vier
und fünf Verwundeten sowie drei Gefangene
sollen dabei den Unionstruppen in die Hände
gefallen sein. Uber den Verlauf des Gefsechtes
und die beiderseitigen Verluste wird nichts gesagt.
Nach dem Gefechte von Kabus ging die
deutsche Abteilung anscheinend gleich bis Gibeon
zurück, wo sie in den ersten Tagen des Mai in
einen Kampf mit den über Berseba vorgerückten
Truppen des Generals Mackenzie geriet.
Derenglische, aus Kapstadt stammende amt-
liche Reuterbericht gibt darüber folgende Dar-
stellung.
Auf die Meldung hin, daß die durch das
Vorgehen der Obersten Deventer und Berange von
Süden bzw. OÖsten her zum Aufgeben von See-
heim und Keetmanshoop gezwungenen deutschen
Stroitkräfte mit der Bahn von Gibeon aus ab-
zufahren gedächten, entsandte Mackenzie eine kleine
Abteilung mit dem Auftrage, die Eisenbahn
nördlich Gibeon zu zerstören. Gleichzeitig gab
er der 9. Brigade den Auftrag, die Deutschen
aufzuhalten, während er selbst mit der Haupt-
macht, der 7. und 8. Brigade und der 12. Bat-
terie zwei englische Meilen (3,2 km) südlich der
Station Gibeon zum Angriff bereit stand. Die
in der Nacht angreisende 9. Brigade wurde in
einen heftigen Kampf verwickelt und gezwungen,
unter schweren Verlusten zurückzugehen, wobei sie
70 Gefangene in den Händen der Deutschen ließ.
Beim Morgengrauen griff Mackenzie mit der
Hauptmacht an. Die deutschen Kräfte wurden zer-
sprengt und etwa zwölf Meilen weit verfolgt. Hier-
bei wurden die in der Nacht vorher verlorenen
Gefangenen wieder befreit und außerdem sieben
deutsche Offiziere und ungefähr 200 Mann ge-
fangen, sowie zwei Feldgeschütze und mehrere
Maschinengewehre erbeutet. Die deutschen Ver-
luste an Toten und Verwundeten sind noch nicht
festgestellt; die Engländer verloren 3 Offiziere,
20 Mann an Toten, 8 Offiziere, 47 Mann an
Verwundeten. Die deutsche Truppe zog sich
längs der Straße zurück. Infolge der Zerstörung
der Bahn fiel ein Eisenbahnzug mit einer großen
Menge Vieh, aber wenig anderen Nahrungs-
mitteln in die Hände der Uniontruppen.
Es wird noch hinzugefügt, daß wenn nicht
die schwierige Beschaffenheit des Bodens eine
Umfassungsbewegung der Truppen unmöglich
gemacht hätte, die gesamte deutsche Streitmacht,
ungefähr 800 Mann, gefangen genommen worden
wäre.
Soweit der englische Bericht.
Wir erfahren daraus, daß die gesamte deutsche
Streitmacht, die sowohl vorher bei Kabus als
auch nachher bei Gibeon gefochten hat, nur rund
800 Mann stark war und nur über einige Ge-
schütze und eine Anzahl Maschinengewehre ver-
fügte. Dem gegenüber zählte die Kolonne
Mackenzie allein 3 berittene Brigaden mit
mindestens einer Batterie. Wie stark die beiden
anderen Kolonnen Deventer und Berange gewesen
sind, läßt sich nicht vermuten. Auf jeden Fall
handelt es sich insgesamt um eine der deutschen
Abteilung zahlenmäßig weit überlegene Streitmacht.
Inwieweit der Bericht die Lage richtig
wiedergibt, und wieviel die jederzeit rege
Reuterphantasie dabei mitspielt, läßt sich mangels
anderer Quellen noch nicht beurteilen. Auf-
fallend ist jedenfalls, daß die „zersprengte“ und
„12 Meilen weit verfolgte“ deutsche Abteilung
noch in der Lage gewesen sein soll, sich längs der
Straße — wohin wird nicht verraten — „zurück-
zuziehen.“
Somit hätten Anufang Mai die von Süden
vordringenden feindlichen Streitkräfte die Gegend
nördlich Gibeon erreicht und befänden sich dem-
nach noch rund 270 km von Windhuk entfernt.
In der Gegend östlich Swakopmunds soll es
den von Botha selbst befehligten feindlichen Streit-
kräften gelungen sein, am 2. Mai bis Ojim-
bingwe zu gelangen; sie ständen also nur noch
etwa 110 km Luftlinie von Windhuk entfernt.
Uber die Ereignisse in diesem Gebiet läßt sich
den englischen Berichten folgendes entnehmen:
Nach den kleinen Gefechten bei Nonidas und
Goanikontes am 22. Februar scheint sich Botha
mit seiner Hauptmacht — 2 Brigaden — nach
HOusab am Swakopfluß gewandt zu haben, während
er eine andere Abteilung entlang der Bahn nach
Omaruru in Richtung Trekkopies entsandte,
wovon später die Rede sein wird.