Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Abteilungen 6. September bei Metsim') ge- 
schlagen, verloren vier Europäer tot, darunter 
Stabsoffizier, und annähernd 100 Farbige; wir nur 
einige Verwundete. Mitte September französische 
Abteilung zweimal bei Minkebe zurück- 
geschlagen, zog sich auf Mokadi zurück. Offensive 
auf Midzik eingeleitet. 21. September nahmen 
französische Kriegsschiffe und 800 Soldaten nach 
schwerem Gefecht Ukoko. Unsere Verluste fünf 
Europäer. Farbige Verluste und Verluste der 
Gegenseite unbekannt. Am 18. September wurde 
von vier französischen Kompagnien besetzte Stellung 
bei Kolongo“") durch eine deutsche Kompagnie ge- 
nommen, und 25. französischer Versuch, Kolongo 
wieder zu nehmen und Lobaje zu üÜberschreiten, 
erfolgreich abgewehrt. Eingeborene im neuen 
Gebiet erschweren dort Nachschub und Nachrichten- 
dienst. Ebermaier.“ 
Über den Überfall auf den deutschen Posten 
Bonga sind wir durch den nachfolgenden Bericht 
eines Augenzeugen eingehend unterrichtet: 
„Am 6. August 1914 weckte mich mein Boy 
um 5 Uhr morgens und sagte mir, es käme ein 
Schiff aus dem Kongo in den Ssangafluß auf 
Bonga zu. Nachdem ich mich angezogen, ging ich zum 
Zollposten, um Waren und Briefe, welche eventuell 
mit dem Schiffe kommen könnten, in Empfang zu 
nehmen. Das Schiff kam wegen der vielen Sand- 
bänke im Flusse nur langsam näher. Es mochte 
etwa noch 1 km entfernt sein, als wir (Herr 
Mellenthin, Follassistent und Postenführer, und ich) 
in rascher Reihenfolge Kanonenschüsse hörten. Im 
Augenblick hielten wir diese Schüsse für Salut; als 
aber ein Geschoß durchs Dach ging und die 
weiteren dicht bei uns einschlugen, sahen wir, daß 
es ernst war. Wir wurden mit einem Hagel 
von Geschütz= und Gewehrfeuer überschüttet. 
Die Sirene des Postens gellte Alarm. Wir waren 
3 Weiße (Herr Mellenthin, Herr Sanitätsbeamter 
Deuschel, welcher an schwerem Malariafieber im 
Bette lag, und ich), ferner 12 schwarze Soldaten. 
Wir dachten, es handele sich um einen Aufstand 
von schwarzen Soldaten oder Eingeborenen. Da 
der Zollposten in einem verheerenden Geschütz- 
und Gewehrfeuer war, zogen wir uns bis ins 
Negerdorf Bonga zu meiner Faktorei zurück. 
Hier erwarteten wir die Angreifer. Wieviel 
Soldatenweiber, Kinder und andere Schwarze 
getroffen waren, konnten wir nicht feststellen. 
Von uns war wie durch ein Wunder niemand 
verletzt, nur ein Soldat hatte einen Armschuß. Nun 
sahen wir eine Rotte Senegalschützen um die Ecke 
der Dorfstraße biegen. Wir eröffneten das Feuer 
*) Südlich Ojem. . · 
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und sie zogen sich zurück. Nach kurzer Zeit kamen 
sie in einer Truppe von über 100 an mit Kanonen, 
und wir mußten uns in den Urwald zurückziehen. 
Hier verlor ich Herrn Mellenthin mit seinen 
12 Soldaten aus den Augen. Ich lief mit meinem 
Koch und Boy nach dem Ssangafluß zu; hier traf 
ich auf einen meiner Leute, welcher mit seinem 
Boote den Fluß hinaufruderte. Wir gingen aus 
dem schützenden Urwald ins Boot und wurden 
sofort von unterhalb des Flusses beschossen; 
mehrere Kugeln durchschlugen das Boot, von 
uns wurde jedoch niemand verletzt, und wir er- 
reichten glücklich die nächste Flußbiegung. Hier 
hielten wir an. Ich hörte lebhaftes Gewehrfeuer; 
wem das galt, war mir unbegreiflich, da 
doch von unserer Seite niemand mehr in Bonga 
war. Zetzt kamen geflüchtete Neger bei uns an, 
welche mir erzählten, daß weiße Offiziere bei den 
Soldaten wären. Darauf ging ich zurück zu meiner 
Faktorei, welche erbrochen und fast voll- 
ständig ausgeraubt war. Zwei Blechkasten mit 
ungefähr 1900 Frcs. waren ebenfalls weg. Das 
Dorf war vollständig leer. Nach einiger Zeit 
bemerkte ich am Ende der Dorfstraße eine An- 
zahl schwarzer Soldaten mit einem Kolonial-= 
offizier; letzterer winkte mich herbei und fragte 
mich, wer ich wäre; auf meine Antwort, daß ich 
der Vertreter einer englischen Company sei, wurde 
ich vor den Kommandanten geführt, welcher 
meine Papiere durchsah und mir erklärte, da ich 
Deutscher sei, müßte er mich zum Kriegsgefangenen 
machen. Ich wurde nicht mehr zu meiner Faktorei 
zurückgelassen und Tag und Nacht von drei 
Soldaten bewacht. Ebenso, wie meine Faktorei 
(das heißt die englische), war auch die Faktorei 
der französischen Kompagnie total ausgeplündert 
worden. Am andern Tage kam ein Flußdampfer 
mit einem deutschen Kapitän und 60 Arbeitern 
(schwarze) den Fluß hinauf. Der Dampfer wurde 
von den französischen Truppen geentert, der 
Kapitän, Herr Höpfner von der Handelsgesell- 
schaft Südkamerun, wurde durch Schulterschuß 
schwer verwundet, und die 66 hilflosen Neger 
wurden alle abgeschlachtet. Nach zwei Tagen 
wurde ich auf einem Dampfer unten im Lade- 
raum (welcher 80 cm hoch ist) nach Brazzaville 
am Stanleypool gebracht, wo ich über und über 
mit Schlamm bedeckt ankam und im Ge- 
fängnis mit Schwarzen zusammen zwei 
Monate kriegsgefangen war. Von meinen 
Koffern hatte ich noch drei, die anderen waren 
gestohlen. In einem dieser Koffer befanden 
sich 700 Fres. meiner Company und 1500 Frs. 
persönliches Geld. Diese 2200 Fres. nahm der 
Offizier des Dampfers, welcher mich nach 
Brazgzaville brachte, trotz meines Einspruches 
an sich. Nach zwei Monaten ließ mich der
	        
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