Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

S 
Gouverneur gegen Ehrenwort frei. Auf meine 
Reklamation, die 2200 Frcs. zurückzugeben, wurde 
mir erwidert, da ich keine Quittung hätte, bekäme 
ich nichts zurück. Es gelang mir, nach der Küste 
zu kommen und mit einem portugiesischen Schiff 
über Lissabon nach hier zu gelangen.“ 
Französische amtliche Berichte vom 9. November 
dosagen: 
„Der deutsche Posten Nsimu (2), der in dem 
1911 von Frankreich abgetretenen Gebiet liegt, sei 
stark befestigt gewesen. Er soll nach einem heftigen 
zweitägigen Kampf am 28. Oktober von den Fran- 
gzosen genommen worden sein. Die belgischen 
Behörden des Kongo hätten die französischen 
Steitkräfte durch den Dampfer Luxemburg"# um 
150 Mann verstärkt. Am 22. Oktober habe eine 
Kolonne unter Oberst Hutin den Ort Nola ein- 
genommen. Hierbei seien mehrere deutsche Offi- 
ziere und Mannschaften in Gefangenschaft geraten. 
Die Franzosen hätten 4 Maschinengewehre, viel 
Proviant und Munition erbeutet. Die Verluste 
des Feindes seien schwer gewesen. Der amtliche 
Bericht schließt mit dem Bemerken, daß die 
Franzosen nunmehr die 1911 am Ssanga, Kongo 
und Ubangi an die Deutschen abgetretenen Ge- 
biete wieder in ihrem Besitz hätten."“ 
Nach dem Überfall von Bonga im Ssanga- 
zipfel und von Singa im Ubangizipfel zogen sich 
unsere Truppen unter hartnäckigen Kämpfen zurück, 
und zwar in einem Fall den Ssanga aufwärts 
bis Nola, im anderen Fall den Lobaje aufwärts 
bis Kolongo am mittleren Lobaje. 
Über diese Kämpfe liegt auch eine deutsche 
Schilderung vor: 
Der Postenführer von Bonga sammelte 
seine Polizeisoldaten und führte sie zum Fluß, 
wo Kanus bestiegen und abgefahren wurde. In- 
zwischen waren die Franzosen mit starken Streit- 
kräften gelandet und hißten auf dem Stationsgebäude 
die französische Flagge. Die Besatzung des Postens 
Bonga fuhr zunächst mit zwei Kanus den Ssanga 
aufwärts, traf unterwegs einen flußabwärts fah- 
renden Dampfer, den sie bewog, umzukehren und 
sie aufzunehmen. In Ikelemba schloß sich der 
Postenbesatzung von Bonga diejenige von Ike- 
lemba an, unter Führung des Poligzeimeisters 
Jung. Auch Regierungsarzt Dr. Rautenberg 
befand sich bei der Abteilung. In Mbirun stieß 
die Abteilung Jung unvermutet auf eine fran- 
zösische Abteilung, die anscheinend von Wesso 
kam, um Mbiru zu besetzen. Es entspann sich 
ein außerordentlich heftiges Feuergefecht von zwei 
Stunden, bei welchem 16 weiße Franzosen und 
gegen 80 Farbige (Senegalesen) getötet wurden, 
während auf unserer Seite unter den Weißen 
nur zwei schwere Verwundungen vorkamen und 
  
17 20 
verhältnismäßig geringe Verluste bei den Farbigen 
festgestellt wurden. 
Am nächsten Morgen wollte die Abteilung 
Jung das nahegelegene Wesso angreifen. Bei 
der Annäherung der deutschen Abteilung, die 
nur über etwa 40 Gewehre verfügte, wurde auf 
der Station Wesso die weiße Flagge gehißt, und 
zwar von einem Portugiesen, der nach dem 
Gefecht vom Tage vorher fast allein als Weißer 
in Wesso geblieben war. Trotz dieses Erfolges 
und trotz der schweren Verluste der Franzosen 
sah sich die Abteilung Jung bald darauf ge- 
zwungen, Wesso zu verlassen, da aus der 
Gegend von Nola starke französische Streitkräfte 
gemeldet wurden. Jung zog von Wesso nach 
Molundu. 
In Singa-Mbaiki vollzog sich der fran- 
zösische Uberfall mit der gleichen überraschenden 
Plötzlichkeit wie in Bonga. In der Nacht vom 
6. zum 7. August überfiel eine französische Ab- 
teilung Singa. Nachts 3 Uhr fuhren vor Singa 
zwei Dampfer auf, welche Truppen landeten. 
Diese bemächtigten sich bei nur geringem Wider- 
stand der wenigen Polizeisoldaten des Stations- 
leiters, Zollassistenten Kröckel, welcher auf ein 
Schiff gebracht wurde. Einer der Polizeisoldaten 
entfloh und brachte Meldung nach Mbaiki. Von 
Mbaiki wurde sofort eine Patrouille unter Führung 
eines farbigen Unteroffiziers nach Singa geschickt. 
Diese Patrouille, bestehend aus etwa zehn Ge- 
wehren, schoß in die Station hinein, wobei an- 
geblich zwei Europäer (Franzosen) und gegen 
acht Schwarze fielen, und die französische Be- 
satzung von Singa zum Dampfer hinabflüchtete. 
Inzwischen waren in Mbaiki Meldungen ein- 
gegangen, daß auf dem Wege von Jaka her 
eine starke französische Abteilung unter etwa 
20 Weißen auf Mbaiki im Anmarsch sei. Eine 
zweite Abteilung wurde von Loko aus gemeldet, 
wo französische Truppen auf Dampfern gelandet 
waren, eine dritte war von Singa aus im An- 
marsch. Dabei war die Besatzung Mbaikis 
noch immer im unklaren darüber, ob es 
sich um Krieg oder um eine mit der Re- 
gelung der Singagrenze im Zusammen- 
hang stehende Gewaltaktion Frankreichs 
handelte. In Mbaiki waren die beiden Offi- 
ziere der 6. Kompagnie damals nicht anwesend. 
Oberleutnant Meyer befand sich auf einer Dienst- 
reise nach Kumbe, und Leutnant Künzlen als 
Leiter einer fliegenden Kolonne in der Gegend 
der Pamaquellen. Beide kehrten auf Nachricht 
von den Ereignissen in Singa sofort nach Mbaiki 
zurück; aber nur Leutnant Künzlen gelang es, 
noch rechtzeitig nach der Station hineinzugelangen 
und den bereits beschlossenen Abmarsch der Kom- 
pagnie anzuordnen. Der Abmarsch erfolgte am 
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