Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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4. Die Org#enisation des Schiffahrtsbetriebes. 
Die zentrale des Schiffahrtsbetriebes des belgischen 
Gonvernements ist Léopoldville; die Privatdampfer 
auf belgischer Seite fahren fast ausschließlich von 
Ninshassa aus, die frangösischen Dampfer von Brazza- 
ville aus. 
In Léopoldville hat die belgische Regierung große 
Werftanlagen geschaffen, die sie auch, sofern sie nicht 
durch Arbeiten für eigene Dampfer in Anspruch ge- 
nommen sind, Privatunternehmungen gegen ent- 
sprechendes Entgelt zur Verfügung stellt. Es gibt hier 
Slips für alle vorhandenen Schiffotypen, eine Helling 
von 80 m Länge und seit kurzem auch ein Schwimm- 
dock von 80 m Länge und 22 m Breite. Die Wer- 
waltung des gesamten Schiffahrtsdienstes untersteht 
dem ('ommissaire C#énéral (Bezirksamtmann) in 
Lcopoldville, dem ein Directeur de la Marine zur 
Scite steht. Das Gouvernement beschäftigt in seinem 
Schiffahrtsbetriebe insgesamt 110 Weiße und ungefähr, 
die Arbeiter auf den Holgzposten cingeschlossen, 
2000 Farbige. Die Farbigen erhalten einen Monats- 
lohn, der je nach ihren Leistungen zwischen 7,.50 Fr. 
und 25 Fr. schwankt. Außerdem erhalten sie Ver- 
pflegung in natura oder in bar. 
Ju Kinthassa ist die bedeutendste Schiffswerft die 
der Citas. Auch sie ist mit allen für den Bau und 
die Reparaturen von Flutzdampfern notwendigen Ein- 
richtungen und Gerätschaften versehen und war in den 
letzten Jahren überreichlich beschäftigt. 
Im Jahre 1913 haben sich portugiesische Firmen, 
die Dampffahrzenge besitzen, under der Firma „-Valles 
El Egreias- zu einer Genossenschaft zum Bau und zur 
Reparatur ihrer Schifsc zusammengeschlossen. Ende 
1913 ist zu diesen Anlagen eine neue Werft, die 
„Chantiens Narales“, hinzugekommen. Nach wie vor 
setzen aber auch heute noch kaufmännische Unter- 
nehmungen ihre Fahrzeuge selbst auf ihren Grund- 
füücken zusammen. Die „Hnileries“ haben auf ihrem 
Grundstück besondere Anlagen für den Bau ihrer Schiffe 
geschaffen. Die Kameruner Schiffahrtsgesellschaft ist 
vorläufig noch auf die Einrichtungen der ihr befreun- 
deten Gesellschaften. der „Citas“ in Rinshassa und der 
„lssaeries fluviales“ in Brazzaville, angewiesen. 
Doch wird von ihr bereits auf dem kür zlich in 
Kinsbassa erworbenen Grundstück die Anlagc eigener 
Reparaturwerkstätten vorbereitet. Die im Jahre 1913 
gegründete englische „River Congo Navigation Companr 
I#“die bisher erst ein einziges durch einen Diesel- 
motor getriebenes Fahrgeng besitzt, hat meines Wissens 
noch keine eigenen Werftanlagen. 
Von größter Bedentung für den gesamten Schiff- 
fahrtsbetrieb Kinshafsas ist der vom Gouvernement 
geplame Hafenbau. Leider hat die Kautschukkrisis mit 
ihren ungünstigen Folgen für die Finanzgen der Kolonie 
auch die Ausführung dieses Prosektes auf ungewisse 
Zeit verschoben. 
Die Aessageries flurinles“ besitzen modern ein- 
gerichtete Bau= und Reparaturanlagen für ihre Dampfer 
in Brazzaville. Das große Slip ist 54 m breit und 
(ilo0 m lang. Auch das „Holländische Haus“ hat eine 
eigene kleine Werft. 
Die Kosten für die verschiedenen Schiffstypen be- 
laufen sich nach den Angaben des Dircctur de la 
Alurine in Léopoldville: 
für 500 t--Dampfer auf etwa 600000 Fr. 
= 3.)00 „= - - 400000 = 
200 - - - —ELIIILIIIE 
150- - - = 300000 
- 35 - - - : 120000 = 
  
für 32 t. Dampfer auf etwa 100000 Fr. sog. Délivrance 
- 18.— - - 100000 = do. 
= 12 " „ V0000 = sog. Auriliaire 
- 5 - 2 - 50000 do. 
Die Preise verstehen sich für die fertiggestellten. 
in Léopoldville schwimmenden Schiffe. Sie geben 
natürlich nur Annäherungswertec. 
Die Besatzung besteht für die kleineren Dampfer 
(bis zu 35 t) meist nur aus einem Europäer und etwa 
30 Farbigen. Auf einem Dampfer einer Privatfirma 
von 23 t mit einem Leichter von etwa 23“4 bestand sie 
aus einem weißen Kapitän und 28 Farbigen, nämlich 
zwei Rudergängern, drei Matrosen zum Stauen der 
Ladung, Loten und Festmachen des Dampfers, sieben 
Mann Maschinenpersonal (d. h. einem Maschinisten, 
vier Leuten beim Kessel und zwei bei der Maschinc, 
einem Koch, einem Wachmann, einem „Boy“, einem 
Kapita (Vorarbeiter) und zwölf Holzträgern. Es er- 
hielten: der weiße Kapitän 300 Fr. monatlich Lohn 
und freie Station, der farbige Maschinist einschließlich 
der Verpflegung 200 Fr. monatlich. Einschließlich der 
Verpflegung hatten die Rudergänger monatlich 50 Fr., 
der Kapita 40 Fr., das Maschinenpersonal 35 bis 
40 Fr., die Holzträger 20 Fr., der Koch 40 Fr., die 
übrigen Leute je 30 Fr. 
Die größeren Dampfer bhaben in der Regel zwei, 
teilweise auch drei und vier Europäcr an Bord. Ihre 
farbige Besatzung beläuft sich auf etwa 50 Röpfe. An 
Bord des Dampfers „Kintambo“ (500 t) befanden sich 
2 Weiße (Kapitän und Maschinist), 45 Farbige als 
eigentliche Schiffomannschaft, nämlich 3 Stenerlente, 
12 Heizer, 4 Leute für die Maschine, 23 Holzträger, 
2 Kapita und 1 Wachmann; außerdem noch 5 Farbige 
als Diener und Koche. Es benötigen nach Angaben 
des Kapitäns eines Regierungsdampfers: 
Dampfer Holzarbeiter und Heigzer 
von 500 t 23 10 
= 100 bis 200. 23 10 
* 35 -w 18 8 
- 20 10 1 
Im Regierungedienst steigt das Gehalt eines 
Rapitäns von 7500 bis 14 000 Fr. pro Jahr, dar 
des weißen Maschinisten von 7500 bis 10 000 Fr. pro 
Jahr. Freie Station haben die Europäer nicht. Der 
Lohn der Farbigen schwankt zwischen 7,50 und 35 Fr. 
Auserdem erhalten sie die Verpflegung, die entweder 
aus einem Kilogramm Chinkwange (gallertartigem 
Kuchen aus Kassadamehl) und, falls dies nicht zu haben 
ist. aus einem KNilogramm Reis besteht. Die Ver- 
pflegung stellt sich pro Kopf auf höchstens 0.20 Fr. pro 
Tag, oft aber wesentlich niedriger. Die Leute sind 
meist Bangala;: für den Dampferdienst befsteht ein 
reichliches Angebot von Arbeitern. 
Söämtliche Dampfer, abgesehen von einer gleich 
noch zu erläuternden Ausnahme, werden vorläufig noch 
mit Holg gesenert. Das Holz wird den Wäldern am 
Flußufer entnommen. Am Pool und im „Kanal“ ist 
es selbst für die Regierungsdampfer schwierig, aus- 
reichendes Holz zu bekommen. Die Berge sind zum 
Teil kahl, besonders fehlt es hier aber an einer einhei- 
mischen Bevoölkerung, die entweder selbst die Arbeiter 
stellen oder doch für diese die nötigen Lebensmittel 
liefern könnte. Weiter stromauf bietet der unermesz- 
liche Urwmald ein unerschöpfliches Reservoir. 
Das Holz wurde früher ganz allgemein von den 
Schiffsbesatzungen an Ort und Stelle geschlagen und 
verladen. Ungewöhnlich große Verzögerungen der 
Reise waren die notwendige Folge. Die Regierung 
ging daber alsbald dazu über, anuf den HLauptlinien
	        
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