337 20
Frankreich wegbringen lassen. Auf unsere beiden
Noten vom März und April d. Is. aber hat die
französische Regierung bis Anfang Juni d. Js.
überhaupt in keiner Weise reagiert. Hierauf sind
im Laufe des Monats Juni die schon früher
durch die Presse bekannt gewordenen Vergeltungs-
maßregeln gegen französische Kriegsgefangene
ergriffen worden. Inzwischen waren Nachrichten
eingegangen, daß unsere Leute nach Marokko und
Algier gebracht werden; nach neuerdings ein-
gelaufenen Nachrichten befindet sich jetzt kein
Deutscher mehr in Dahomey; die Zivilgefan-
genen sollen nach Bedeau in der Provinz Oran
(Algier), die Kriegsgefangenen nach Casablanca
und die Kranken nach Südfrankreich gebracht
worden sein. Eine offizielle amtliche Bestäti-
gung dieser Anderung in der Lage der „Dahomey-
Gefangenen“ liegt zur Zeit noch nicht vor. Ist die
obige Nachricht, an der zu zweifeln kein Anlaß
ist, richtig, so hat vorläufig das Schicksal unserer
Leute eine bessere Wendung genommen. Doch
ist unverzüglich das Erforderliche zur Feststellung
des Ortes der Unterbringung und der sonstigen
Verhältnisse der „Dahomey---Gefangenen“ in
Nordafrika veranlaßt worden. Von dem Ergebnis
dieser Feststellungen wird es abhängen, ob und
welche weiteren Schritte in der Frage der Unter-
bringung und Behandlung der bisherigen „Da-
homey-Gefangenen“ zu unternehmen notwendig
sein werden.
Schließlich sei bemerkt, daß die Kolonialver-
waltung eine große Sendung von Kleidungsstücken
und sonstigen Bedarfsartikeln sowie ein größeres
Quantum Chinin für die „Dahomey-Gefangenen“
hat abgehen lassen und mit dankenswerter Unter-
stützung des hiesigen amerikanischen Botschafters
das dafür Mögliche getan hat, diese Sachen in
ihre Hände zu bringen. Es ist zu hoffen, daß
die französische Regierung der Beförderung und
Aushändigung dieser Gegenstände in Nordafrika
Schwierigkeiten nicht entgegensetzen wird.
+4K
IV. Deutsch-Südwestafrika.
Amtlichen englischen Berichten zufolge hat
sich die bewaffnete Macht in Deutsch-Südwestafrika
am 9. Juli in der angeblichen Stärke von
204 Offizieren, 3166 Mann, 37 Geschützen und
22 Maschinengewehren in der Gegend von Groot-
fontein im Norden der Kolonie den unter Füh-
rung des Generals Botha stehenden Streitkräften
der südafrikanischen Union ergeben.
Damit sind die kriegerischen Ereignisse in
diesem Schutzgebiet zum tragischen Abschluß ge-
langt.
Über die Kapitulation im einzelnen selbst sind
wir ebenfalls nur durch englische Meldungen
unterrichtet.
Inzwischen ist an Seine Majestät den Kaiser
von dem Gouverneur Dr. Seitz und dem Kom-
mandeur der Schutztruppe Oberstleutnant Franke
durch Vermittelung der Botschaft der Vereinigten
Staaten von Nordamerika ein Telegramm gelangt,
das die vollzogene Ubergabe bestätigt, die Gründe
dafür darlegt und die UÜbergabebedingungen kurz
angibt. Das Telegramm, das bereits der Offent-
lichkeit übergeben wurde, lautet:
„Euerer Majestät melden wir alleruntertänigst,
daß wir gezwungen waren, den Rest der bei
Korab zwischen Otavi und Tsumeb vom Feinde
mit vielfach überlegenen Kräften eingeschlossenen
Schutztruppe, in Stärke von rund dreitausend-
vierhundert Mann, an General Botha zu über-
geben. Jede Aussicht auf erfolgreichen Wider-
stand war ausgeschlossen, da, nachdem die Orte
Otavi, Gaub, Grootfontein, Tsumeb, Namutoni
vom Feinde genommen, wir von unserer Ver-
pflegungsbasis abgeschnitten waren, und jeder
Versuch eines Durchbruchs bei dem herunter-
gekommenen Zustand der Pferde, für die seit
Monaten kein Hafer mehr vorhanden, unmöglich
war. Alle Personen des Beurlaubtenstandes und
des Landsturms, auch die in Südafrika Kriegs-
gefangenen, werden auf ihre Farmen und zu
ihren Berufstätigkeiten entlassen. Offiziere be-
halten Waffen und Pferde und können auf ihr
Wort frei im Schutzgebiet bleiben. Die aktive
Schutztruppe, noch rund dreizehnhundert Mann
stark, behält die Gewehre und wird an einem
noch zu bestimmenden Platze im Schutzgebiet kon-
zentriert.“
Danach sind für die deutschen Truppen durch-
aus ehrenvolle Bedingungen erlangt worden.
Unsere Vermutung, daß — abgesehen von der
bedeutenden zahlenmäßigen Uberlegenheit des
Gegners und seiner überlegenen Ausrüstung an
technischen Hilfsmitteln — in erster Linie Ver-
pflegungsschwierigkeiten den deutschen Führer
zur Annahme der Kapitulation veranlaßt haben,
hat sich nunmehr als richtig erwiesen.
Die öffentliche Meinung in England hat sich
zwar eifrig bemüht, den durch die Kapitulation
der deutschen Streitkräfte errungenen Erfolg der
englisch-südafrikanischen Truppen als eine ganz
außerordentliche Waffentat zu preisen. Die eng-
lische Presse kann aber nicht umhin, gleichzeitig
ihrer Enttäuschung über die geringe Anzahl der
zur Ubergabe gelangten deutschen Streitkräfte
Ausdruck zu geben. Die Feststellung dieser Tat-
sache ist den Engländern natürlich äußerst pein-
lich, nachdem sie früher geradezu märchenhafte