Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

W 413 20 
III. Togo. 
Auch weiterhin liegen seit der letzten amtlichen 
Veröffentlichung Nachrichten nicht vor, daß eine 
Anderung der im allgemeinen geordneten Zustände 
in den von den Feinden besetzten Teilen Togos 
eingetreten ist. 
Die Handels= und Pflanzungsbetriebe 
deutscher Firmen können in dem englischen 
Teile Togos ihre Geschäfte nach wie vor unter 
den Einschränkungen führen, denen sonst die 
Betriebe im Vereinigten Königreich von Groß- 
britannien und Irland für geschäftliche Beziehun- 
gen mit den Feinden unterworfen sind. Aller- 
dings hat nach der „African Mail“ vom 1. Ok- 
tober d. Is. die Handelskammer von Manchester 
mit Schreiben vom 13. August d. Is. bei der 
Kolonialbehörde in London Vorstellungen dahin 
erhoben, daß die deutschen Firmen in Togo „ohne 
wesentliche Einschränkung durch die englischen 
Behörden“ ihre Geschäfte betreiben können; diese 
Vorstellungen haben vorläufig dazu geführt, 
daß das Gouvernement der Goldküste, dem der 
englische Teil Togos angegliedert ist, über die 
Frage der Aufhebung dieser Handelsfreiheit 
Stellung zu nehmen hat. Wieweit durch dieses 
Vorgehen Schwierigkeiten für den Geschäftsbetrieb 
der deutschen Firmen zu befürchten sind, darüber 
ist bisher nichts bekanntgeworden. 
Aus dem französischen Teil Togos liegen 
auch heute Mitteilungen nicht vor, die von einer 
Anderung in der Schließung der dort ansässigen 
deutschen Betriebe berichten. 
Auch die Lage in der Tätigkeit der Missionen 
ist sowohl im englischen wie im französischen Teil 
Togos seit der letzten Veröffentlichung die gleiche 
geblieben. Während im englischen Teil die 
Missionen ohne erhebliche Störung von seiten der 
Verwaltung arbeiten können, scheint die franzö- 
sische Verwaltung der Missionstätigkeit wenig 
Entgegenkommen zu zeigen. 
In Ergänzung früherer Mitteilungen über die 
Ereignisse während des feindlichen Einfalls in 
Togo sei nachstehend im Auszug die Schilderung 
eines an der Verteidigung der Kolonie beteiligt 
gewesenen Schutzgebietsbewohners über die Tätig- 
keit kleiner deutscher Abteilungen im Gebiet des 
Monu gegen die Grenze von Dahomey gebracht. 
Wenn sie auch auf militärische Bedeutung keinen 
Anspruch erheben darf, so zeigt sie doch, welchen 
Schwierigkeiten und Hemmungen im einzelnen die 
ganz auf sich selbst gestellten Verteidiger unserer 
Kolonialgebiete infolge der primitiven Verhältnisse, 
des Klimas und der Natur in den Tropen ausgesetzt 
sind, und in welchem Mißverhältnis auch Stärke, 
Ausrüstung und Ausbildung der Verteidiger Togos 
gegenüber den überlegenen englisch-französischen 
Einfalltruppen standen: 
  
„Auf Station Sokode entwickelte sich ein regel- 
rechter Feldlagerbetrieb. Uro Djabo von Paratau 
stellte die Reiter zum Patrouillen= und Botendienst. 
Die Reservisten des Bezirks waren einge zogen und 
eingekleidet, hunderte Lasten von Bohnen, Reis, Mais, 
Guineakorn usw. wurden als Proviant für die far- 
bigen Trager und Soldaten zusammengetragen. Die 
Beamten im Bezirk wurden zur Station beordert und 
die Station Bassari erhielt Befehl, alle verfügbaren 
Lebenomittel nach Sokode zu senden und die Station 
zu rüumen. Nach Bassari wurden 15 Reiter des llro 
Djabo stationiert, die dort mit den Dolmetschern für 
die Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen sollten. Auf 
Beschl. mit den Polizeisoldaten, Kriegomaterial und 
Lebenomitteln nach Kamina zu rücken, wurde unser 
Abmarsch auf den S. August abends festgesetzt. Die 
Instandsetzung der Verteidigung der Sitation Sokode 
wurde anigegeben. Am Vormittag des 8. August hatte 
ein Auto aus Kamina unser Maschinengewehr mit allen 
Ersatzteilen und Munition abgeholt. Um Mittag gingen 
verfügbare Wagen mit Lebenomitteln für die Ver- 
teidigung nach Ramina ab, gegen Abend auch die Rind- 
vieh= und Schweineherden. Der Assistent von Bassari 
mit Frau trafen am 8. August vormittags in Sokode 
ein, wo der Befehl von Kamina eintraf, daß er zu 
einem Sonderauftrag im Laufe des Tages im Auto 
abgeholt würde. Pünktlich 10 Uhr abends erfolgte 
unser Abmarsch. Um 4 Uhr vormittags wurde in 
Audase Rast bis 1 Uhr mittags gemacht und daun 
weitermarschiert. Nach einem Marsch von 55 km traf 
die Kolonne abends 8 Uhr 30 Minuten in Djabo- 
taure ein. Am 10. August 4 Uhr vormittags Abmarsch 
und Eintreffen in Blita 9 Uhr vormittags. Oier fehlten 
bei Ankunft zwei Soldaten (Lamaleutes, die in Djabo- 
taure zurückgeblieben waren, um bei der zwischen 
Lama= und Lasaleuten ausgebrochenen Febde tätig mit 
einzugreifen. Ebenso fehlten auch ein Teil der Reserve- 
träger. Die zurückgebliebenen Soldaten wurden jedoch 
durch die nachfolgende Kolonne Rlingenberg aufgegriffen 
und nach Ramina gebracht. Wegen Uberanstrengung 
der Träger erfolgte der Weitermarsch von Blita erst 
am 11. August 5 Uhr morgens. Gegen 11 Uhr vor- 
mittags trafen wir in Agbandi ein, von wo wir am 
12. August bis Njamassilä marschierten. Hier wurde 
im Rathaus eine Fernsprechstelle eingerichtet. 
In Sokode waren wir, jeder nur mit zehn oder 
15 Patronen versehen, abmarschiert; durch Eilträger 
waren uns vom Bezirksamt Atakpame 2500 Patronen 
leihweise zugesandt worden. Der Munitiousbedarf für 
das Rechnungsjahr 1914 war bei Ausbruch des Krieges 
noch nicht in Sokode eingetroffen. Dagegen hatte die 
Station Mangn bereits im Mai 50 Kisten, die ganze 
für 1914 bestellte Munition, erhalten. Die Vergögerung 
in der Lieferung war dadurch entstanden, daß Kamerun 
mit Gewehr 98 umbewaffnet wurde, und wir dorther 
unsere Munition 71 und Gewehre erhalten sollten. So 
kam es auch, daß unsere Leute im Jahre 1914 erst 
zweimal nach der Scheibe geschossen hatten, einmal 
fünf Schuß am Kaisersgeburtstagsfest und ein zweites 
Mal bei Anwesenheit Seiner Hoheit des Herzogs am 
1. April 1914. Gefechtoschießen hatte zum letzten Male 
im Zahre 1912 stattgefunden. Mit eingezogenen 
Häuptlingspolizisten") betrug die Stärke der Sokode- 
truppe 220 Mann. 
—. f 
*) Uniformierte, mit Seitengewehr bewaffnete Ein- 
geborene ohne die militärische Schießausbildung in 
curopäischem Sinn; sie werden als Amtsboten und zur 
Aufrechterhaltung der Ordunng in den Eingeborenen= 
dörfern verwendet.
	        
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