Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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Träger zu verdingen, wenn sie wissen, daß es durch 
wildreiche Gegenden geht. An Orten mit lebhaftem 
Schlachtviehantrieb setzt eine vermehrte Ackerbautätig- 
keit der Anwohner ein; die Möglichkeit, Fleisch zu er- 
werben, bewirkt also eine erhche Anbaufläche. Hat 
der Eingeborene, besonders wenn er in die regelmäßige 
Tätigkeit des europäischen Betriebes eingespannt ist, 
die Möglichkeit, Fleisch zu kaufen, so wird er in erster 
Linie dafür seine Geldmittel verwenden unter Hint- 
ansetzung der kindischen Vorliebe des Bantu für euro- 
päischen Tand. Pflanzungen mit gut unterhaltenem 
Fleischmarkt in der Nähe werden daher nie über Ar- 
beitermangel zu klagen haben. (Es soll hier gleich 
die Frage angeschnitten werden, ob nicht die euro- 
päischen Betriebe, in denen der Neger Tag für Tag 
die ihm ungewohnke regelmätige Arbeit verrichten 
muß, anzuhalten wären, im Interesse der Gesund- 
erhaltung des Arbeiters ein bestimmtes Mindestmaß 
an Fleisch in der Woche auszuwerfen. 
Aus dem Angeführten ist ersichtlich, wie stark das 
Bedürfnis nach tierischem Eiweiß den Eingeborenen 
beherrscht, wie durch das Angebot von Fleisch das 
körperliche Gedeihen und seine Widerstandskraft ge- 
fördert und seine Arbeitswilligkeit und Produktions- 
fähigkeit gesteigert werden, und daß der Besitz von 
Milchtieren eine gesündere Ingendernährung sichert. 
Gründe genng, die für eine weitestgehende Förderung 
der Tierzucht der Eingeborenen sprechen. 
Die Bedentung der Biehhaltung allgemein 
für das Schutzgebiet. 
Obwohl im Vorhergehenden ganz allgemein von 
dem günstigen Einfluß der Tierzucht auf die Ein- 
geborenen selbst die Rede war, wurde doch als Folge 
schon ihre Rückwirkung auf die so wichtige Arbeiter- 
gestellung und die Erhöhung der Ergeugung von Boden- 
werten hingewiesen. 
Für die Wirtschaft des Schutzgebietes vermag nun 
der tierische Dünger eine große Rolle zu spielen — 
wenn man auch da, wie es von fachmännischer Seite 
geschehen, nicht verallgemeinern darf. großen 
Herden der Steppenvölker, welche in offenen HKralen 
gehalten werden, liefern in der großen Hitze ein 
schnupftabakartiges Pulver, das natürlich nicht als 
Dünger ausgenutzt werden kann. Es liegt bei den 
vorhandenen großen Flächen gar kein Bedürfnis nach 
Düngerverwertung vor, anderseits brauchen wir gerade 
die extensive Form der Tierhaltung im Kampf gegen 
die Tsetse, wie weiter unten angeführt werden soll. 
Anders liegt die Frage bei den Gebirgsvölkern 
und den Besitzern kleiner Herden in dicht besiedelten 
Gegenden. Ich habe in einer Sonderarbeit betont, 
daß in Ostafrika unter diesen Umständen der Dung 
des Viehs ausgenutzt wird und die Tiere zu diesem 
zweck im Außenraum der Hütte gehalten werden 
(Wahayat oder in Ställen (Temben der Wachagga) 
oder sogar völlige Stallhaltung mit der ausgesprochenen 
Absicht der Dunggewinnung durchgeführt wird (Wa- 
karraf. Diesen reihen sich in Togo die Kabre und die 
seßhhaften Fulbe an: erstere legen Dunggruben an 
in der Nähe der engen Höfe, in denen sie die Rinder 
halten, letztere haben die Felder in der unmittelbaren 
Nähe des Krals. Den Diuinger schaffen sie jeden 
Morgen auf die Felder. 
Die planmäßige Verwendung des Düngers durch 
die bergbewohnenden Stämme ist für die Wirtschaft 
des Schutzgebietes von großer Wichtigkeit, da damit 
die vom Eingeborenen benötigte und von ihm durch 
Abbrennen des Waldes erzielte Anbaufläche geringer 
wird, und damit der Wälderverwüstung Einhalt getan 
werden könnte. Dieser Übergang zur intensiven Wirt- 
  
schaft wäre nicht schwer durchzuführen, da der Dünger 
in den bewaldeten feuchten Bergen gut zu reisen vermag. 
Jedenfalls ist die Frage wegen der Wald= und 
Wasserwirtschaft wichtig genug, einer Prüfung durch 
afrikanisch erfahrene Forstleute und Landwirte unter- 
zogen zu werden, da bisher wenig Erfolge erzielt 
wurden durch Verordnungen, wie durch Verpflanzen 
der Gebirgsstämme in die Ebene, wo sie der Malaria 
und anderen Krankheiten erliegen. 
Es soll nun nicht etwa der Ansammlung von 
Riesenherden in den Bergen das Wort geredet werden, 
da die große Rinderherde ein Wälderverwüster ist. 
Die Verteilung der Viehbestände nach groß jügigen 
wirtschaftspolitischen und veterinärpolizeilichen Grund= 
sätzen ist eben nicht der unwichtigste Zweig der züchte- 
rischen Seite der tierärztlichen Tätigkeit in den Kolonien. 
Einc wichtige Rolle in der kolonialen Wirtschaft 
kann das Rind als Zug= und Lasttier spielen, wie die 
rasche Entwicklung des Kilimandscharo und Mern ver- 
mitiels des Burenwagens gezeigt hat. Damit werden 
Träger für andere Arbeiten frei, und der Anbau 
mancher Erzeugnisse wird infolge der niedrigeren Säßze 
des Wagenverkehrs ermöglicht. Natürlich gilt das Ge- 
sagte nur für kurzge Strecken, für Entfernungen über 
200 km dürfte schon die Bahn wirtschaftlicher sein. 
Der Beförderungsdienst durch Rinder hat das Bedenk- 
liche, daß er leicht Rinderseuchen zu verbreiten vermag. 
Ehe also ein derartiger Frachtdienst eingerichtet wird, 
sind tierärztliche Maßnahmen zu treffen, daß das 
Standvieh nicht mit den Zugrindern in Berührung 
kommt. Für Zugrinder sind eigene Weiden, Tränken 
und Rastplätze einzurichten und einzuzännen. Sie sind 
durch Brand zu zeichnen, damit sie nicht gegen Stand- 
vieh eingetanscht werden können. Schließlich muß die 
Möglichkeit ständiger tierärztlicher Uberwachung vor- 
banben h se in 
ordtogo wic im ganzen Sudan findet man 
das als Tragtier häufiger als den Esel. Diesem 
voraus hat es den geräumigeren Schritt und die Ver- 
wendung des Fleisches bei Notschlachtung. Schätzungs- 
weise trägt es 150 kg. 
Für die Seuchenverbreitung ist das Tragtier noch 
gefährlicher als das Zugrind, da es nicht an die breite 
Straße gebunden ist und damit seine Überwachung 
einc weit schwierigere ist. 
Mit der Heranziehung des Rindes zur Pfluf4 
kultur wird es noch gute Weile haben. Ich sa 
Uganda vorzügliche Pflangungen aus Hackkultur Lu-- 
stehen, während die Pflüge unter einem Schubdach 
rosteten und die von den Englindern eingebrachten 
Ochsen friedlich weideten. Auch in Togo hat die Ein- 
führung der Pflugkultur trotz (eroältüer Ausbildung 
der Schüler weiter keine Erfolge gezeitigt. Ob man 
sie nach allem nicht trotzdem wieder als „ unumgäng- 
lich notwendig“ begeichnen wird, obwohl auch die 
europäischen Pflangungen fast alle mit Hackkultur 
arbeiteten! — 
Nächst dem NRind ist die r Ziege die wichtigste Ein- 
geborenen-Tierkultur. Da die Ziege der Tsectse-An- 
steckung nicht erliegt, ist sie von für die Fleisch- 
erzeugung im Tsetsebusch. An der Ostküste hat ihr 
Fleisch den Höchstpreis, da Inder, Araber, Suaheli 
ihm vor anderem den Vorzug geben. Die Massai er- 
nähren ihre Kinder mit Ziegenmilch; bei vielen Ge- 
birgsstämmen ist die Ziege die Kuh des kleinen Mannes. 
In Togo behaupten die Eingeborenen, daß durch den 
Genuß der Ziegenmilch schwere Krankheiten hervor- 
gerufen würden. Ob die dortige Ziege Maltafieber 
verbreitet, konnte ich nicht feststellen. Zu bemerken ist 
allerdings, daß den dortigen Eingeborenen der Genuß
	        
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