Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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Am 27. Januar 1916, während Hauptmann 
Wintgens mit einem Teil seiner Truppen abwesend 
war, erfolgte ein neuer belgischer Angriff auf die 
mit etwa drei Kompagnien unter dem Befehl des 
Hauptmanns Klinckhardt besetzte Kissenji-Stellung. 
Auch dieser von etwa 2000 Mann unter An- 
wendung von Handgranaten und mit Unterstützung 
von zwölf Geschützen unternommene Angriff 
scheiterte, und die Belgier erlitten dabei noch 
schwerere Verluste wie am 21. Dezember 1915. 
Bemerkenswert ist, daß nach diesem Gefecht 
Hauptmann Klinckhardt die Belgier aufforderte, 
unter dem Schutze der Genfer Flagge ihre Toten 
und Verwundeten vor der deutschen Stellung auf- 
zusuchen, ein Entgegenkommen, von dem die 
Belgier gern Gebrauch machten. Auch wurde 
ihnen die Leiche eines durch eine eigene Hand- 
granate schwer verwundet in deutsche Hände ge- 
fallenen und kurz darauf gestorbenen Hauptmanns 
schwedischer Nationalität ausgeliefert. 
Im Gebiet der Südwestgrenze hatten sich, ab- 
gesehen von Patrouillengefechten, keine Kampf- 
handlungen abgespielt. 
So waren also bis in den Monat Februar 
1916 hinein die Erfolge alle auf deutscher Seite. 
Trotz ihrer offenbaren Uberlegenheit an Zahl und 
Hilfsmitteln war es den Engländern und Belgiern 
nicht gelungen, an irgendeiner Stelle ersichtliche 
Fortschritte zu machen und den Widerstand, den 
ihnen die beträchtlich schwächere deutsche Schutz- 
truppe entgegensetzte, zu überwinden. 
Die Erkenntnis seiner militärischen Unzuläng- 
lichkeit hatte nun schon einige Monate vorher 
England veranlaßt, sich nach Hilfe umzusehen. 
Es fand sie bei der Südafrikanischen Union, wo 
die beiden ehemaligen Burenführer Botha und 
Smuts, ebenso wie einige Zeit vorher zur Durch- 
führung des Raubzuges gegen Südwestafrika, jetzt 
für den gleichen gegen Ostafrika gerichteten Zweck 
die Sache Englands in die Hand nahmen. 
Bereits im November 1915 hatte ein mit 
allen nur möglichen Mitteln, selbst den un- 
lautersten, und einer beispiellosen Deutschenhetze 
verbundener Werbefeldzug begonnen, und An- 
fang 1916 standen für die Expedition gegen 
Ostafrika zunächst 2 Infanterie= und 1 berittene 
Brigade nebst der nötigen Artillerie und technischen 
Truppen, sowie Flugzeugen, Last= und Panzer-= 
kraftwagen bereit, von denen eine Brigade schon 
Anfang Februar in Britisch-Ostafrika eintraf. 
Diesen Streitkräften folgten im Laufe der nächsten 
Zeit noch 1 berittene Brigade, 9 berittene ein- 
zelne Regimenter, ferner das sogenannte Cape- 
corps und zwei andere Regimenter, letztere beiden 
anscheinend aus Infanterie bestehend. Diese Ver- 
stärkungen gingen zum größeren Teil nach Britisch- 
  
Ostafrika, andere nach Nordost-Rhodesien. Diesem 
an und für sich schon starken Truppenkontingem 
müssen noch hinzugerechnet werden die schon seit 
Kriegsbeginn in Britisch-Ostafrika, Nordost-Rhode- 
sien und Njassaland vorhanden gewesenen und 
im Laufe des Krieges noch erheblich vermehrten, 
aus Farbigen bestehenden Bataillone der Kings- 
African-Rifles, die Polizeitruppen und die 
aus ortsansässigen Europäern zusammengesetzten 
Freiwilligenkorps, ferner die aus Indien nach 
Kriegsbeginn und im Verlaufe des Krieges nach 
Britisch-Ostafrika übergeführten englischen und in- 
dischen Truppenteile. Die Gesamtstärke dieser 
Streitkräfte dürfte auf etwa 16 bis 18 Bataillone 
zu schätzen sein. 
Jedenfalls standen Anfang März 1916 dem 
General Smuts allein in Britisch-Ostafrika zwei 
starke Divisionen zur Verfügung, während die 
zum Angriff auf die Südwestgrenze in Nordost- 
Rhodesien und Nyassaland bereitgestellten Streit- 
kräfte auf etwa zwei Brigaden geschätzt werden 
können. 
Daß diese Truppen mit allen Hilfsmitteln neu- 
zeitlicher Kriegführung versehen waren, ist vorher 
schon erwähnt. Besonderen Wert hatte man auch 
auf die Zuteilung von Artillerie gelegt, von der 
aus den amtlichen feindlichen Berichten vis jetzt 
das Vorhandensein von 6 Feld-, 2 Haubitz= und 
2 Gebirgsbatterien festgestellt worden ist. 
An der Nordwestgrenze, in der Gegend des 
Kiwusees, am Russisifluß und am Tanganjikaser 
zogen die Belgier eine Truppenmacht von 6 Re- 
gimentern, aus Farbigen bestehend, zu je 12 Kom- 
pagnien zusammen, die in 2 Brigaden und zwei 
anscheinend selbständige Detachements eingeteilt 
waren. Zahlreiche von europäischen Mannschaften 
bediente Maschinengewehre, moderne Haubitzen 
und Gebirgskanonen waren ihnen zugeteilt worden. 
Hierzu gesellte sich dann noch als weiterer Gegner 
von Süden her Portugal, das außer seiner in 
Mozambique unterhaltenen Kolonialtruppe von 
etwa 5600 Mann schon seit Beginn des Krieges 
ein aus Europa entsandtes Expeditionskorps von 
1500 Mann südlich des Rowuma bereitgestellt 
hatte und dieses jetzt um weitere 3000 bis 
4000 Mann verstärkt haben soll. 
Alles in allem kann man die englischerseits 
zur Eroberung Deutsch-Ostafrikas aufgebotene 
Truppenmacht auf etwa 90 000 Mann unter der 
Führung von einem Dutzend Generälen und 
ausgerüstet mit allen Hilfsmitteln neuzeitlicher 
Kriegführung veranschlagen. Zur Vorbereitung 
ihrer Angriffsbewegungen hatten die Engländer 
gegen die deutsche Nordostgrenze zwei Bahnen 
vorgetrieben, und zwar von der Station Voi der 
Ugandabahn ausgehend in der Richtung auf
	        
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