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einer neuen Session — soweit nicht, wie oben gesagt, der
Verdacht einer allgemeinen Fälschung vorlag — zu prüfen#).
Dies war auch ohne Zweifel das Zweckmäßigste; denn
dem Bundesrat war die Prüfung am wenigsten erschwert.
Stand er doch seinen Mitgliedern am nächsten, vor allem
örtlich in den Sitzungen, und konnte somit am leichtesten, vor-
züglich ohne allen unnötigen und verzögernden Schriftverkehr
einen Einblick in die Verhältnisse der Bevollmächtigten ge-
winnen.
C. Wie weit erstreckhte sich die Prüfung?
1. Die fsormelle Prüfung.
Nach allgemeiner Ansicht mußte die Prüfung sich natur-
notwendig darauf erstrecken, daß in einer formell ordnungs-
mäßigen Urkunde die Vertretung des Staates im Bundesrate
und die Führung der Stimmen demjenigen übertragen worden
war, welcher sich als Bevollmächtigter des betreffenden Staates
gerierte:). Eine bestimmte Form für diese Vollmachtsurkunden
war in der Reichsverfassung nicht vorgeschrieben. Von Reichs-
wegen galt also die Formfreiheit; die Geschäftsordnung des
Bundesrats konnte somit eine Bestimmung hierüber treffen.
Sie schwieg aber. Tatsächlich ist es üblich geworden, daß die
bevollmächtigende Regierung eine schriftliche Urkunde aus-
stellte, in der sie dem Bundesrate mitteilte, daß der in dieser
Urkunde Bezeichnete als ihr Vertreter angesehen werden sollte.
2. Die materielle Prüfung.
a) Die Frage nun, ob auch zu prüfen war, daß die Legiti-
mation von einem hierzu befugten Organ des betreffenden
1) Derselben Ansicht Hensel S. 12; Meyer S. 432; v. Mohl S.
236; v. Rönne, Deutsch. Staatsr. S. 204; Römer S. 22; Vogels S.
21/22; Kliemke S. 20.
2) Val. Laband S. 249; v. Rönne Deutsch. Staatsr. S. 204.
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