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den Reichstag hätte zurückgegeben werden müssen. — Daß
ein falscher Zeugeneid als Meineid zu bestrafen war, unterliegt
keinem Zweifel.
Das Amtsgericht konnte Ordnungsstrafen bei Nichter-
scheinen verhängen und bei Eidesverweigerung gegebenen-
falls nit Zwangsmaßregeln vorgehen.
bb) Die Entscheidung im Plenum.
Diese außerhalb des Reichstages vorgenommenen Be-
weiserhebungen wurden vom Reichstagspräsidenten der Wayl-
prüfungskommission überwiesen. Diese verarbeitete sie, traf
über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahl ihrerseits eine
Entscheidung und berichtete nunmehr an das Plenum, dem
die endgültige Entscheidung oblag.
Wie der Abgeordnete Richter in der Sitzung vom 17. 5.
1879) feststellte, „entspricht es einem alten Herkommen des
Hauses, daß, wenn man wichtigen Abstimmungen entgegen-
geht, vorher die Legitimationen derjenigen Mitglieder festge-
stellt werden, für deren Feststellung bereits alle Vorbereitungen
getroffen sind.“
Legte die Wahlprüfungskommission einen gedruckten
Bericht vor, so war die Beratung hierüber nach der Geschäfts-
ordnung frühestens am dritten Tage nach Verteilung des Be-
richtes statthaft.
Nur nahm man sich in der Praxis mehr Zeit, um etwaige
Beweise herbeischaffen zu können?).
Die Regierung pflegte sich bei der Beratung im Plenum
jeder Mitwirkung bei der Diskussion zu enthalten. Der Stand-
punkt der Entscheidung der Kommission wurde von einem
Berichterstatter vertreten. Jedoch konnten auch andere Mit-
glieder der Kommission als Vertreter der Minderheit in die
Diskussion eingreifen.
1) S. 1308.
2) S. Sitzung vom 4. 5. 1895. S. 2080 C.