Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

226 8 26. Der Inhalt der kaiserlichen Rechte. 
gekommen ist, wie dies sonst regelmäßig der Fall ist, wenn ein höherer 
Titel zu einem gleichartigen niedrigeren hinzutritt. Der Titel »deut- 
scher Kaiser« deckt den Titel »König von Preußen« nicht; er ist nicht 
der höhere; er ist ihm überhaupt nicht homogen; er bezeichnet nur 
einen Teil der Rechte und eine besondere Ehrenstellung des Königs 
von Preußen. Deshalb wird in offiziellen Aktenstücken der Titel »deut- 
scher Kaiser« nicht allein und selbständig gebraucht, sondern der Titel 
»König von Preußen« hinzugefügt'), selbst wenn es sich um Reichs- 
angelegenheiten, z. B. die Verkündigung von Reichsgesetzen oder den 
Abschluß von völkerrechtlichen Verträgen des Reiches handelt ?), wäh- 
rend andererseits in Angelegenheiten des preußischen Staates der Titel 
»König von Preußen« selbständig geführt wird. 
2. Die Erblichkeit der Kaiserwürde, welche sich aus dem Art. 11 
der Reichsverfassung ergibt, findet einen Ausdruck teils in der Formel 
»von Gottes Gnaden« °), teils darin, daß der Kronprinz von Preußen 
den Titel »Kronprinz des Deutschen Reiches« und das Prädikat »Kaiser- 
liche Hoheit« führt, neben welchen Bezeichnungen die Benennungen 
»Kronprinz von Preußen« und resp. »Königliche Hoheit« beibehalten 
werden. Diese Würde und das damit verbundene Prädikat geht auf 
jeden künftigen Thronfolger an der preußischen Krone ohne weiteres 
über ‘). 
3. Nicht nur der Kaiser für seine Person, sondern auch die von 
ihm kraft seiner Präsidialbefugnisse ernannten Behörden und Beamten 
sind als kaiserliche zu bezeichnen. Es ist dies ausdrücklich bestimmt 
worden durch den allerhöchsten Erlaß vom 3. August 1871, Nr. 1 
(Reichsgesetzbl. 1871, S. 318) und entspricht der Uebung. Ebenso kön- 
nen das Prädikat »kaiserlich« die in der kaiserlichen Hofhaltung an- 
gestellten Privatbeamten und Diener, Hoflieferanten und dergleichen 
Personen führen). Dagegen werden die preußischen Staatsbehörden 
und Beamten nicht als kaiserliche, sondern lediglich als königliche 
bezeichnet. 
4. Mit dem kaiserlichen Titel ist die Kaiserkrone, die Führung des 
kaiserlichen Wappens und der kaiserlichen Standarte verbunden. Diese 
Insignien sind festgestellt worden durch einen allerhöchsten Erlaß vom 
3. August 1871, Nr. 2 und 3). 
1) Ebenso auf den auf preuß. Münzstätten geprägten Reichsgoldmünzen. 
2) Eine Ausnahme macht die Eidesformel für den Diensteid der unmittelbaren 
Reichsbeamten. Reichsgesetzbl. 1871, S. 303. 
3) Vgl. Daniel, Die Kurialformel „Von Gottes Gnaden“. Berlin 1902. 
4) Allerh. Erlaß des Kaisers vom 18. Januar 1871, Preuß. Ministerialblatt der 
inneren Verwaltung 1871, S. 2; Thudichum im Jahrb. von v. Holtzendorff I, S. 6; 
v. Rönnel, S. 227, Note 2. 
5) Die unbefugte Führung des Prädikats „Kaiserlich“ fällt nicht unter Reichs- 
strafgesetzbuch $ 360, Nr. 8, wenn nicht zugleich die unbefugte Annahme eines 
Titels damit verbunden ist. 
6) Reichsgesetzbl. 1871, S. 318 mit der Berichtigung S. 458. Das kaiserliche
	        
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