8 2. Die Gründung des Norddeutschen Bundes. 25
bieten, daß die vereinbarte Verfassung den politischen Anschauungen
und Wünschen des Volkes, der öffentlichen Meinung, entspreche. Die
»Vereinbarung« zwischen den Bundesregierungen und dem Reichstage
war die Ausgleichung der Ansichten über die dem Bunde zu
gebende Verfassung und das Objekt der Vereinbarung war nicht die
Inkraftsetzung einer Verfassung, sondern ein Verfassungentwurft).
Unter den verbündeten Staaten bestand vielmehr dasjenige Rechts-
verhältnis, welches durch das Augustbündnis und die dasselbe in bezug
nehmenden Friedensverträge geschaffen war, im wesentlichen unver-
ändert fort. Nur war Art. V desselben erledigt durch vollständige Er-
füllung und der Art. II war inhaltlich näher bestimmt; die Verpflich-
tung und Berechtigung der Staaten, einem Bunde anzugehören, dessen
Verfassung unter Mitwirkung eines gemeinschaftlich zu berufenden
Parlaments vereinbart werden sollte, hatte sich spezialisiert zu der
Pflicht und dem Recht, einem Bunde mit der am 16. April 1867 fest-
gestellten Verfassung anzugehören. Es war nunmehr der Entwurf einer
Verfassung den Bestimmungen des Augustbündnisses gemäß vereinbart
worden; die wechselseitige Pflicht, einen Bund zu gründen, konnte
jetzt durch diese Gründung selbst erfüllt werden.
Hierzu aber waren die Regierungen der verbündeten Staaten nach
dem Staatsrecht der letzteren ohne Zustimmung der Landesvertre-
tungen nicht befugt. Sie konnten nicht in einen Bund eintreten, der
nach Maßgabe der Verfassung vom 16. April 1867 organisiert war,
ohne eine in der Form des verfassungsändernden Gesetzes erteilte Er-
mächtigung, weil durch diesen Eintritt die Verfassung jedes Einzel-
staates auf das Tiefste verändert und dem Staate wie seinen Angehöri-
gen finanzielle Lasten auferlegt wurden. Demgemäß bedurfte die von
ihnen erklärte Annahme der Bundesverfassung mindestens der nach-
träglichen, ordnungsmäßigen Genehmigung der Gesetzgebungsfaktoren
ihrer resp. Staaten ?).
In allen zum Norddeutschen Bunde gehörenden Staaten ist diese
Genehmigung unter Beobachtung der verfassungsmäßigen Formvor-
schriften erteilt und in allen einzelnen Staaten ist die Verfassung des
Norddeutschen Bundes in der für Gesetzespublikationen vorgeschrie-
benen Form verkündet worden?) Alle diese Publikationspatente ent-
halten außer der Publikationsklausel die Bestimmung, daß diese Ver-
fassung in den betreffenden Staatsgebieten
am 1. Juli 1867 in Kraft treten soll« *).
l) Zorn I, S. 23 nennt den verfassungsberatenden Reichstag zutreffend eine
Versammlung von Notabeln der deutschen Nation.
2) Voraus war die landständische Genehmigung erteilt worden in Braun-
schweig und Bremen.
3) Sämtliche Publikationspatente sind abgedrucktin Glasers Archiv des Nord-
deutschen Bundes I, Heft 4, S. 117 £f.
4) Diese Klausel fehlt nur in dem braunschweigischen Patent vom